Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Armenstreitsachen. 
stanz der BezA. (ZG. § 39), und zwar der- 
senige, dessen Bezirt der beklagte Armen- 
verband angehört (AUW G. 8 38, LVS. 8 57). 
Nur für Entscheidungen darüber, ob das Ver- 
bleiben eines Hilfsbedürftigen, dessen Uber- 
führung verlangt worden war, in seinem bis- 
herigen Aufenthaltsorte anzuordnen ist (UW.G. 
§ 56), sowie darüber, ob ein Transport not- 
wendig oder in welcher Art er auszuführen 
ist (§ 58 das.), hat der BezA. des Aufent- 
haltsortes zu entscheiden (BAH. 12, 143; 
15, 130). 
II. Klagegrund kann nur die Ausübung 
der öffentlichen Armenpflege und die hieraus 
dem Kläger erwachsene Belastung mit Kosten 
sein, die nach dem UW G. von dem beklagten 
Armenverband zu tragen waren oder von 
ihm zu erstatten sind. Dagegen kann die 
Klage nicht auf einen privatrechtlichen Titel 
(Vertrag, Auftrag u. dgl.) gegründet werden 
(B#. 12, 119; 13, 127; 16, 158). Die Be- 
fugnis zur Klageerhebung ist nicht davon ab- 
hängig, daß der Kläger zur Armenpflege ver- 
pflichtet war, und besteht auch dann, wenn 
der Kläger ohne Verpflichtung Armenpflege 
geubt hat, sei es in irriger Annahme seiner 
erpflichtung, sei es, weil Gefahr im Verzuge 
war. Die Klage ist überall zulässig, wo ein 
Anspruch des unterstützenden Armenverbandes 
gegen einen andern Armenverband, zu dessen 
Gunsten er sonst überbürdet sein würde, auf 
Ausgleichung der Armenlast begründet ist 
GBAs. 34, 102). Andere als armenrechtliche 
Ansprüche unterliegen nicht der Entscheidung 
um armenrechtlichen Streitverfahren. Hierbei 
ist aber auch über privatrechtliche Fragen zu 
befinden (z. B. über Einreden der Zahlung 
usw.), wenn die Entscheidung über den An- 
spruch hiervon abhängt (BA. 29, 67). Die 
Zuständigkeit der Spruchbehörde erstreckt sich 
nicht (BApP. 29, 136) auf Streitigkeiten zwischen 
einem Kreis= und einem Ortsarmenverband 
über die Beitragspflicht des ersteren bei der 
außerordentlichen Armenpflege (s. Land- 
armenverbände), auch nicht auf Klagen 
31, 173), mit denen die Herauszahlung 
* von einem Armenverbande erhobenen 
Fränkengeldee des Unterstützten oder die 
Feeststellung. welchem Armenverband ein Er- 
attungsanspruch gegen einen Drittverpflichte- 
en zusteht (s. Erstattungsansprüche der 
eimenverbände V), begehrt wird. Ab- 
gesehen hiervon kann der Rlageantrag nicht 
pfte auf Erstattung von verauslagten Armen- 
alegekosten im bestimmten Betrage, sondern 
such auf Feststellung der grundsätzlichen Er- 
fall angspflicht für einen bestimmten Pflege- 
un hinsichtlich der Vergangenheit oder der 
des unft, vorbehaltlich des späteren Aachweises 
einem busages der—u erstattenden Kosten in 
nderen ' 
(Ba#. 4 erfahren, gerichtet werden 
der ine Ergänzung oder Berichtigung 
Verf lageanträge ist im Laufe des ganzen 
Klaahrens zulässig (BH. 22, 164). Auch eine 
die genhäufung darf stattfinden, mögen 
schudeblagten Armenverbände als Gesamt- 
Eiträu oder auf einmal für verschiedene 
me oder Leistungen oder derart in 
  
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Anspruch genommen werden, daß die Klage 
egen den nachfolgenden Beklagten für den 
all (eventuell) erhoben wird, daß sie gegen 
den ersten Beklagten Reinen Erfolg hat. 
