Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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höherer Verwaltungsbehörden tätig. Auf dem 
Gebiete der Fleischbeschau (s. d. sind die K. 
bei der Ausbildung und Prüfung der Fleisch- 
beschauer und Trichinenschauer, bei deren fach- 
männischer Kontrolle, als Sachverständige in 
der Beschwerdeinstanz und bei der Fleischbe- 
schaustatistik (s. d.) mit amtlichen Obliegen- 
heiten betraut (Erl. vom 20. März 1903 — 
MBI. 56 — 8§8§ 9, 12, 17, 44, 48, 50, 71, 75 ff.). 
Eine sämtliche Dienstbefugnisse und Pflichten 
der K. zusammenfassende Dienstanweisung ist 
bisher nicht erlassen, dürfte aber demnächst er- 
Hen. Abgesehen von den bisher genannten 
bliegenheiten ist der K. für seinen Dienst- 
bezirk in erster Linie als gerichtlicher Sach- 
verständiger berufen und hat ferner sein 
Augenmerk auch auf gewisse mit der Veterinär= 
polizei und der Fleischbeschau zusammen- 
hängenden Jweige des Wirtschaftslebens wie 
Biehzucht, Biehhandel, Hufbeschlag, Abdeche- 
reien, Verhehr mit Fleisch und Milch zu 
richten und seine Beobachtungen in den von 
ihm zu erstattenden Jahresveterinärberichten 
niederzulegen. Die für die Grenzkreise be- 
stellten K. (früher Grenztierärzte genannt) 
haben außer der Untersuchung der eingeführten 
Tiere auch die Aufgabe, die Viehseuchenver- 
hältnisse in den angrenzenden ausländischen 
Gebieten zu beobachten. Eine Aussicht über 
die approbierten Tierärzte in ihren Dienst- 
bezirken steht den K. nicht zu. Jedoch sind 
in allen Regierungsbezirken auf Grund eines 
Erl. vom 11. Aug. 1875 Polizeiverordnungen 
erlassen, wonach die Tierärzte sich nach Eröff- 
nung der Praxis bei dem zuständigen K. an- 
melden und ihre Approbation vorlegen müssen. 
Die K. sind, wie ihr Aame schon andeutet, in 
der, Regel für den Bezirk eines Kreises be- 
stellt. 
577 Kreisen zurzeit nur 468 etatmäßige Kreis- 
tierarztstellen vorhanden. 34 weitere Stellen 
werden jedoch von den Departementstierärzten 
(s. d.) nebenamtlich verwaltet, und es ist ferner 
* berücksichtigen, daß 87 von jenen 577 
reisen Stadtkreise sind und daß solche häufig 
zugleich mit den örtlich mit ihnen verbundenen 
Landkreisen einen Dienstbezirk für einen 8K. 
bilden. Im übrigen sind für einige Kreise 
auch mehrere K. bestellt (in Berlin z. B. sechs 
neben einer größeren Anzahl von Polizeitier= 
ärzten. s. d.). Die K. werden aus densjenigen 
approbierten Tierärzten ausgewählt, die die 
Prüfung zur Erlangung der Befähigung eines 
beamteten Tierarztes in Preußen vor der Prü- 
fungskommission der technischen Deputation für 
das Veterinärwesen (s. Deputationen, staat- 
liche lh bestanden haben. Die zurzeit gelten- 
den Prüfungsvorschriften enthält der Erl. vom 
19. Aug. 1896 (s. Beyer, Viehseuchengesetz, 4. Aufl., 
S. 388). Die Zulassung zur Prüfung darf 
für Tierärzte, die bei der Approbation das 
Prädikat „gut“ oder „sehr gut“ erhalten haben, 
frühestens zwei Jahre, im übrigen frühestens 
drei Jahre nach der Approbation erfolgen. 
Die Prüfung zerfällt in einen schriftlichen, 
einen praktischen und einen mündlichen Teil. 
Die Aufgaben und Prüfungsgegenstände be- 
iehen sich auf gerichtliche und polizeiliche 
Lierheilkunde mit Einschluß der Fleischbeschau, 
Allerdings sind bei einer Zahl von 
  
Kreistierärzte. 
