1020
ähnliche Verfahren in die Klasse aufgenommen
werden können. 11. Die Fachklasse für Kunst-
stickerei nimmt in jeder Hinsicht, durch die Art
des Unterrichts sowohl wie durch ihre Ein-
richtungen überhaupt, eine Ausnahmestellung
an der Anstalt ein. Ihr Zweck ist einerseits,
geschichte Arbeiterinnen für alle Zweige der
unststicherei, einschließlich der Aebenarbeiten,
andererseits Lehrerinnen für dieses Fach oder
Vorstände für Stickereigeschäfte und ähnliche
Anstalten auszubilden. Für jene ist die Lehr-
zeit auf zwei, für diese auf mindestens drei
Jahre festgesetzt. Die Klasse trägt demgemäß
in viel höherem Grade als irgend eine andere
(die Ziselierklasse nicht ausgenommen) den
Charakter einer Lehrwerkstätte. Es werden
nur Vollschülerinnen aufgenommen, Hospitan-
ten sind ausgeschlossen. — Die Abendschule
bildet eine im wesentlichen selbständige Ab-
teilung, kann also auch von Schülern besucht
werden, die an dem Tagesunterricht nicht teil-
nehmen können. Ihr Zusammenhang mit der
Tagesschule beruht in der Verpflichtung der
Vollschüler, neben den Fachklassen auch ge-
wisse Abendklassen zu besuchen, soweit sie von-
der Direktion hierzu Anweisung erhalten. Den
Abendschülern wird ein fest geregelter Arbeits-
plan nicht vorgeschrieben, auch können Reine
allgemein gültigen Forderungen bezüglich ihrer
Vorbildung gestellt werden. Jede Klasse unter-
liegt vielmehr in dieser Hinsicht besonderen
Bedingungen. Die Aufnahmeprüfung besteht
in einer einzelnen Arbeit, die innerhalb einer
Woche fertig zu stellen ist. Der Abendunterricht
erstrecht sich hauptsächlich auf folgende Lehr-
fächer: Ornamentzeichnen nach flachen Vor-
bildern, Ornament= und Schriftzeichnen, Pro-
jektionslehre, Architekturzeichnen, Ornament-
und Figurenzeichnen nach Gi0psabgüssen,
Ornament= und Figurenmodellieren desgleichen,
Zeichnen und Modellieren nach dem lebenden
Modell (Kopf und Akt), Zeichnen und Model-
lieren nach lebenden Pflanzen, Anatomie und
Stilgeschichte. In allen Klassen wird der
Unterricht an je drei aufeinanderfolgenden
Abenden in der Woche erteilt.
II. Breslau. Die kgl. Kunst= und Kunst-
gewerbeschule, gegründet 1791 im Anschluß
an das Edikt vom 26. Jan. 1790 (s. Aka-
demie der Künste), hat den Zweck, Rünst-
lern und Kunstgewerbetreibenden jeden Berufs
in hünstlerischer und auch technischer Beziehung
Gelegenheit zu möglichst vollkommener Aus-
bildung zu gewähren. Sie umfaßt: Tages-
klassen, Werkstätten, Abendklassen und ein
Seminar für Zeichenlehrer und Zeichenlehre-
rinnen. Die Aufnahme in die Schule findet
in der Regel zu Anfang des Schulsahres,
außerdem Anfang des Sommersemesters statt;
in besonderen Fällen wird dieselbe auch wäh-
rend des Semesters gewährt. Zur Aufnahme
in die Schule ist erforderlich: a) das zurück-
gelegte 15. Lebensjahr; b) die Vorlage von
Schulzeugnissen und Ausweispapieren; c) eine
ausgesprochene künstlerische Begabung. Kann
nach vorgelegten bzw. in der Anstalt selbst
anzufertigenden Probearbeiten eine Entschei-
dung über die Aufnahme nicht getroffen wer-
den, so hat sich der Neueintretende einer
kandum vom 13.
Kunststraßen.
Probezeit zu unterziehen. Uber den Eintritt
in eine Klasse bzw. die zu belegenden Fächer
entscheidet bei der Aufnahme des Schülers der
Direktor; in späteren Semestern der Direktor
im Einvernehmen mit den betreffenden Klassen-
lehrern. Für die Aufnahme in das Zeichen-
lehrerseminar bestehen besondere Bestimmun-
gen, welche sich aus der Prüfungsordnung für
Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen ergeben.
Der Semesterstundenplan wird für jeden
Schüler in Lehrerkonferenzen festgesetzt. Die
Prüfung für Zeichenlehrer und Heichnlehre-
rinnen findet alljährlich Ende des Sommer-
semesters statt. Im übrigen bestehen Klassen-
prüfungen nicht. Zur Unterstützung des selb-
ständigen Schaffens der Schüler werden in
den verschiedenen Klassen in periodischen
Zwischenräumen Konkurrenz= und Preisauf-
gaben gestellt, an deren Bearbeitung die
Schüler sich nach Belieben beteiligen können.
Für die besten Arbeiten werden Belobigungen
bzw. Preise erteilt. Zeugnisse, welche außer
der Bestätigung über die Dauer des Schul-
besuches ein Urteil über die Leistungen ent-
halten, werden nur nach einem mindestens
zweijährigen Besuche der Anstalt ausgestellt.
Die von den Schülern gefertigten Arbeiten
müssen den Lehrern sofort abgeliefert werden;
sie sind der Schule für Ausstellungszwecke zu
überlassen, so oft und so lange es gefordert
wird.
Kunststraßen. I. Allgemeines. Zuerst
im Herzogtum Schlesien, der Grasschaft Glatz,
in der Kurmark und in der 2eumark in An-
griff genommen, erfuhr der Bau von K. seine
ersten gesetzlichen Regelungen durch das Publi-
Noo. 1787, betr. die Ob-
liegenheiten der Untertanen im Magdeburgischen
und Halberstädtischen beim Chausseebau, so-
dann für Schlesien und die Grafschaft Glatz
durch das Wegezollreglement vom 26. Aug.
1789 und schließlich durch das Edikt vom
18. April 1792 für die Kurmark, das dem-
nächst unter dem 15. Juni 1803 auf die A-eu-
mark erstrecht wurde. Das am 1. Juni 1794
in Kraft getretene ALR. beschäftigt sich in
II, 15 §§ 17—24 mit der Anlegung neuer
Chausseen durch den Staat (O. 22, 203).
Allgemeine Verkehrsbedeutung gewannen die
K. erst, als der Staat nach der napoleonischen
Zeit zum Ausbau eines einheitlichen Chaussee-
netzes überging, und in noch höherem Maße,
als er zur Beschleunigung der Entwicklung
das System des ausschließlich staatlichen Kunst-
straßenbaues verließ. Von den Mittteln, die
Interessenten zum Bau von K. anzuregen,
war die Zulassung von Athtienvereinen und
die Ausgabe von Inhaberpapieren durch die
Kreise zwar nur von verhältnismäßig ge-
ringem Erfolg begleitet. Um so besser be-
währte sich die Gewährung von Staatsprä-
mien (bis zu 20000 Tlr. für die Meile), sowie
die Verleihung von Hebeberechtigungen und
der fiskalischen Vorrechte. Insbesondere be-
gannen die Kreise sich für den Chausseebau
zu interessieren. Ihren verwaltungsrechtlichen
Ausdruch fanden diese Bestrebungen zur Förde-
rung des Chausseebaus in einer Reihe von
Bestimmungen, unter denen in technischer Be-