50 VI. Aus der Frankfurter Zeit.
Plan einer solchen „Haremsregierung“ zu gewinnen suchte,
wurde der Plan vereitelt: am 26. October 1858 — die Ordre
des Königs datirte vom 23. October — übernahm Prinz Wil-
helm die Regentschaft. Eine seiner ersten Handlungen war
die Entlassung Manteuffels (6. November) und die Berufung
des Ministeriums der neuen Aera unter der Leitung des Fürsten
Anton von Hohenzollern-Sigmaringen.
Für Herrn v. Bismarck schlug jetzt die Stunde des Ab-
schieds von Frankfurt. Auf einem Balle bei Moustier oder Karolyi
erhielt er durch Graf Stillfried („aus dem Jesuitenlager")
im Januar 1859 die erste Mittheilung von seiner geplanten
Versetzung nach Petersburg. Sie paßte wenig zu seinen Wünschen,
zumal, da er sich eben erst mit großen Kosten in Frankfurt neu
eingerichtet hatte und der Ueberzeugung war, daß er am Bundes-
tage nützlicher wirken könne, als auf irgend einem andern Posten.
Er gab dem, was ihn bewegte, Ausdruck in einer Unterredung
mit dem Prinzen, deren Verlauf er uns lebendig in Rede und
Gegenrede schildert. An der Sache selbst konnte er nichts
ändern. Der Nachfolger war schon bestimmt: Herr v. Usedom,
der wegen seiner durch ihre Tactlosigkeiten überall Anstoß er-
regenden Frau an keinem Hofe untergebracht werden konnte,
als Mitglied des Freimaurerordens aber unter dem besonderen
Schutze des Prinzen stand. Bismarck benutzt Usedoms Er-
wähnung zu einer Abschweifung über die spätere Thätigkeit dieses
Mannes, die mit seiner Entlassung aus dem Staatedienst
endete (1869), freilich erst, nachdem der Widerstand des Königs
durch Einreichung eines ausführlich begründeten Abschieds-
gesuches überwunden worden war.
Die Audienz endete für Bismarck mit der Gewißbeit,
daß seine Versetzung beschlossene Sache sei, aber auch „mit dem
Gefühle ungetrübter Anhänglichkeit an den Herrn und ge-
steigerter Geringschätzung gegen die Streber, deren von der
Prinzessin unterstützten Einflüssen er damals unterlag.“ Drei
Tage nachher — am 29. Januar 1859 — erfolgte die Er-
nennung nach Petersburg. Am 6. März verließ Bismarck
Frankfurt, am 23. März Berlin; am 1. April — seinem 44. Ge-
burtstage — trat er sein neues Amt am Hofe Alexanders II. an.