Voraussetzung ist hierbei aber, daß für alle 
Beklagten dieselbe Spruchbehörde zuständig 
ist (BAH. 27, 75; 30, 159; 32, 118). Auch die 
Erhebung einer Widerklag e ist zulässig (BA#. 
27, 80). Eine Beiladung kann in erster 
Instanz erfolgen, wenn sie nach landesgesetz- 
licher Vorschrift zulässig ist (in Preußen nach 
LVG. 870), aber nicht mehr in der Berufungs- 
instanz, wenn sie in der ersten Instanz unter- 
blieben war (B#Ab. 31, 180). Zur Vertretung 
der Ortsarmenverbände sind die Vorsteher 
der betreffenden Kommunalbezirke, in Preußen 
die Gemeindevorstände, die Gutsvorsteher 
(nicht die Gutsbesitzer, falls sie von diesen 
verschieden sind) und die Vorsteher der Ge- 
samtarmenverbände befugt (BAb. 18, 155; 
19, 149; 31, 198). 
IV. Gegen die Entscheidung des Bez. 
findet die Berufung an das Bundes- 
amt für das Heimatwesen (s. d.) statt, 
soweit nicht die Organisation oder örtliche 
Abgrenzung der einzelnen Armenverbände 
Gegenstand des Streites ist (UW. 8 41). 
In letzterer Beziehung ist die Feststellung des 
BezA. nicht anfechtbar, also insbesondere hin- 
sichtlich der Fragen, zu welchem Gemeinde- 
bezirt das Grundstück gehört, auf welchem 
sich der Hilfsbedürftige aufgehalten hat (BAp. 
8, 138), ferner ob eine Ortschaft einen be- 
sonderen Gemeinde Guts-bezirk bildet oder 
nicht (BA. 14, 118), ob eine Gemeinde einem 
Gesamtarmenverband angehört (B#. 22, 166) 
u. dgl. Die Berufung findet nur gegen das 
ergangene Urteil statt, aber nicht gegen Be- 
weisbeschlüsse, prozeßleitende Verfügungen 
und sonstige das Verfahren betreffende An- 
ordnungen des BezA. (BA. 26, 140; 29, 139). 
Hier ist die Zuständigkeit des O. als Be- 
schwerdeinstanz nach LV. § 110 begründet. 
Die Berufung kann auch lediglich gegen die 
Entscheidung über die Kosten eingelegt wer- 
den (BAH. 15, 23), was in anderen Ver- 
waltungsstreitsachen nach LVG. 8 105 nicht 
zulässig ist. Sie ist bei Verlust des Bechts 
mittels binnen 14 Tagen nach Behändigung 
der Entscheidung des Bez. bei diesem 
schriftlich einzulegen (AlWG. § 46). Die Becht- 
fertigung der Berufung kann entweder gleich- 
zeitig mit der Anmeldung oder innerhalb 
weiterer vier Wochen dort eingereicht werden. 
Ihre Unterlassung hat (abweichend von dem 
preußischen Verwaltungsstreitverfahren) den 
Verlust des Rechtsmittels nicht zur Folge. 
Von sämtlichen Schriftsätzen und ihren An- 
lagen sollen Abschriften beigefügt werden 
(UWS. 8 46). Die Berufung steht einem Bei- 
geladenen nur dann zu, wenn er durch die 
ergangene Entscheidung in seinen eigenen 
Rechten verletzt worden ist (BApH. 33, 110). 
Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft 
wahrt die Einlegung der Berufung durch 
einen von ihnen die Frist auch für die übrigen 
(BA. 31, 73). Eine Wiedereinsetzung gegen 
die Versäumung der Frist (BaA#. 21, 177) oder 
ein Anschluß an die Berufung des Gegners 
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