Object: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

Der Schwarze 
Adler 
für Roberts 
Wilhelm II. 
in Homburg 
508 DER FELDZUGSPLAN FÜR ROBERTS 
kleinen Kinder anstecken könnte! Hier wird die Ansteckungsgefahr gering 
geachtet, zu Hause muß sie uns zum Vorwand dienen, länger von Berlin 
fortzubleiben! Ich finde es schrecklich, daß in diesen arbeitsreichen, 
folgenschweren Geschäftswochen S. M. nicht in Berlin ist. Oder wollen Sie 
lieber, daß er den Geschäften fernbleibt? Jedenfalls hoffe ich, daß Sie recht 
bald nach Homburg kommen, wo wir am 7. Februar morgens 8 Uhr ein- 
treffen.“ 
Die antienglische Stimmung der Kaiserin Auguste Viktoria, der mili- 
tärischen Umgebung Seiner Majestät und der großen Mehrheit des deutschen 
Volkes war unklug. Aber die Übertreibungen des Kaisers gegenüber Eng- 
land, dem er in jenen Tagen ebenso stürmisch und demonstrativ huldigte, 
wie er vorher und nachher gelegentlich antienglische Gefühle zur Schau 
trug, regten die weitesten Kreise in Deutschland immer von neuem auf, 
und das ohne realen politischen Nutzen. Die Verleihung des Schwarzen 
Adlerordens an den Besieger der Buren, Feldmarschall Roberts, die ohne 
Rückfrage bei mirerfolgte, machte beidemstolzen Selbstgefühlder Engländer 
dort wenig Eindruck, während sie in Deutschland vielfach als ein Schlag 
ins Gesicht der öffentlichen Meinung und Stimmung des Landes empfunden 
wurde. Die Kunst derPolitik besteht auch darin, de donner a chaque chose sa 
jJuste valeur, wie der weise Marco Minghetti zu sagen pflegte. Diese demon- 
strative Auszeichnung hat nicht einmal den damit Begnadeten für die 
Dauer gewonnen. Als später Wilhelm II. in einem bedauerlichen Anfall von 
phantastischer Großsprecherei die unwahre Behauptung aufstellte, Lord 
Roberts habe die Buren nur mit Hilfe eines von ihm, dem Kaiser, entwor- 
fenen und an die Königin Victoria gesandten Feldzugsplans besiegt, ver- 
wandelte sich der Feldmarschall, der übrigens ein tüchtiger und tapferer 
Soldat war, der in allen Weltteilen durch sein ganzes langes Leben hindurch 
für den Ruhm der englischen Fahne gefochten hatte, in einen persönlichen 
und bitteren Gegner des Deutschen Kaisers. Es war dies einer der vielen 
Fälle, wo Kaiser Wilhelm II. bei den besten Absichten und felsenfest über- 
zeugt, er sei auf dem richtigen Wege, gerade das Gegenteil von dem er- 
reichte, was er bezweckte. 
Als ich den Kaiser in Homburg wußte, begab ich mich dorthin. Ich 
fand ihn noch ganz im Banne seiner englischen Eindrücke. Während er sich 
sonst nicht genug tun konnte im Wechseln militärischer Uniformen, zeigte 
er sich jetzt nur in Zivil, wie er sich in England gekleidet hatte. Dazu trug 
er eine Krawattennadel mit der Chiffre seiner verewigten Großmutter. Die 
aus dem nahen Frankfurt zur Mittags- oder Abendtafel befohlenen Militärs 
waren sehr erstaunt, ihren obersten Kriegsherrn im bürgerlichen Kleide zu 
erblicken. Sie schienen nicht angenehm berührt durch die immer wieder- 
holten enthusiastischen Kundgebungen für England und alles Englische,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.