Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

32 V. Die Revolution u. Friedrich Wilhelms IV. deutsche Bestrebungen. 
Die Auflösung des Dreikönigsbundes, das nach der schweren 
Niederlage doppelt staunenswerthe Erstarken Oesterreichs, die 
mangelnde Kriegsbereitschaft Preußens, die Kriegsdrohungen 
Rußlands — Alles wirkte zusammen zu der durch den Namen 
Olmütz gebrandmarkten Niederlage Preußens. Man hat es 
dem Abgeordneten von Bismarck verdacht, daß er am 3. December 
1850 die Politik von Olmütz vertheidigt hat; aber wer seinen 
Ausführungen zu folgen verstand, konnte schon damals er- 
kennen, daß nur ernste Bedenken ihn abhielten, eine kriegerische 
Politik zu befürworten, wie sie die Mehrheit der Liberalen 
wünschte, weil diese Politik das militairisch unfertige Preußen 
in eine schwere Krisis hätte bringen müssen. Die Rede ist 
ein diplomatisches Meisterstück, und ihr richtiges Verständniß 
erschließt Fürst Bismarck durch die Mittheilungen über die an 
leitender Stelle herrschende Ueberzeugung von der Unmöglichkeit 
eines sofortigen Krieges mit Oesterreich. Die Schuld an der 
militairischen Gebundenheit Preußens, wie sie der Kriegsminister 
v. Stockhausen dem Abg. v. Bismarck schilderte, lag nicht etwa 
an der Unfähigkeit dieses Generals, von dessen Sachkunde und 
Ehrliebe im Gegentheil Bismarck überzeugt ist, sie lag „an der 
Planlosigkeit, mit der die preußische Politik auf militairischem 
Gebiete sowohl wie auf diplomatischem in und seit den März- 
tagen mit einer Mischung von Leichtfertigkeit und Knauserei 
geleitet worden war.“ Was in den letzten Jahren versäumt 
worden war, konnte Stockhausen nicht im Verlaufe weniger 
Wochen wieder gut machen: die Entscheidung auf die Spitze 
des Schwertes zu stellen, ehe Preußen kriegsbereit war, wäre 
ein Verbrechen gewesen, zu dem weder Stockhausen noch 
Brandenburg die Hand bieten mochten. Zeit zu gewinnen — 
war die Parole; und jederzeit hätte in den an Olmütz sich an- 
schließenden Verhandlungen von Dresden die Möglichkeit zum 
Kriege gefunden werden können, wenn nur die damalige 
preußische Diplomatie auf der Höhe ihrer Aufgabe gestanden 
hätte. Von wem die auffällige Beschränkung der Ziele Preußens 
in Dresden ausgegangen ist, ob vom Könige oder von Herrn 
von Manteuffel, dem neuen Minister des Auswärtigen, ist 
Bismarck nie klar geworden. Er hatte damals nur den Ein-
	        
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