Zusammensetzung und Verlauf des Staatsraths. 69
absichtigten Sinne entgegenstehen, nehmen diejenigen, welche
aus der Nothwendigkeit der Schonung der heimischen Industrie
in ihrem Wettbewerb mit dem Auslande sich ergeben, eine her-
vorragende Stelle ein. Ich habe daher den Reichskanzler
angewiesen, bei den Regirungen der Staaten, deren Industrie
mit der unserigen den Weltmarkt beherrscht, den Zusammentritt
einer Conserenz anzuregen, um die Herbeiführung gleichmäßiger
internationaler Regelung der Grenzen für die Ansorderungen
anzustreben, welche an die Thätigkeit der Arbeiter gestellt werden
dürfen. Der Reichskanzler wird Ihnen Abschrift Meines an
ihn gerichteten Erlasses mittheilen.
An Wilhelm R.“
die Minister der öffentlichen Arbeiten
und für Handel und Gewerbe.
Wenn ich, wie ich einsah, das persönliche Vorhaben des
hohen Herrn nicht an der Wurzel abschneiden konnte, so war
ich schon zufrieden, gewissermaßen subrepticie seine Zustimmung
zur Heranziehung des Staatsraths und der Nachbar-Regirungen
erlangt zu haben. Aber in der Rechnung auf diese Factoren
hatte ich mich getäuscht.
Indem ich an die zwingende Kraft der materiellen Inter-
essen im Staatsrath und in der internationalen Conferenz ge-
glaubt, hatte ich Selbständigkeit und Ueberzeugungstreue der
Leute überschätzt. Im Staatsrath war das servile Element
verstärkt durch Berufung einer Anzahl bisher unbekannter
Persönlichkeiten, die theils aus dem Arbeiterstande, theils den
Berliner Industriellen enmommen waren und Reden hielten,
die sie wohl schon oft gehalten hatten. Auch ein agitirender
Kaplan war anwesend. Alle Beamte schwiegen abwartend.
Baare, Hüttenbesitzer aus Bochum, und Jencke, Vertrauensmann
von Krupp in Essen, die einzigen, die es wagten, die Intentionen
des Kaisers vorsichtig zu kritisiren, waren eingeschüchtert durch