Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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ähnliche Verfahren in die Klasse aufgenommen 
werden können. 11. Die Fachklasse für Kunst- 
stickerei nimmt in jeder Hinsicht, durch die Art 
des Unterrichts sowohl wie durch ihre Ein- 
richtungen überhaupt, eine Ausnahmestellung 
an der Anstalt ein. Ihr Zweck ist einerseits, 
geschichte Arbeiterinnen für alle Zweige der 
unststicherei, einschließlich der Aebenarbeiten, 
andererseits Lehrerinnen für dieses Fach oder 
Vorstände für Stickereigeschäfte und ähnliche 
Anstalten auszubilden. Für jene ist die Lehr- 
zeit auf zwei, für diese auf mindestens drei 
Jahre festgesetzt. Die Klasse trägt demgemäß 
in viel höherem Grade als irgend eine andere 
(die Ziselierklasse nicht ausgenommen) den 
Charakter einer Lehrwerkstätte. Es werden 
nur Vollschülerinnen aufgenommen, Hospitan- 
ten sind ausgeschlossen. — Die Abendschule 
bildet eine im wesentlichen selbständige Ab- 
teilung, kann also auch von Schülern besucht 
werden, die an dem Tagesunterricht nicht teil- 
nehmen können. Ihr Zusammenhang mit der 
Tagesschule beruht in der Verpflichtung der 
Vollschüler, neben den Fachklassen auch ge- 
wisse Abendklassen zu besuchen, soweit sie von- 
der Direktion hierzu Anweisung erhalten. Den 
Abendschülern wird ein fest geregelter Arbeits- 
plan nicht vorgeschrieben, auch können Reine 
allgemein gültigen Forderungen bezüglich ihrer 
Vorbildung gestellt werden. Jede Klasse unter- 
liegt vielmehr in dieser Hinsicht besonderen 
Bedingungen. Die Aufnahmeprüfung besteht 
in einer einzelnen Arbeit, die innerhalb einer 
Woche fertig zu stellen ist. Der Abendunterricht 
erstrecht sich hauptsächlich auf folgende Lehr- 
fächer: Ornamentzeichnen nach flachen Vor- 
bildern, Ornament= und Schriftzeichnen, Pro- 
jektionslehre, Architekturzeichnen, Ornament- 
und Figurenzeichnen nach Gi0psabgüssen, 
Ornament= und Figurenmodellieren desgleichen, 
Zeichnen und Modellieren nach dem lebenden 
Modell (Kopf und Akt), Zeichnen und Model- 
lieren nach lebenden Pflanzen, Anatomie und 
Stilgeschichte. In allen Klassen wird der 
Unterricht an je drei aufeinanderfolgenden 
Abenden in der Woche erteilt. 
II. Breslau. Die kgl. Kunst= und Kunst- 
gewerbeschule, gegründet 1791 im Anschluß 
an das Edikt vom 26. Jan. 1790 (s. Aka- 
demie der Künste), hat den Zweck, Rünst- 
lern und Kunstgewerbetreibenden jeden Berufs 
in hünstlerischer und auch technischer Beziehung 
Gelegenheit zu möglichst vollkommener Aus- 
bildung zu gewähren. Sie umfaßt: Tages- 
klassen, Werkstätten, Abendklassen und ein 
Seminar für Zeichenlehrer und Zeichenlehre- 
rinnen. Die Aufnahme in die Schule findet 
in der Regel zu Anfang des Schulsahres, 
außerdem Anfang des Sommersemesters statt; 
in besonderen Fällen wird dieselbe auch wäh- 
rend des Semesters gewährt. Zur Aufnahme 
in die Schule ist erforderlich: a) das zurück- 
gelegte 15. Lebensjahr; b) die Vorlage von 
Schulzeugnissen und Ausweispapieren; c) eine 
ausgesprochene künstlerische Begabung. Kann 
nach vorgelegten bzw. in der Anstalt selbst 
anzufertigenden Probearbeiten eine Entschei- 
dung über die Aufnahme nicht getroffen wer- 
den, so hat sich der Neueintretende einer 
kandum vom 13. 
