Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

82 X. Convention. Preßverordnung. Fürstentag. Ludwig II. 
Porte-épée als im monarchischen Bewußtsein lag, zu Ent- 
schlüssen . . . sich gezwungen gefühlt hatte, so war man 
sicher, wenn man ihm folgte, in keiner Gefahr von ihm im 
Stiche gelassen werden.“ Zudem überschätzte man in Wien 
die abschwächende Wirkung, welche der innere Conflict auf 
Preußens auswärtige Politik und seine militairische Leistungs- 
fähigkeit haben konnte. Statt der von Preußen angebotenen 
Einigung über eine dualistische Leitung des Deutschen Bundes 
ging Oesterreich gegen Preußen zum Angriff über durch die 
Berufung eines Fürstencongresses zum Zwecke einer festeren 
Einigung der deutschen Staaten unter der Oberleitung des 
österreichischen Kaisers. Die Einladung dazu kam dem Könige 
von Preußen, der, von Bismarck begleitet, zur Kur in Gastein 
weilte, völlig unerwartet, aber da der Kaiser sie persönlich 
überbrachte und in einer auf sein fürstliches Solidaritätsgefühl be- 
rechneten Form begründete, so hatte er zunächst nicht das Gefühl 
der Unterschätzung. Der Gedanke, die preußisch-österreichische 
Nebenbuhlerschaft in eine gemeinsame Bekämpfung der Revolu- 
tion und des Constitutionalismus zu verwandeln, hatte für 
ihn, der die Schwierigkeiten des parlamentarischen Systems 
an sich selbst erfuhr, etwas Anziehendes; aber er gab doch, 
wenn auch nicht leicht, den Vorstellungen seines Ministers 
Gehör und blieb dem Frankfurter Tage fern, so schwer ihm 
der persönliche Versuch des Königs Johann von Sachsen in 
Baden die Entschließung gemacht hatte. Es ist bekannt und 
wird durch die „Gedanken und Erinnerungen“ bestätigt, wie 
Bismarck damals mit dem Könige gerungen hat, um ihn aus 
dem Kreise dynastisch-fürstlichen Gemeingefühls herauszulösen 
und auf den Standpunkt des preußischen Staatsinteresses zu 
heben, aber es bleibt der Ruhm des Königs, daß er sich immer 
der überlegenen Einsicht seines Berathers fügte, nicht als ein 
willenloser Sclave, sondern nach eigenem Entschlusse in reif- 
licher Erwägung der von dem Minister geltend gemachten 
politischen Gründe, die seinem Gedankenkreise an sich ferner 
lagen. Was Bismarck vorausgesehen hatte, geschah. Die 
übrigen deutschen Fürsten, die vollzählig in Frankfurt erschienen 
waren, knüpften den Beitritt zu der österreichischen Reform-
	        
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