Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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343). Wegen Helgoland s. G. vom 17. Febr. 
1891 (GS. 11) §7 und wegen Hohenzollern 
s. Amtsversammlung in Hohenzollern. 
Kreispolizeibehörden. I. K. ist der Land- 
rat (s. d.). Ein eigenes begrifflich abzugren- 
zendes Gebiet der Kreispolizei neben dem- 
senigen der Orts= und Landespolizei (s. Lan- 
despolttzel) gibt es nicht. Wenn also der 
§ 127 LWVE. von der Beschwerde gegen poli- 
zeiliche Verfügungen der K., und § 145 LVG. 
von der Befugnis, kreispolizeiliche Vorschriften 
außer Kraft zu setzen, handelt, so sind damit 
Verfügungen und Polizeiverordnungen ge- 
meint, die der Landrat auf ortspolizeilichem 
oder landespolizeilichem Gebiete auf Grund 
besonderer gesetzlicher Bestimmungen erläßt. 
II. Geschichtliches. Das Gendarmerieedikt 
vom 30. Juli 1812 (GE. 141) beabsichtigte an 
Stelle des Landrats für jeden Kreis einen 
Kreisdirektor anzustellen, welcher als Folizei- 
chef aller städtischen und ländlichen Gemein- 
den die Landespolizeiangelegenheiten in erster 
Instanz verwalten und die Aufsicht über die 
unter Aufhebung der gutsherrlichen Polizei- 
gewalt einzusetzenden Ortspolizeibehörden füh- 
ren sollte. Dieses Gesetz wurde nicht ausge- 
führt. Vielmehr blieb der Landrat gemäß 
§ 33 der V. vom 30. April 1815 (GS. 85) 
Organ der Regierung als Landespolizei- 
behörde (s. Landespolizei IV, V) und 
zugleich gemäß § 36 a. a. O. Polizeiaussichts- 
behörde (s. d.) aller Ortschaften des Kreises. 
Hierbei ist es auch nach Erlaß der neuen Ver- 
waltungsgesetze verblieben (Kr O. f. d. ö. Pr. 
§ 76). Hinzugekommen ist durch die später in 
das LVE. übergegangenen und bzw. abgeän- 
derten 88 78 ff. ein selbständiges Polizeiverord- 
nungsrecht (s. Kreispolizeiverordnungen) 
sowie die Stellung einer selbständigen Instanz 
zur Entscheidung formeller Beschwerden gegen 
ortspolizeiliche Verfügungen (s. Polizeiver-- 
füzungen) 
III. Einzelne Zweige der Polizeiver- 
waltung sind dem Landrat zu eigener Verwal- 
tung überwiesen. 
1. Die Chausseepolizeis. d.) — im Gegen- 
satz zu der den Landespolizeibehörden zustän- 
digen Chausseebaupolizei —, jedoch nach neuerer 
Auffassung nur noch auf dem platten Lande, 
dagegen nicht in den kreisangehörigen Städten 
(Erl. vom 5. Juli 1900 — MBl. 232; O##. vom 
14. März 1898 — O. 33, 279; Regul. vom 
7. Juni 1844 — GS. 167 — § 10). Den Orts- 
polizeibehörden steht jedoch auch bezüglich der 
Chausseen die Uberwachung der allgemeinen ver- 
Rehrs-- und gesundheitspoltzeilichen nteressen 
(OVG. vom 25. Nov. 1901 — OVG. 40, 435; 
VG. vom 11. Okt. 1900 — OVG. 38, 444). 
Der chausseepolizeiliche Inhalt eines von der 
Ortspolizeibehörde erteilten Baukonsenses ist 
als solcher kenntlich * machen; es greifen 
dann dagegen die Rechtsmittel wie gegen 
kreispolizeiliche Verfügungen Platz (OW. 
vom 7. April 1897 — O#. 32, 338 — und 
5. Febr. 1903 — OW. 43, 370; Erl. vom 
4. April 1890 — Ml. 64). 
2. Die Jagdpolizei (36. 8 103). Dahin 
gehören die im Jagdpolizeigesetz, im Jagd- 
scheingesetz, im Wildschadengesetz und im Wild- 
  
Kreispolizeibehörden. 
