82 Achtes Kapitel: Meine Entlassung.
dieirte mir die Freiheit, in meinem Hause Besuche zu empfangen
und namentlich solche, die anzunehmen ich amtlich die Pflicht
oder einen Grund hätte. Der Kaiser bestand auf seinem An—
spruche mit dem Hinzufügen, er wisse, daß Windthorst's Besuch
durch den Bankier von Bleichröder vermittelt worden sei;
„Juden und Jesuiten“ hielten immer zusammen. Ich erwiderte,
es sei viel Ehre für mich, daß Se. Majestät über die innern
Vorgänge in meinem Hause so genau informirt sei; es sei
richtig, daß Windthorst Bleichröder's Vermittlung nachgesucht,
vermuthlich aus irgend einer Berechnung, da er wußte, daß
jeder Abgeordnete jederzeit Zutritt bei mir hatte. Die Wahl
des Vermittlers sei aber von Windthorst und nicht von mir
ausgegangen und gehe mich nichts an. Bei der Constellation
in dem neuen Reichstage sei es für mich wichtig gewesen, den
Feldzugsplan des Führers der stärksten Fraction zu kennen,
und mir willkommen, daß dieser unerwartet um Empfang ge-
beten. Ich hätte in der Unterredung constatirt, daß Windthorst
unmögliche Forderungen (status quo ante 1870) zu stellen be-
absichtige. Seine Absichten zu ermitteln, sei für mich ein ge-
schäftliches Bedürfniß gewesen. Wenn Se. Majestät aus diesem
Anlasse mir einen Vorwurf machen wolle, so sei das gerade so,
als wenn Se. Mojestät seinem Generalstabschef im Kriege
untersagen wolle, den Feind zu recognosciren. Ich könnte mich
einer solchen Controlle in Einzelheiten und in meiner persönlichen
Bewegung im eignen Hause nicht unterwerfen. Der Kaiser
verlangte das aber peremptorisch mit der Frage: „Auch nicht,
wenn Ihr Souverän es befiehlt?“ Ich beharrte in Ablehnung.
Ueber Windthorst's Pläne fragte der Kaiser mich nicht, son-
dern hub an: „Ich erhalte gar keine Vorträge mehr von meinen
Ministern; es ist mir gesagt worden, Sie hätten ihnen verboten,
mir ohne Ihre Zustimmung oder Gegenwart Vorträge zu halten,
und sich dabei auf eine alte vergilbte Ordre gestützt, die schon
ganz vergessen war.“