Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Ein ärztlicher Charlatan. Schleinitz gegen Bismarck. 57 
die schwarze Pflastermasse aus der handgroßen Wunde durch 
Schaben mit einer metallischen Klinge zu entfernen versucht 
hatte. Um bei deutschen Aerzten Hilfe zu suchen, reiste Bis- 
marck im Juli nach Berlin, von da nach Nauheim, wo ihn 
die Behandlung des Professors Benecke soweit herstellte, daß 
er gehen und reiten, im October auch den Prinz-Regenten 
nach Warschau zur Zusammenkunft mit dem Zaren begleiten 
konnte. Aber noch im selben Jahre trat der Tod nahe an 
ihn heran. Der Thrombus, der sich in der zerstörten Vene 
gebildet und festgesetzt hatte, riß sich los, gerieth in den Blut- 
umlauf und verursachte eine Lungenentzündung, die von den 
Aerzten für tödtlich gehalten, aber Dank der kräftigen Con- 
stitution Bismarcks in einem Monate langen Siechthum über- 
wunden ward. Vom November 1859 bis März 1860 lag er 
krank in Hohendorf, von seinem treuen Freunde v. Below mit 
immer gleicher Liebe und Aufopferung gepflegt. 
In dieser Zeit regten der Fürst von Hohenzollern und 
Rudolf von Auerswald bei dem Regenten Bismarcks Ernennung 
zum Minister des Auswärtigen an (Cap. 11: Zwischen- 
zustand). Der Regent mochte sich der Anregung nicht ent- 
ziehen, war aber, wie es scheint, schon vor der Erörterung 
der Frage entschlossen, sich von dem Schützling der Prinzessin, 
Herrn von Schleinitz, nicht zu trennen. Das Verhältniß zu 
Oesterreich bildete den Kernpunkt der Unterhandlung, die in 
einer Art von Conseil im Palais stattfand. Herr v. Bismarck, 
aufgefordert, sein Programm zu entwickeln, bezeichnete als 
schwächste Seite der preußischen Politik ihre Schwäche gegen 
Oesterreich, von der sie seit Olmütz und besonders in den 
letzten Jahren während der italienischen Krisis beherrscht 
gewesen sei. Man müsse Oesterreich zeigen, daß man den 
Bruch nicht fürchte, daß Preußen nöthigen Falls auch gegen 
Oesterreich Krieg führen werde, um seine Stellung in Deutsch- 
land mit seinen Interessen in Einklang zu bringen. In Wien 
habe man sich auf der in Olmütz errungenen Grundlage als auf 
einer dauernden eingelebt und ganz vergessen, daß die Olmützer 
Vereinbarung lediglich der Verzettelung der preußischen Cadres 
und dem Drucke der zu Gunsten Oesterreichs zur Geltung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.