68 Secchstes Kapitel: Die Kaiserlichen Erlasse vom 4. Februar 1890.
weiteren Ausbau der Arbeiter-Versicherungsgesetzgebung sind
die bestehenden Vorschriften der Gewerbeordnung über die Ver-
hältnisse der Fabrikarbeiter einer Prüfung zu unterziehen, um
den auf diesem Gebiet laut gewordenen Klagen und Wünschen,
soweit sie begründet sind, gerecht zu werden. Diese Prüfung
hat davon auszugehen, daß es eine der Aufgaben der Staats-
gewalt ist, die Zeit, die Dauer und die Art der Arbeit so zu
regeln, daß die Erhaltung der Gesundheit, die Gebote der
Sittlichkeit, die wirthschaftlichen Bedürfnisse der Arbeiter und
ihr Anspruch auf gesetzliche Gleichberechtigung gewahrt bleiben.
Für die Pflege des Friedens zwischen Arbeitgebern und Arbeit-
nehmern sind gesetzliche Bestimmungen über die Formen in
Aussicht zu nehmen, in denen die Arbeiter durch Vertreter,
welche ihr Vertrauen besitzen, an der Regelung gemeinsamer
Angelegenheiten betheiligt und zur Wahrnehmung ihrer In-
teressen bei Verhandlung mit den Arbeitgebern und den
Organen Meiner Regirung befähigt werden. Durch eine solche
Einrichtung ist den Arbeitern der freie und friedliche Ausdruck
ihrer Wünsche und Beschwerden zu ermöglichen und den Staats-
behörden Gelegenheit zu geben, sich über die Verhältnisse der
Arbeiter fortlaufend zu unterrichten und mit den Letzteren
Fühlung zu behalten. Die staatlichen Bergwerke wünsche Ich
bezüglich der Fürsorge für die Arbeiter zu Musteranstalten ent-
wickelt zu sehen, und für den Privat-Bergbau erstrebe Ich die
Herstellung eines organischen Verhältnisses Meiner Berg-
beamten zu den Betrieben behufs einer der Stellung der Fabrik-
inspectionen entsprechenden Aufsicht, wie sie bis zum Jahre 1865
bestanden hat. Zur Vorbereitung dieser Fragen will Ich, daß
der Staatsrath unter Meinem Vorsitze und unter Zuziehung
derjenigen sachkundigen Personen zusammentrete, welche Ich
dazu berufen werde. Die Auswahl der Letzteren behalte Ich
Meiner Bestimmung vor. Unter den Schwierigkeiten, welche
der Ordnung der Arbeiterverhältnisse in dem von Mir be-