Intriguen des kaiserlichen Günstlings. 41
gesteigert. Offiziöse Artikel, welche ich den wohlunterrichteten
Federn meiner früheren Mitarbeiter zuschreibe, hoben als einen
Anspruch Boetticher's auf meine Dankbarkeit hervor, daß der-
selbe im Januar und Februar 1890 bemüht gewesen sei, zwischen
dem Kaiser und mir zu vermitteln und mich für die kaiserlichen
Ansichten zu gewinnen. In dieser, wie ich glaube, inspirirten
Darstellung liegt das volle Eingeständniß der Fälschung der
Situation. Die Amtspflicht des Herrn von Beoeetticher war
nicht, an der Unterwerfung eines erfahrenen Kanzlers unter
den Willen eines jugendlichen Kaisers zu arbeiten, sondern den
Kanzler in seiner verantwortlichen Aufgabe bei dem Kaiser zu
unterstützen. Hätte er sich an diese seine amtliche Aufgabe ge-
halten, so würde er auch innerhalb der Grenzen seiner natür-
lichen Befähigung geblieben sein, auf Grund deren er in seine
Stellung berusen war. Seine Beziehungen zum Kaiser waren
in meiner Abwesenheit intimer geworden als die meinigen, so
daß er sich stark genug fühlte, meine, seines Vorgesetzten, amtliche
und schriftliche Weisungen im Bewußtsein seines höheren Rück-
halts ungausgeführt zu lassen.
Daß er es nicht bloß auf die Gunst des Kaisers, sondern
auch auf meine Beseitigung und seine Nachfolge in dem Minister-
präsidium abgesehn hatte, schließe ich aus einer Reihe von
Umständen, deren einige erst später zu meiner Kenmunuiß ge-
kommen sind. Im Januar 1890 hat er dem Kaiser, und im
Hause des Freiherrn von Bodenhausen gesagt, ich sei so wie so
sest entschlossen abzugehen, und um dieselbe Zeit sagte er mir,
der Kaiser unterhandle schon mit meinem Nachfolger.
In den ersten Tagen des genannten Monats hatte er mich
zum letzten Mal behufs Besprechung geschäftlicher Fragen in
Friedrichsruh besucht. Wic ich später erfahren, hat er schon
vorher dem Kaiser die Insinuation gemacht, ich sei durch über-
mäßigen Morphiumgebrauch geschäftsunfähig geworden. Ob
diese Andeutung dem Kaiser direct durch Boetticher oder durch