schongesetz der „Aufsichtsbehörde“ oder dem 
Landrat übertragenen Obliegenheiten, auch 
die Beilegung der Befugnis zum Waffenge- 
brauch an Jagdschutzbeamte, welche von Kom- 
munen oder Privaten angestellt sind (s. Forst- 
beamte IV, sowie Erl. vom 24. Febr. 1900 — 
MVBlI. 101). In Stadtkreisen tritt die Orts- 
polizeibehörde an Stelle des Landrats. Geld- 
strafen in Jagdsachen, welche die Ortspolizei- 
behörde in Stadtkreisen festsetzt, fließen der 
Stadt, auch in Städten mit kgl. Polizeiverwal- 
tung, zu (Erl. vom 19. Nov. 1889 — Ml. 218). 
3. Die Bestimmung des G., betr. Verletzung 
der Dienstpflichten des GEesindes und 
der ländlichen Arbeiter, vom 24. April 1854 
(GS 214), wonach der Landrat die Strafe 
festzusetzen hatte, wenn die Herrschaft an der 
Lokalpolizei beteiligt war, ist durch die neueren 
Bestimmungen über die persönliche Beteiligung 
der Ortspolizeiverwalter aufgehoben. 
4. Der Landrat ist befugt, die den Orts- 
polizeibehörden überwiesenen Obliegenheiten 
nach § 2 des Ab#. z. Reichsviehseuchen- 
gesetz vom 12. März 1881 (GS. 128) für den 
einzelnen Seuchenfall und 
5. nach § 12 des G., betr. die Bekämpfung 
übertragbarer Krankheiten, vom 28. Aug. 
1905 (GS. 373) für den einzelnen Fall einer 
übertragbaren und einer gemeingefährlichen 
(G. vom 30. Juni 1900 — Rößl. 306) Krank- 
heit zu übernehmen. 
6. Aach § 4 des G., betr. die Befugnisse der 
Strombauverwaltung: vom 20. Aug. 1883 
(G#. 333) entscheidet der Landrat — in Stadt- 
kreisen die Ortspolizeibehörde — auf Antrag 
des Uferbesitzers über den. Gegenstand und 
Umfang gewisser nach § 3 a. a. O. der Strom- 
bauverwaltung einzuräumender Rechte. 
7. Die Ausstellung der Leichen pässe (Erl. 
vom 19. Dez. 1857 — Ml. 1858, 2; vom 
27. Jan. 1865 — MlBl. 26; vom 26. Juli 
1886 — UM.Bl. 184; R##BBek. vom 21. Sept. 
1900 — 3Zl. 524) steht, abgesehen von einer 
Anzahl ausdrücklich bezeichneter Städte, dem 
Landrat zu, ebenso 
8. die Genehmigung und Beausfsichtigung 
solcher Kleinbahnen, welche mehrere Polizei- 
bezirke desselben Landkreises berühren, sofern 
sie nicht mit Maschinenkraft betrieben und so- 
fern Kunststraßen nicht berührt werden (C. 
über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen 
vom 28. Juli 1892 — GS. 225 — 88 3, 22). 
9. Wegen seiner Stellung als untere Ver- 
waltungsbehörde im Sinne der Reichsgesetz- 
gebung s. Untere Verwaltungsbehörden. 
10. Die Erlaubnis zur Herstellung, zum 
Vertrieb, Besitz und zur Einführung von 
Sprengstoffen gemäß G. vom 9. Juni 1884 
(Ro#l. 61) erteilt der Landrat (AusfV. vom 
11. Sept. 1884 — Ml. 237). 
IV. Polizeiliche Strafverfügungen auf 
Grund des G. vom 23. April 1883 (G S. 65) er- 
läßt ausschließlich der Landrat in denjenigen 
Zweigen der Polizei, welche ihm zu eigener 
Verwaltung übertragen sind (Ausf Anw. vom 
8. Juni 1883 — MIBl. 152 — §8 1 Abs. 2). 
Nach früheren Erlassen soll er hierzu auch zu- 
ständig sein, weil und soweit es sich um landes- 
polizeiliche Gegenstände handelt (Erl. vom
	        
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