Antwort Bismarck's, den Erlaß an die Reichsfürsten betreffend. 15
mündlich nachzuholen, was zu schreiben meine Leistungsfähigkeit
überschreitet.
Die Anlage des Schreibens vom 29. November v. J. beehre
ich mich Ew. hierbei unterthänigst wieder vorzulegen, und möchte
ehrerbietig anheimgeben, sie ohne Aufschub zu verbrennen.
Wenn ein Entwurf der Art vorzeitig bekannt würde, so würden
nicht nur Se. Majestät der Kaiser und Se. Königliche Hoheit
der Kronprinz peinlich davon berührt sein; das Geheimniß ist
aber heut zu Tage stets unsicher. Schon das einzige existirende
Exemplar, welches ich hier sorgfältig unter Verschluß gehalten
habe, kann in unrechte Hände fallen; wenn aber einige zwanzig
Abschriften gefertigt und bei 7 Gesandtschaften deponirt würden,
so vervielfältigen sich die Möglichkeiten böser Zufälle und un-
vorsichtiger Menschen. Auch wenn schließlich von den Docu-
menten der beabsichtigte Gebrauch gemacht würde, so würde die
dann kund werdende Thatsache, daß sie vor dem Ableben
regierender Herren redigirt und bereit gehalten wären, keinen
guten Eindruck machen. Ich habe mich herzlich gefreut, daß
Ew., im Gegensatz zu den schärfern Auffassungen Ihres er-
lauchten Herrn Vaters, die politische Bedeutung erkennen, welche
in dem freiwilligen Mitwirken der verbündeten Fürsten zu
den Reichszwecken liegt. Wir wären in der Vergangenheit von
nur 17 Jahren der Parlamentsherrschaft schon verfallen, wenn
die Fürsten nicht fest zum Reich gestanden hätten, und frei-
willig, weil sie selbst zufrieden sind, wenn sie behalten, was
ihnen das Reich verbürgt; und noch mehr in Zukunft, wenn
der Nimbus von 1870 verblaßt sein wird, liegt die Sicherheit
des Reiches und seiner monarchischen Institutionen in der
Einigkeit der Fürsten. Letztere sind nicht Unterthanen, sondern
Bundesgenossen des Kaisers, und wird ihnen der Bundesvertrag
nicht gehalten, so werden sie sich auch nicht dazu verpflichtet
fühlen, und Anlehnung suchen wie früher, bei Rußland, Oest-
reich und Frankreich, sobald die Gelegenheit dazu günstig er-