Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Verstimmung gegen Bismarck. Bismarck in Paris. 47 
auf die historische Begründung seiner Auffassung von dem Un- 
werthe legitimistischer Bedenklichkeiten. 
Auf einem Balle in Versailles wurde Bismarck auch der 
Königin Victoria von England und dem Prinzen Albert vor- 
gestellt. Der letztere trat ihm mit kühler Zurückhaltung ent- 
gegen, da ihm Bismarcks antiwestmächtliche Gesinnung nicht 
unbekannt war und er den Grund dafür nicht in politischen 
Erwägungen, sondern in der Vorliebe des preußischen Junkers 
für den Absolutismus Rußlands suchte. Die Königin Victoria 
behandelte ihn nicht unfreundlich, wenn Bismarck auch zu be- 
merken glaubte, daß sie in ihm einen „wunderlichen Kauz“ 
sah. Daß die Abneigung der Eltern gegen den „Reactionair"“ 
auch auf die Tochter sich vererbte, die im Jahre 1858 sich mit 
dem Kronprinzen von Preußen vermählte, darf nicht Wunder 
nehmen. Man konnte von ihr füglich kein Verständniß für die 
so ganz anders gearteten preußischen Verhältnisse erwarten, 
sie hat es auch wohl niemals gewonnen, und in den ernsten 
Jahren des Conflicts bildete der von englischen Einflüssen um- 
gebene kronprinzliche Hof das Hauptquartier aller liberalen 
Gegner Bismarcks. 
Am Hofe Napoleons fand Bismarck nicht mehr die 
Feinheit der gesellschaftlichen Sitten, die den Hof der Bour- 
bonen zur Schule der Cavaliere gemacht hatte. Bei einem 
Souper in Versailles, dem er beiwohnte, „kamen körperliche 
Zusammenstöße der gestickten und bebänderten Herrn und reich 
eleganten Damen vor, die in Handgreiflichkeiten und Verbal- 
injurien übergingen, wie sie bei uns im Schlosse unmöglich 
wären."“ 
Im Jahre 1856 näherte sich der König Herrn v. Bismarck 
abermals, was bei Herrn v. Manteuffel, wohl auch bei den 
Mitgliedern der Camarilla, die Besorgniß weckte, Bismarck 
möchte wieder am Hofe größeren Einfluß gewinnen. Auf 
Weisung Friedrich Wilhelms IV. mußte Manteuffel, scheinbar 
aus eigenem Antriebe, Herrn v. Bismarck fragen, ob er als 
Finanzminister eintreten wolle, um später das Finanzministerium 
an Manteuffel abzutreten und dafür das Ministerium des Aus- 
wärtigen einzutauschen. Die Sache scheiterte auch diesmal an
	        
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