92 Achtes Kapitel: Meine Entlassung.
Majestät mir durch die Vorhaltung gegeben, daß ich ohne
Allerhöchste Erlaubniß den Abgeordneten Windthorst nicht hätte
empfangen dürfen. Heute habe ich mich überzeugt, daß ich
auch die auswärtige Politik Sr. Moajestät nicht mehr vertreten.
kann. Ungeachtet meines Vertrauens auf die Tripelallianz
habe ich die Möglichkeit, daß dieselbe einmal versagen könne,
nie aus den Augen verloren, weil in Italien die Monarchie
nicht auf starken Füßen steht, die Eintracht zwischen Italien
und Oestreich durch die Irredenta gefährdet, in Oestreich nur
die Zuverlässigkeit des regirenden Kaisers einen Umschlag bei
dessen Lebzeiten aueschließt und die Haltung Ungarns nie
sicher zu berechnen ist. Ich bin deshalb stets bestrebt gewesen,
die Brücke zwischen uns und Rußland nie ganz abzubrechen.“
(Folgt Mittheilung des Allerhöchsten Handschreibens betreffend
die militärischen Berichte eines Consuls, vgl. S. 88.) „Ich
bin überhaupt nicht verpflichtet, Sr. Moajestät alle Berichte vor-
zulegen, habe es aber in dem vorliegenden Falle gethan, theils
direct, theils durch den Generalstab, und bin bei meinem Ver-
trauen in die friedlichen Absichten des Kaisers von Rußland
außer Stande, die Maßregeln zu vertreten, die Se. Moajestät
mir befiehlt.
Meine Vorschläge bezüglich der Stellung zum Reichstage
und einer eventuellen Auflösung desselben hatte Se. Majestät
gebilligt, ist aber jetzt der Meinung, die Militärvorlage sei
nur soweit einzubringen, als man auf ihre Annahme durch
den jetzigen Reichstag rechnen könne. Der Kriegsminister hat
sich neulich für die ungetheilte Einbringung ausgesprochen, und
wenn man Gefahr gleichzeitig von Rußland kommen sähe, so
wäre das das Richtige.
Ich nehme also an, daß ich mit meinen Collegen nicht
mehr in voller Uebereinstimmung bin, wie ich auch das Ver-
trauen Sr. Majestät nicht mehr im ausreichenden Maße be-
sitze. Ich freue mich, wenn ein König von Preußen selbst