Antwort Bismarck's, die Stadimission betreffend. 17
die priesterfrommsten Länder sind die revolutionärsten, und 1848
standen in dem gläubigen Pommerlande alle Geistlichen zur
Regirung, und doch wählte ganz Hinterpommern socialistisch,
lauter Tagelöhner, Krüger und Eieraufkäufer.
Ich komme damit auf den Inhalt des gnädigen Schreibens
vom 21. v. M. und beginne am liebsten mit dem Schlusse desselben
und dem Ausdruck des Bewußtseins, daß Friedrich der Große
Ew. Ahnherr ist, und bitte Höchstdieselben, ihm nicht bloß als
Feldherr, auch als Staatsmann zu folgen. Es lag nicht in der
Art des großen Königs, sein Vertrauen auf Elemente wie das.
der inneren Mission zu setzen; die Zeiten sind heut freilich andere,
aber die Erfolge, welche durch Reden und Vereine gewonnen
werden, auch heut keine dauernden Unterlagen monarchischer
Stellungen; für sie gilt das Wort „wie gewonnen so zerronnen“.
Beredtsamkeit der Gegner, giftige Kritik, taktlose Mitarbeiter,
deutsche Zanksucht und Mangel an Disciplin bereiten der besten
und ehrlichsten Sache leicht einen betrübten Ausgang. Mit
solchen Unternehmungen wie die „Innere Mission“, besonders
in der Ausdehnung wie sie beabsichtigt ist, sollte meines unter-
thänigsten Dafürhaltens Ew. Name nicht in solche Verbindung
treten, daß er von dem möglichen Mißerfolge mitbetroffen
würde. Der Erfolg entzieht sich aber jeder Berechnung, wenn
die Verbindung sich auf alle großen Städte ausdehnt und also
die Elemente und Richtungen alle in sich aufnimmt, welche in
den Localverbänden schon vorhanden sind oder in sie eindringen
werden. In solchen Vereinen ist schließlich nicht der sachliche
Zweck für das wirkliche Ergebniß maßgebend, sondern die darin
leitenden Personen drücken ihnen Stempel und Richtung auf.
Das werden Redner und Geistliche sein, vielfach auch Damen,
lauter Elemente, die zu einer politischen Wirksamkeit im Staate
nur mit Vorsicht verwendbar sind und von deren Wohlverhalten
und Takt ich die Meinung des Volkes über seinen künftigen
König in keiner Weise abhängig wissen möchte. Jeder Febler,
Otto Zürst von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen. III. 2