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(BA#. 2, 113) ist nicht zulässig. Die Berufung
kann vor der Behändigung (BAb#. 4, 107),
aber nicht vor Erlaß des Urteils (BA. 12,
139) angemeldet werden. Die Entscheidung
darüber, ob die Berufung rechtzeitig ange-
meldet worden ist, steht nicht dem Bez.,
sondern nur dem Bundesamt zu (B. 32,
157). Die an sich zulässige Erweiterung des
Klageantrags durch den Berufungstkläger
kann nicht auf eine in erster Instanz nicht
verlangte Ubernahme des Hilfsbedürftigen ge-
richtet sein (BAp. 27, 165). Die eingegan-
genen Abschriften der Berufung und ihre
Rechtfertigung werden von dem BezA. der
Gegenpartei zur schriftlichen Gegenerklärung,
die innerhalb vier Wochen nach der Be-
händigung zu erfolgen hat, zugefertigt. Aach
Ablauf dieser Frist übersendet der BezA.
die Berhandlungen dem Bundesamt (UWG.
§8 47, 48). Erachtet dieses vor Fällung des
Urteils eine Beweisaufnahme oder sonstige
Aufklärung für nötig, so erfolgt diese unter
Vermittelung des BezA. (§ 49). Andernfalls
werden die Parteien oder ihre Vertreter
zur mündlichen Verhandlung vor das Bun-
desamt geladen. Nachdem diese stattgefunden
hat, ergeht das Urteil, das den Parteien
durch Vermittlung des Bez. zugestellt wird.
Ein weiteres Rechtsmittel ist gegen das Urteil
des S nicht zulässig (UWG. 88§ 50
bis .
V. Die Vollstreckung des Urteils er—
folgt auf Antrag durch den BezA. Auch
aus einem Anerkenntnisse des in Anspruch
genommenen Armenverbandes, durch wel-
ches die Ausweisung eines Hilfsbedürftigen
gegen Gewährung einer bestimmten Unter-
stützung durch den zur Ubernahme (s. d.) ver-
pflichteten Armenverband ausgeschlossen worden
ist, findet die Zwangsvollstrechung statt
(AW#. 8 53). Solange ein Verfahren schwebt,
das den Versuch einer solchen Einigung oder
den Erlaß einer Anordnung betrifft, wonach
die Ausweisung zu unterbleiben hat, bleibt
die Vollstrechbarkeit der Entscheidung der
ersten Instanz ausgesetzt (UW G. 8§ 57). Im
übrigen ist die Entscheidung erster Instanz
sofort vollstreckbar. ird sie durch die einer
höheren Instanz endgültig aufgehoben, so hat
die zur Entscheidung in erster Instanz zu-
ständige Behörde des Armenverbands, der die
Vollstrechung erwirkt hatte, diese und ihre
Folgen rüchgängig zu machen (UW. 8 54).
Die bei der Ausweisung entstehenden Trans-
portkosten gelten als Teil der Unterstützuns-
Rkosten (AW#. § 58). Ist ein Armenverband
laut Bescheinigung der ihm vorgesetzten Be-
hörde zahlungsunfähig, so hat ihm der Land-
Brenrervand (. or die zur Erfüllung seiner
ung erforderliche Beihilfe zu ge-
währen (UWG. 8 59). hilfe zung
VI. Zur Vermeidung des Streitverfahrens
vor dem BezA. kann eine Erledigung der
Streitigkeiten zwischen preußischen Armen-
verbänden in einem schiedsrichterlichen
oder sühneamtlichen Vermittelungs-
verfahren vor dem KroSt) A. erfolgen. Der
gütliche Sühneversuch erfolgt auf Antrag
eines Teils, solange noch keine Klage im
Armenunterstützung.
Verwaltungsstreitverfahren erhoben worden
ist, das schiedsrichterliche Verfahren nur auf
Antrag beider streitenden Teile. Das Ver-
fahren ist im wesentlichen das gleiche, wie
in Verwaltungsstreitsachen. Die Entscheidung
des Kr A. ist endgültig und vollstreckbar (ZG.
§& 43 Nr. 1; AG. z. UW. vom 8. März 1871
§§ 60—62).
VII. Während die Gemeinden in Armen-
angelegenheiten nach § 8 Mr. 2 des GRG. vom
25. Juni 1895 (GS. 203) von der Zahlung
der Gerichtsgebühren befreit sind, steht
ihnen eine gleiche Befreiung. für das Ver-
waltungsstreitverfahren in A. nach § 107
Ar. 5 des LV. in Preußen nicht zu. Da-
gegen ist nach § 107 Ar. 3 desselben G. ein
ostenpauschguantum in dem schiedsrichter-
lichen oder fühneamtlichen Vermittlungsver-
fahren bei dem Kr A. nicht zu erheben. Ebenso
erfolgen die Entscheidungen des Bundesamts
nach § 50 des UWbS. gebührenfrei. Auch
den Landarmenverbänden steht aus § 107
Ar. 5 des L. ein Anspruch auf Kosten-
freiheit im preuß. Verwaltungsstreitverfahren
nicht zu.
Trmenunterstützung. I. (Hilfsbedürftig-
keit.) Jeder Deutsche, der dem Geltungsbereich
des UW. vom 6. Juni 1870 angehört, ist in
bezug auf die Art und das Maß der im Falle
der Hilfsbedürftigkeit zu gewährenden öffent-
lichen Unterstützung als Inländer zu behan-
deln. Seine Ausweisung wegen Hilfsbedürf-
tigkeit nach seinem Heimatstaat gemäß 8 7
Freizüg G. und gemäß des Gothaer Vertrages
(l. d.) ist ihm gegenüber unzulässig (§&1 des UW.)
und nur den Staatsangehörigen Bayerns und
Elsaß-Lothringens gegenüber noch statthaft.
In welcher Art und in welchem Maße Unter-
stützung zu gewähren ist, bestimmt die Gesetz-
gebung jedes einzelnen Staates (§ 8 des UW.),
in Preußen das A-G. vom 8. März 1871
(GS. 130), zu welchem eine MInstr. vom
10. April 1871 (MBl. 132) erlassen ist. Hier-
nach ist jedem hilfsbedürftigen Deutschen Ob-
dach, der unentbehrliche Lebensunterhalt,
die erforderliche Pflege in Krankheitsfäl-
len und im Falle seines Ablebens ein ange-
messenes Begräbnis zu gewähren. Die Unter-
stützung Rkann geeignetenfalls, solange sie in
Anspruch genommen wird, mittels Unterbrin-
gung in einem Armen= oder Krankenhause,
sowie mittels Anweisung der den Kräften des
Hilfsbedürftigen entsprechenden Arbeiten außer-
halb oder innerhalb eines solchen Hauses ge“
schehen. Gebühren für geistliche Amtshand-
lungen sind im Wege der Armenpflege nicht
zu entrichten (§ 1 des A.). Hilfsbedürftig-
keit liegt nach der Rechtsprechung des BAH .“
der in nachstehendem gefolgt ist, dann vor,
wenn die betreffende Person weder verfüg-
bare Geldmittel zur Beschaffung der bezeich-
neten Bedürfnisse besitzt noch imstande ist,
sie sich durch Arbeit zu erwerben, noch sie
von anderer Seite erhält (BAb#. 33, 20). Der
Besitz von Vermögen schließt die Hilfs-
bedürftigkheit nicht aus, wenn und solange es
nicht sofort verwertbar ist, wie z. B. der Besitz
eines Rleinen hoch verschuldeten Grundstüches,
von ausstehenden Forderungen, die erst ge-