Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Antrag auf mündliche Verhandlung — Anzeigepflicht. 
III. Wesentlicher Inhalt des Strafan- 
trags ist nur die Bezeichnung (Anzeige) der 
strafbaren Handlung; die Bezeichnung ihrer 
rechtlichen Qualifikation und die der Person 
des Täters sind nicht erforderlich. Ein wirk- 
samer Strafantrag liegt nicht vor, wenn ihm 
Bedingungen, Vorbehalte oder Beschränkungen 
hin zugefügt sind, welche erkennen lassen, daß 
der Antragsteller, falls ihnen nicht entsprochen 
werden sollte, die Herbeiführung der Verfolgung 
überhaupt nicht beabsichtigt (R#t. 6, 152). 
Vertragsmäßige Abmachungen, durch welche 
sich der Antragsberechtigte dem Täter oder 
einem Dritten gegenüber zur Michtstellung oder 
Zurüchkhnahme des A. auf Strafverfolgung ver- 
pflichtet, sind für das staatliche Strafver- 
folgungsrecht bedeutungslos (RSt. 3, 221; 
14, 202); zivilrechtlich sind sie nicht als gegen 
die guten Sitten verstoßend nichtig (BGB. 
§ 138). Der A. muß bei der Staatsanwalt- 
schaft oder bei einem Amtsgericht schriftlich oder 
zu Protokoll und bei den Behörden und Be- 
amten des Polizei= und Sicherheitsdienstes 
schriftlich angebracht werden (St PO. 8 156). 
Ein mittels Telegramms gestellter Strafantrag 
ist als ein schriftlicher zu erachten. Unterschrift 
des Antragstellers ist notwendig, jedoch genügt 
auch Unterkreuzung, Stempelung usw., wenn 
sie für sich allein oder in Verbindung mit 
dem sonstigen Inhalte des Schriftstüchs zum 
Ausdruche bringt, daß der Inhalt des letzteren 
dem wirklichen Willen des Ausstellers ent- 
spricht. 
IV. Der A. ist binnen drei Monaten zu 
stellen. Diese Frist beginnt mit dem Tage, 
seit welchem der zum A. Berechtigte von der 
Handlung und von der Person des Täters 
Kenntnis gehabt hat (St GB. 8 61), d. i. solche 
Tatsachen, welche einen Schluß auf die Be- 
schaffenheit der Tat in ihren wesentlichen Be- 
ziehungen, insbesondere auch als einer Tat, 
deren Verfolgung von dem A. des hierzu Be- 
rechtigten abhängt, zulassen, erfahren und, 
wenn auch ohne Wissen des Aamens, eine 
solche Kenntnis von der Person erlangt hat, 
welche ihn in den Stand setzt, den Täter in 
einer für die Strafverfolgungsbehörde erkenn- 
baren Weise individuell zu bezeichnen (Rt. 
10, 141; 27, 34). Wenn von mehreren zum 
A. Berechtigten einer die dreimonatige Frist 
versäumt, so wird hierdurch das Recht der 
übrigen nicht ausgeschlossen (St SB. 8 62). 
Der A. kann nicht geteilt werden. 
Das gerichtliche Verfahren finder gegen sämt- 
liche an der Handlung Beteiligte (Täter und 
Teilnehmer) sowie gegen den Begünstiger statt, 
auch wenn nur gegen eine dieser Personen 
aul- Pestrafung angetragen worden ist (StGB. 
VI. Die Zurüchnahme des A. die an eine 
bestimmte Form nicht gebunden ist und nicht 
widerrufen werden kann (RGSt. 8, 74; 36, 64), 
ist mur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen 
(3. B. StGB. 88 247, 370 Nr. 5 u. 6; G., betr. 
das Urheberrecht an Werken der Literatur, vom 
19. Juni 1901 — REBl. 227 — § 45), und 
nur bis zur Verkündung eines auf Strafe 
lautenden Urteils zulässig. Die rechtzeitige 
Zurüchnahme des A. gegen eine der vorbe- 
  
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zeichneten Personen hat die Einstellung des 
Verfahrens auch gegen die anderen zur Folge 
(StGB. 8 64). 
