Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

„Junker“ Bismarck. Einberufung zum Vereinigten Landtag. 23 
„daß Monarch oder Parlament den bestehenden gesetzlichen 
Rechtszustand nicht einseitig, sondern nur communi consensu 
ändern können, bei Oeffentlichkeit und öffentlicher Kritik aller 
staatlichen Vorgänge durch Presse und Landtag“. 
Nach dem Tode des Vaters (22. November 1845) über- 
nahm Bismarck neben den beiden pommerschen Gütern Kniephof 
und Jarchelin, die er seit 1841 allein verwaltete, während 
sein Bruder Bernhard die Bewirthschaftung von Külz über- 
nommen hatte, das Stammgut Schönhausen. Er fand hier 
ziemlich verworrene Verhältnisse, viel Schulden und wenig 
Geld, sie zu bezahlen. Gleichwohl wies er ein ihm von Berlin 
aus gemachtes Anerbieten, im Dienste des Staates sich in 
Wartenburg in Ostpreußen „als Sr. Majestät Commissarius 
bei dortigen Meliorationsarbeiten“ anstellen zu lassen, zurück, 
weil ihm die Hoffnung, Deichhauptmann und später an Stelle 
des kränklichen und geschäftsunkundigen Herrn v. Alvensleben 
Landrath zu werden, mehr lockte, als die ihm eröffnete Aus- 
sicht auf einen interessanten Wirkungskreis und schnelle Be- 
förderung im Staatsdienste. So blieb er Landwirth. Das 
höchste Ziel seines Ehrgeizes war, als Abgeordneter der Ritter- 
schaft in den Landtag der Provinz Sachsen gewählt zu werden. 
Gerade diese Wahl führte ihn auf die rechte Bahn. Durch 
die Patente vom 3. und 8. Februar 1847 berief Friedrich 
Wilhelm IV. die acht Provinziallandtage der Monarchie auf 
den 11. April zum Ersten Vereinigten Landtage nach 
Berlin, um von den Ständen eine Anleihe zum Baue von 
Eisenbahnen beschließen zu lassen, zu deren Aufnahme nach 
dem Edicte Friedrich Wilhelms III. vom 17. Januar 1820 die 
Bürgschaft von Reichsständen erforderlich war. Als Stell- 
vertreter des Deichhauptmanns von Brauchitsch, der durch 
Krankheit verhindert war, sein Mandat als Mitglied der 
Ritterschaft der Provinz Sachsen persönlich auszuüben, wurde 
Herr v. Bismarck einberufen: am 11. Mai wohnte er der 
ersten Landtagssitzung bei, am 15. Mai ergriff er zum ersten 
Male zu einer kurzen, sachlichen Erklärung das Wort. 
Unter seinen Standesgenossen galt Bismarck damals für 
„liberal“, im Sinne der Unzufriedenheit mit der Bureaukratie;
	        
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