38 Drittes Kapitel: Boetticher.
Delbrück auf meinen Antrag erhielt und die ausschließlich zu
meiner Vertretung und Erleichterung von Sr. Majestät ge-
schaffen wurde. Delbrück war Präsident des Bundes-, späteren
Reichs-Kanzleramts, also staatsrechtlich der höchste vortragende
Ministerialbeamte des Reichskanzlers gewesen und dann zum
Minister ernannt worden, um im Staatsministerium den Reichs-
kanzler zu unterstützen und bei dessen Abwesenheit zu vertreten.
Delbrück hatte in pflichttreuer Weise, auch wenn seine Ansicht
in bestimmten Fragen von der meinigen abwich, doch die meinige
vertreten und zog sich zurück, als diese Vertretung mit seiner
Ueberzeugung in einen so scharfen Widerspruch trat, daß er
nicht glaubte über denselben hinwegsehn zu dürfen. Auf seine
eigne Empsehlung folgte ihm der frühere hessische Minister von
Hofmann, welcher für fügsam galt und keine politische Ver-
gangenheit zu schonen hatte. Derselbe übernahm daneben die
Leitung des in dem Umfange seiner Aufgaben erheblich ein-
geschränkten, unter dem Namen „Handelsministerium“ ab-
gezweigten Ressorts. Er nahm an, daß er außer der Pflege
des deutschen Handels noch besondre Pflichten und Rechte für
den preußischen Handel auf dem Gebiete der Gesetzgebung habe,
und mißbrauchte die Unabhängigkeit, welche ihm diese von ihm
selbst gewünschte Stellung gewährte, um ohne mein Wissen
Gesetzentwürfe für Reichsangelegenheiten vorzubereiten, welche
meine Zustimmung nicht fanden, namentlich solche, die meiner
Ansicht nach die Grenze des Arbeiterschutzes überschritten und
das Gebiet des Arbeiterzwanges in Gestalt der Beschränkung
der persönlichen Unabhängigkeit und der Autorität des Arbeiters
und des Familienvaters betrafen und von denen ich auf die
Dauer keine günstige Wirkung erwarte. Da mehrfache Er-
innerungen gegen diese mir Opposition machenden Vor-
lagen, die Arbeiten betriebsamer, dem Minister auf diesem
Gebiete überlegner Räthe des Handelsministeriums, erfolg-
los blieben, so bewog ich den Feldmarschall von Manteuffel,