Full text: Wegweiser durch Bismarcks Gedanken und Erinnerungen. (3)

Bismarcks Brief vom 27. November 1870. 87 
schließungen zu würdigen berufen bin, durch welche Eure 
Majestät bei dem Beginn und bei dem bevorstehenden 
Ende dieses großen Nationalkrieges der Einigkeit und 
der Macht Deutschlands den Abschluß gegeben haben. 
Aber es ist nicht meine, sondern die Aufgabe des deutschen 
Volkes und seiner Geschichte, dem durchlauchtigen Bayrischen 
Hause für Eurer Majestät deutsche Politik und für den 
Heldenmuth Ihres Heeres zu danken. Ich kann nur ver- 
sichern, daß ich, so lange ich lebe, Eurer Majestät in ehr- 
furchtsvoller Dankbarkeit anhänglich und ergeben sein und 
mich jederzeit glücklich schätzen werde, wenn es mir ver- 
gönnt wird, Eurer Majestät zu Diensten sein zu können. 
Bezüglich der deutschen Kaiserfrage ist es nach meinem 
ehrfurchtsvollen Ermessen vor Allem wichtig, daß deren 
Anregung von keiner andern Seite wie von Eurer Majestät 
und namentlich nicht von der Volksvertretung zuerst aus- 
gehe. Die Stellung würde gefälscht werden, wenn sie 
ihren Ursprung nicht der freien und wohlerwogenen 
Initiative des mächtigsten der dem Bunde beitretenden 
Fürsten verdankt. 
Ich habe mir erlaubt, dem Grafen Holnstein den Ent- 
wurf einer etwa an meinen allergnädigsten König und, 
mit den nöthigen Aenderungen der Fassung, an die andern 
Verbündeten zu richtenden Erklärung auf seinen Wunsch 
zu übergeben. Demselben liegt der Gedanke zu Grunde, 
welcher in der That die deutschen Stämme erfüllt: der 
deutsche Kaiser ist ihr Landsmann, der König von Preußen 
ihr Nachbar; nur der deutsche Titel bekundet, daß die 
damit verbundenen Rechte aus freier Uebertragung der 
deutschen Fürsten und Stämme hervorgehen. Daß die 
großen Fürstenhäuser Deutschlands, das Preußische ein- 
geschlossen, durch das Vorhandensein eines von ihnen 
gewählten deutschen Kaisers in ihrer hohen europäischen 
Stellung nicht beeinträchtigt wurden, lehrt die Geschichte. 
In tiefer Ehrfurcht ersterbe ich 
Eurer Majestät unterthänigster treugehorsamster Diener 
v. Bismarck.“
	        
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