Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Dritter Band. (3)

80 Siebentes Kapitel: Wandlungen. 
  
ich nicht. Der Großherzog kam einige Tage vor dem 9. März, 
dem Todestage Kaiser Wilhelm's, in Berlin an, und nach 
meiner Wahrnehmung datirt aus der Zeit zwischen dem 8. 
und 14. März der Entschluß des Kaisers, das Kampfprogramm 
sallen zu lassen. Ich vermuthe, daß es ihm widerstrebt hat, 
sich mir gegenüber offen davon loszusagen, und daß statt dessen 
zu meinem Bedauern der Weg gewählt worden ist, mir das 
Verbleiben im Amte bis zu dem verabredeten Junitermine zu 
verleiden. Die bis dahin üblichen Formen des geschäftlichen 
Verkehrs mit mir erlitten in jenen Tagen eine einschneidende 
Aenderung, der ich die Ueberzeugung entnehmen mußte, daß 
der Kaiser meine Dienste nicht nur für entbehrlich, sondern auch 
für unwillkommen hielt, und daß Se. Majestät, anstatt mir 
dies mit der sonstigen Offenheit freundlich zu sagen, mir durch 
ungnädige Formen den Rücktritt nahe legte. Persönliche Ver- 
stimmung war in mir bis dahin nicht aufgekommen. Ich war 
ehrlich bereit, dem Kaiser an Gestaltung der Dinge nach seinem 
Willen zu helsen. Diese meine Stimmung wurde erst gestört 
durch Schritte vom 15., 16. und 17., die mich jeder eignen 
Verantwortlichkeit für mein Ausscheiden aus dem Dienste ent- 
hoben, und durch die Plötzlichkeit der Exmission, die mich 
nöthigte, meinen ein Menschenalter lang eingerichteten Haus- 
halt auf eintägige Kündigung abzubrechen, ohne daß ich bis 
heut den eigentlichen Grund des Bruches mit authenüscher 
Sicherheit ersahren hätte.
	        
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