Verlauf der internationalen Conferenz. 71
worden, daß seine Bercitwilligkeit, überhaupt noch andere Sach-
kundige zu hören, nur zu erlangen sei, wenn die Berathungen
im Glanze einer von ihm berufenen europäischen Conferenz und
einer öffentlichen Discussion im Staatsrathe vor sich gingen.
Ich hatte dabei auf eine ehrlichere Prüfung der deutschen
Vorschläge, wenigstens von Seiten der Engländer und Franzosen
gerechnet, indem ich die bei unsern westlichen Concurrenten als
wirksam vorauszusetzenden Tendenzen nicht richtig gegen ein-
ander abwog. Ich setzte bei ihnen mehr Ehrlichkeit und mehr
Humanität voraus, als vorhanden war; ich nahm an, daß sie
entweder den utopischen Theil der kaiserlichen Anregungen vom
praktischen Standpunkte ablehnen oder auf die Forderung
gleichartiger Einrichtungen in den betheiligten Ländern eingehen
würden, sodaß die Arbeiter gleichmäßig besser zu behandeln und
die Productionskosten gleichmäßig zu vertheuern wären; die
erstere Alternative war mir wegen der Schwierigkeit der Aus-
führung und der Controlle der zweiten die wahrscheinliche.
Aber ich hatte nicht darauf gerechnet, daß unsere Vertreter dem
Banne der Jules Simon'schen Phrasen so vollständig verfallen
würden, daß nicht einmal ein für den Kaiser brauchbares
Argument gewonnen wurde, sondern nur die Gewißheit, daß
die Nachbarn uns unsere Illusionen gönnten, sie pflegten und
sich hüteten, die deutsche Gesetzgebung zu hindern, wenn sie
auf dem Wege war, ihrer einheimischen Industrie und ihren
Arbeitern Unbequemlichkeiten zu bereiten. Sie regelten ihr
Verhalten nach demselben Grundsatze, welchen alle die von mir
Jahrzehnte lang als Reichsfeinde bekämpften Elemente heute
befolgen: es sei nicht ihre Sache, die Kaiserliche Regirung auf
dem Wege zur Selbstbeschädigung aufzuhalten.