Erklärung von pathologisch-anatomischen Prä- 
paraten, Untersuchung und Sektion von Tieren. 
Im allgemeinen ist nur einmalige Wieder- 
olung der Prüfungsabschnitte und der ganzen 
rüfung gestattet. Ausnahmen hat der M' . 
zuzulassen sich vorbehalten. Die K. werden 
von diesem Minister ernannt, sie unterstehen 
disziplinarisch dem Regierungspräsidenten und 
ind dem Landrat ihres Bezirks sowie den 
rtspolizeibehörden als technische Berater bei- 
geordnet. Sie besitzen den Rang zwischen der 
fünften Rangklasse und der Klasse der Refe- 
rendarien der Landesbehörden. Als Aus- 
zeichnung kann für die älteren K. die Ver- 
leihung des Charakters als Veterinärrat mit 
dem persönlichen Range der Räte fünfter Klasse 
beantragt werden (AE. vom 25. Juni 1905 — 
GS. 253). Die R. sind durchweg nicht vollbesol- 
dete Beamte und haben deshalb mit Ausnahme 
einiger Stellen namentlich in Grenzkreisen die 
Berechtigung zur Ausübung der tierärztlichen 
Praxis. Sie bezogen bis vor kurzem außer 
den staatlichen Reisekostenentschädigungen und 
amtlichen Gebühren eine feste Besoldung von 
nur 600 (in wenigen Stellen von 900) M. und 
waren auch nicht pensionsberechtigt. Diesem 
Zustande, der mit der wachsenden Bedeutung 
der veterinärpolizeilichen und fleischbeschautech- 
nischen Aufgaben allmählich unhaltbar ge- 
worden war, ist durch das G., betr. die 
Dienstbezüge der K., vom 24. Juli 1904 (G. 
169) und durch den Etat für 1905 ein Ende 
gemacht worden. Durch § 7 des gedachten, 
nach der kgl. V. vom 25. Juni 1905 (GS. 249) 
am 1. Juli 1905 in Kraft getretenen Gesetzes 
sind die K. pensionsberechtigt geworden. Sie 
beziehen sodann nunmehr nach dem Etat an 
festem Gehalt und Zulagen durchschnittlich 
2100 M., und zwar zunächst in drei nach dem 
Dienstalter abgestuften Gehaltsklassen 1200, 
1650 und 2100 M., außerdem aus einem Fonds 
von insgesamt 207900 M. Zulagen in durch- 
schnittlicher Höhe von 450 Ml. für eine Stelle. 
Die Zulagen werden zwar nicht unwiderruflich, 
aber stets für eine längere Reihe von Jahren 
bewilligt. Ihre Höhe wird namentlich unter 
Berüchsichtigung des vielfach sehr ungleichen 
Betrages der den K. außer den etatmäßigen 
Besoldungen zufließenden Einnahmen an Ge- 
bühren usw. und der mehr oder minder 
günstigen Gelegenheit zur Ausübung der Pri- 
vatpraxis bemessen. Sodann erhalten die K. 
eine Amtskostenentschädigung von 200 M. für 
jede Stelle. Endlich haben in schwer zu be- 
setzenden Stellen bisher die Kreise namhafte 
Zuschüsse an die K. gewährt. Die Departe- 
mentstierärzte beziehen für die nebenamtliche 
Verwaltung von Kreistierärztestellen außer 
der Amtskostenentschädigung jährlich 900 M. 
Die sechs K. in Berlin erhalten im Hinblick 
auf ihre sonstigen amtlichen Bezüge nur eine 
Besoldung von je 1200 M. Da bei der Be- 
rechnung der Pension auch die Zulagen und 
anderweiten amtlichen Einkünfte zu berüchsich- 
tigen sind, von welchen letzteren der Durch- 
schnitt auf etwa 1500 M. jährlich geschätzt wor- 
den ist, so sind die jener Berechnung zugrunde zu 
legenden Gesamtbeträge für die vorerwähnten 
drei Gehaltsklassen durch den Etat auf 3150,
	        
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