Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

Standpunkt des Kaisers. Absolutismus. 59 
  
Kohlen gefördert würden, so sei unfre Marine wehrlos; wir 
könnten die Armee nicht mobil machen, wenn Kohlenmangel 
den Aufmarsch per Bahn hindere, wir seien in einer so prekären 
Lage, daß er jetzt gleich den Krieg erklären würde, wenn er 
Rußland wäre. 
Ideal Sr. Majestät schien damals populärer Absolutismus 
zu sein. Seine Vorfahren haben die Bauern und die Bürger 
emancipirt; würde eine analoge Emancipation der Arbeiter auf 
Kosten der Arbeitgeber heut in einer analogen Entwicklung 
verlaufen wie die halbhundertjährigen legislativen Arbeiten, aus 
denen die Regulirung der Bauern und die Städteordnung her- 
vorgingen? 
Die französischen Könige verschafften sich durch Ausspielen 
der Stände gegen einander den Absolutismus, der von Lud- 
wig XIV. bis Ludwig XVI. Grundgesetz des Staates war, aber 
kein haltbares Fundament. Unbeschränktheit des Königlichen 
Willens bestand unter Friedrich Wilhelm I., ruhte aber nicht 
auf freiwilliger und wandelbarer Popularität in den Massen 
der Bevölkerung, sondern auf dem damals noch nicht angekrän- 
kelten monarchischen Sinne aller Stände und auf der jedem 
Widerstand überlegnen Militär= und Polizeimacht, ohne Parla- 
ment, Presse, Vereinsrecht. Friedrich Wilhelm l. schickte den, der 
ihm widersprach, „in die Karre“ oder ließ ihn hängen (Schlubuth), 
und Friedrich II. schickte das Kammergericht nach Spandau. 
Die ultima ratio fehlt dem heutigen Königthume, und auf 
Acclamation der Massen würde sich eine absolute Königliche 
Gewalt auch dann nicht begründen lassen, wenn deren Lebens- 
ansprüche noch ebenso bescheiden wären wie zur Zeit Friedrich 
Wilhelm's I. In Dänemark gelang 1665 das Königsgesetz 
und blieb lange Zeit haltbar; aber damals kam es nur darauf 
an, den Widerstand einer kleinen Minorität, des Adels, zu 
brechen, nicht die wirthschaftliche Existenz der gewerbtreibenden 
Klassen. —
	        
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