  
Kunststraßen. 
Probezeit zu unterziehen. Uber den Eintritt 
in eine Klasse bzw. die zu belegenden Fächer 
entscheidet bei der Aufnahme des Schülers der 
Direktor; in späteren Semestern der Direktor 
im Einvernehmen mit den betreffenden Klassen- 
lehrern. Für die Aufnahme in das Zeichen- 
lehrerseminar bestehen besondere Bestimmun- 
gen, welche sich aus der Prüfungsordnung für 
Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen ergeben. 
Der Semesterstundenplan wird für jeden 
Schüler in Lehrerkonferenzen festgesetzt. Die 
Prüfung für Zeichenlehrer und Heichnlehre- 
rinnen findet alljährlich Ende des Sommer- 
semesters statt. Im übrigen bestehen Klassen- 
prüfungen nicht. Zur Unterstützung des selb- 
ständigen Schaffens der Schüler werden in 
den verschiedenen Klassen in periodischen 
Zwischenräumen Konkurrenz= und Preisauf- 
gaben gestellt, an deren Bearbeitung die 
Schüler sich nach Belieben beteiligen können. 
Für die besten Arbeiten werden Belobigungen 
bzw. Preise erteilt. Zeugnisse, welche außer 
der Bestätigung über die Dauer des Schul- 
besuches ein Urteil über die Leistungen ent- 
halten, werden nur nach einem mindestens 
zweijährigen Besuche der Anstalt ausgestellt. 
Die von den Schülern gefertigten Arbeiten 
müssen den Lehrern sofort abgeliefert werden; 
sie sind der Schule für Ausstellungszwecke zu 
überlassen, so oft und so lange es gefordert 
wird. 
Kunststraßen. I. Allgemeines. Zuerst 
im Herzogtum Schlesien, der Grasschaft Glatz, 
in der Kurmark und in der 2eumark in An- 
griff genommen, erfuhr der Bau von K. seine 
ersten gesetzlichen Regelungen durch das Publi- 
Noo. 1787, betr. die Ob- 
liegenheiten der Untertanen im Magdeburgischen 
und Halberstädtischen beim Chausseebau, so- 
dann für Schlesien und die Grafschaft Glatz 
durch das Wegezollreglement vom 26. Aug. 
1789 und schließlich durch das Edikt vom 
18. April 1792 für die Kurmark, das dem- 
nächst unter dem 15. Juni 1803 auf die A-eu- 
mark erstrecht wurde. Das am 1. Juni 1794 
in Kraft getretene ALR. beschäftigt sich in 
II, 15 §§ 17—24 mit der Anlegung neuer 
Chausseen durch den Staat (O. 22, 203). 
Allgemeine Verkehrsbedeutung gewannen die 
K. erst, als der Staat nach der napoleonischen 
Zeit zum Ausbau eines einheitlichen Chaussee- 
netzes überging, und in noch höherem Maße, 
als er zur Beschleunigung der Entwicklung 
das System des ausschließlich staatlichen Kunst- 
straßenbaues verließ. Von den Mittteln, die 
Interessenten zum Bau von K. anzuregen, 
war die Zulassung von Athtienvereinen und 
die Ausgabe von Inhaberpapieren durch die 
Kreise zwar nur von verhältnismäßig ge- 
ringem Erfolg begleitet. Um so besser be- 
währte sich die Gewährung von Staatsprä- 
mien (bis zu 20000 Tlr. für die Meile), sowie 
die Verleihung von Hebeberechtigungen und 
der fiskalischen Vorrechte. Insbesondere be- 
gannen die Kreise sich für den Chausseebau 
zu interessieren. Ihren verwaltungsrechtlichen 
Ausdruch fanden diese Bestrebungen zur Förde- 
rung des Chausseebaus in einer Reihe von 
Bestimmungen, unter denen in technischer Be-
	        
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