VII. Verwandt mit dem Strafantrag ist die 
Ermächtigung, welche das StGEB. zur Ver- 
folgung der Beleidigung eines Bundes- 
fürsten oder des Regenten eines Bundes- 
staats (s. Majestätsbeleidigung) und zu 
der der Beleidigung gegen eine gesetzgeberische 
Versammlung des BReichs oder eines Bundes- 
staats oder gegen eine andere politische Körper- 
schaft (6197) erfordert. Sie besteht ebenfalls in 
einer auf die Bestrafung gerichteten Willens- 
erlrung wird aber nicht aus eigener Initia- 
tive des Verletzten abgegeben, sondern von der 
Strafverfolgungsbehörde eingeholt. 
Antrag auf mündliche Verhandlung. Das 
Verwaltungsstreitverfahren erster Instanz be- 
ginnt entweder durch Erhebung einer Klage 
oder durch Einlegung der Berufung an die 
Schiedsgerichte oder durch Stellung des A. 
auf mündliche Verhandlung. Dieser A. be- 
wirkt entweder die Uberleitung eines bereits 
anhängigen Beschlußverfahrens in das Ver- 
waltungsstreitverfahren (LV. 8 69), oder er 
findet innerhalb des letzteren als Rechtsbehelf 
gegen die ohne mündliche Verhandlung er- 
lassenen Vorbescheide (s. Bescheid) statt (LVo. 
§8 64, 67). Form und geschäftliche Behand- 
lung sind in beiden Fällen gleich. Der U 
bedarf keiner Begründung, doch muß er im 
ersteren Falle alles enthalten, was nach § 63 
LWVE. für den Rlageantrag erfordert wird, so- 
weit es sich nicht aus den Vorverhandlungen 
bei der Behörde ergibt (§ 69 Abs. 2). Er kann 
bis zum Schlusse der darauf anberaumten 
mündlichen Berhandlung zurüchgenommen wer- 
den. Im Falle des § 69 ist auf den A. stets 
die mündliche Verhandlung anzuberaumen 
und auf Grund derselben über seine formelle 
und materielle Zulässigkeit zu entscheiden 
Brauchitsch Bd. 1, 19. Aufl., 92 Anm. 120 
bs. 2). 
Anwaltskammer s. Rechtsanwälte IV. 
Anwaltsprozeß s. Rechtsanwälte I. 
Anwaltszwang s. Rechtsanwälte l. 
Anwärter für den Subalternbeamten- 
dienst s. Militäranwärter und Zivil- 
supernumerare. 
Anwerbungvon Deutschen für den Militär- 
dienst einer ausländischen Macht oder Zu- 
führung von Deutschen zu Werbern einer solchen 
wird nach § 141 StGB. mit Gefängnis von 
drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft. 
Der Versuch ist strafbar. 
Anzeigepflicht. I. Bei Menschenkrank- 
heiten. Dieselbe besteht nach dem G., betr. 
Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, 
vom 30. Juni 1900 (Rl. 300) für jede Er- 
krankung, jeden Fall des Verdachts einer Er- 
krankung und für jeden Todesfall an Aussatz 
(Lepro), Cholera (asiatischer), Fleckhfieber (Fleck- 
typhus), Gelbfieber, Pest (orientalischer Beulen- 
pest) und Pocken (Blattern). Außerdem ist an- 
zuzeigen nach dem Pr., betr. Bekämpfung 
übertragbarer Krankheiten, vom 28. Aug. 1905 
(GS. 373) jede Erkrankung und jeder Todes- 
fall an Diphtherie (Rachenbräune), Genickstarre 
(übertragbarer), Kindbettfieber (Wochenbett-,
	        
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