Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

54 Fünftes Kapitel: Der Kronrath vom 24. Januar. 
  
andere nach seinem Dictat von einem Adjutanten geschrieben, beide 
socialistischen Forderungen Erfüllung verheißend. Das eine ver- 
langte die Redaction und Vorlage eines in begeisterter Sprache 
gehaltenen, zur Veröffentlichung bestimmten Allerhöchsten Erlasses 
im Sinne der Elaborate. Der Keiser ließ dieselben durch Boet- 
ticher vorlesen, der mit dem Texte vertraut zu sein schien. Für 
mich war derselbe überraschend, nicht sowohl wegen seiner ge- 
schäftlichen Tragweite — in dieser Beziehung hatte ich den Ein- 
druck, daß sich Redactionen, welche den Kaiser befriedigten, 
finden lassen würden — als wegen der praktischen Ziellosigkeit 
des Elaborats und wegen des Anspruchs auf Schwunghaftig= 
keit; diese konnte die Wirkung der angekündigten Schritte nur 
abschwächen und drohte die ganze Sache im Sande volks- 
beglückender Redensarten verlaufen zu lassen. 
Noch überraschender war die offne und schriftliche Erklä- 
rung des Monarchen vor seinen sachkundigen und verfassungs- 
mäßigen Rathgebern, daß die Kundgebung auf den Informa- 
tionen und Rathschlägen von vier Männern beruhe, welche der 
Kaiser als Autoritäten bezeichnete und namhaft machte. Es 
waren dies der Geheimerath Hinzpeter, ein Schulmann, der die 
Reste seines Ansehns als Lehrer seinem früheren Zöglinge 
gegenüber mit Ueberhebung und Ungeschick ausbeutete, mit sorg- 
fältiger Vermeidung jeder Verantwortung; zweitens der Graf 
Douglas, ein glücklicher und reicher Speculant in Bergwerken, 
welcher das Ansehn, das ein großes Vermögen verleiht, durch 
den Glanz einer einflußreichen Stellung bei dem Souverän zu 
erhöhen bestrebt ist, zu diesem Behufe mit einer geläufigen und 
anerkennenden Gesprächigkeit sich politische oder doch wirthschaft- 
lich politische Beziehungen zu dem Kaiser verschafft hat und 
durch freundlichen Verkehr mit den kaiserlichen Kindern zu er- 
halten sucht, von dem Kaiser zum Grafen gemacht; drittens der 
Maler von Heyden, ein sich leicht bewegender Gesellschafts- 
mann, der, vor 30 Jahren Bergwerksbeamter eines schlesischen
	        
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