Abneigung gegen den Ministerposten. Bei Georg V. 37
wirkten Richtigstellung in einer merklichen Abkühlung der per-
sönlichen Beziehungen fühlbar machte. Und doch beherrschte
weder damals noch später Bismarck der Ehrgeiz, Minister zu
werden, wenn er auch in patriotischer bewegten Augenblicken
seine „beiden Ohren“ dafür gegeben hätte, seine politischen An-
sichten durchzusetzen. ) Er war überzeugt, daß er dem Könige
gegenüber als Minister eine für ihn haltbare Stellung nicht
erlangen würde. Er sagt darüber: „Daß die Ziele der preu-
ßischen auswärtigen Politik, welche mir vorschwebten, sich mit
denen des Königs nicht vollständig deckten, war mir klar,
ebenso die Schwierigkeit, welche ein verantwortlicher Minister
dieses Herrn zu überwinden hatte, bei dessen selbstherrlichen
Anwandlungen mit oft jähem Wechsel der Ansichten, bei der
Unregelmäßigkeit in Geschäften und bei der Zugänglichkeit für
unberufene Hintertreppeneinflüsse von politischen Intriganten,
wie sie von den Adepten unserer Kurfürsten bis auf neuere
Zeiten in dem regierenden Hause, sogar bei dem strengen und
hausbackenen Friedrich Wilhelm I. Zutritt gefunden haben.
Die Schwierigkeit, gleichzeitig gehorsamer und verantwortlicher
Minister zu sein, war damals größer als unter Wilhelm I."“
In die ersten Jahre des Frankfurter Aufenthalts fällt
ein Versuch des Königs Georg V. von Hannover, Bismarck in
die Dienste der Welfenkrone als Minister zu ziehen. Er stellte
als Bedingung seines Eintritts ein enges Zusammengehen
Hannovers mit Preußen in allen wichtigeren Fragen der
deutschen Politik. Bismarck hatte mit dem Könige Georg
mehrere geheime Conferenzen, doch kam die Frage der Berufung
Bismarcks in's Ministerium dabei nicht zur Erörterung, der
König verlangte nur den Rath des preußischen Bundestags-
gesandten in der Frage einer Revision der hannöverschen Ver-
fassung mit Hilfe von Bundesbeschlüssen. Was Bismarck bei
dieser Gelegenheit von der Verlassenheit des Königs Georg
erzählt, der infolge seiner Blindheit keine Ahnung von der
Wichtigkeit der auf und unter seinem Tische liegenden amt-
1) Brief an den Bruder vom 10. Juli 1854, Bismarckbriefe, 7. Aufl.,
S. 177.