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Er habe ungeachtet seines Vertrauens auf die Tripelallianz
doch auch die Möglichkeit, daß dieselbe einmal versagen könne,
nie aus den Augen verloren. In Italien stehe die Monarchie
nicht auf starken Füßen, die Eintracht zwischen Italien und
Oestreich sei durch die Irredenta gefährdet, in Oestreich könne
trotz der sicheren Zuverlässigkeit des regirenden Kaisers die
Stimmung eine andere werden, Ungarns Haltung sei nie sicher
zu berechnen, dasselbe könne sich und Oestreich in Händel ver-
wickeln, denen wir fern bleiben müßten: deshalb sei er stets
bestrebt gewesen, die Brücke zwischen uns und Rußland nicht
abzubrechen, und glaube den Kaiser von Rußland in friedlichen
Absichten soweit bestärkt zu haben, daß er einen russischen Krieg,
bei dem selbst im Falle siegreichen Verlaufs nichts zu gewinnen
sei, kaum noch befürchte. Höchstens würde von dort uns ent-
gegengetreten werden, wenn wir bei einem siegreichen Kriege
gegen Frankreich letzterem Gebietsabtretungen auferlegen woll-
ten. Rußland bedürfe der Existenz Frankreichs wie wir der
Oestreichs als Großmacht.
Nun habe der deutsche Consul in Kiew 14 eingehende Be-
richte, zusammen wohl an 200 Seiten, über russische Zustände,
darunter manche über militärische Maßnahmen, eingesandt, von
welchen er einige politische Sr. Mojestät eingereicht, andere,
militärische dem Großen Generalstab in der Annahme, daß
dieser sie an Allerhöchster Stelle zum Vortrag bringen werde,
falls sie dazu geeignet wären, übersandt, die übrigen, um sie
sich vortragen zu lassen, dem Geschäftsgang zurückgegeben habe.
Darauf sei ihm heute das nachstehende Allerhöchsteigen-
händige Handschreiben zugegangen:
„Die Berichte lassen auf das Klarste erkennen, daß die
Russen im vollsten strategischen Aufmarsch sind, um zum Kriege
zu schreiten — Und muß ich es sehr bedauern, daß ich so wenig
von den Kiewer Berichten erhalten habe. Sie hätten mich schon
längst auf die furchtbar drohende Gefahr aufmerksam machen