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lich Arzte, Apotheker, Hebammen, Kranken-
anstalten, Entbindungsanstalten) von der Ar-
menverwaltung allgemein ermächtigt waren,
für deren Rechnung in dringenden Fällen Hilfe
ohne besonderen Auftrag zu gewähren, und
auf Grund dieser Ermächtigung Hilfe geleistet
hatten (BApH. 22, 75; 32, 47).
II. (Arten der Unterstützung.) Die Ge-
währung von Obdach kann durch Unterbrin-
gung in einem Gemeindehause (Armenhause)
oder bei einem Gemeindeglied, insbesondere
in sehr kleinen Gemeinden abwechselnd im
Reihenzuge der Gemeindeglieder, oder durch
Anmietung einer Wohnung oder durch Zahlung
einer Mietsbeihilfe erfolgen (BAp. 11, 122).
Die Anschaffung des notwendigen Hausrats
kann ebenfalls zur Beschaffung des Oddachs
gehören (B###. 31, 34). Zum unentbehrlichen
ebensunterhalt gehört außer dem Obdach
die erforderliche Nahrung, Kleidung und Hei-
zung. Auch hierin muß die Unterstützung nach
ihrer Art, ihrem Betrage und ihrer Dauer dem
vorhandenen Bedürfnis entsprechen. In der
Regel werden dem Hilfsbedürftigen Geldbeträge
zur Beschaffung von Lebensmitteln gewährt.
Doch kann unter Umständen auch die Hergabe
von Kartoffelland an eine Arbeiterfamilie und
die Vorausbezahlung eines Pachtzinses für
Gartenland (BAP. 27, 63) eine zwechmäßige
Form der Unterstützung sein. Kleidungs-
stüche sind nur zu verabfolgen, soweit sie mit
Rüchsicht auf die Jahreszeit unentbehrlich sind
(GBAßh. 18, 61). Doch ist zum Zweck der Auf-
nahme in eine Anstalt das nach Bestimmung
ihres Reglements Notwendige zu gewähren
(GAs. 9, 91). Ein Konfirmationsanzug ist
nur dann herzugeben, wenn das Kind ohne-
dies eines neuen Anzuges bedurfte (BA#.27,47).
Krankenpflege ist zu gewähren, soweit sie
zur Beseitigung des Krankheitszustandes oder
zur Verhütung seiner Verschlimmerung erfor-
derlich ist. Auch teuere Heilmittel müssen ver-
abreicht werden, wenn dieser Zweck durch bil-
ligere Mittel nicht erreicht werden kann. Daher
gehört auch die Unterbringung von Schwind-
süchtigen in einem Lufthurort, von siechen Kin-
dern in besonderen Kinderheilstätten, die Unter-
bringung Kranker, die in ihrer Wohnung die
erforderliche Pflege nicht finden können, in
Krankenanstalten (BApH. 30, 54; 32, 58), die
Vornahme chirurgischer Operationen (BA.
9, 44 11, 54: 30, 123), die Unterbringung Geistes-
kranker in Irrenanstalten (BAH. 26, 78) zu den
Aufgaben der Armenpflege. Hierzu werden
endlich auch gerechnet die Kosten der Anschaf-
fung Rkünstlicher Gliedmaßen (Stelzfuß, künst-
liche Arme und Beine, BAH. 2,6; 7, 53; 13, 102;
27, 49), aber nicht die eines Glasauges, ferner
die Zosten einer Krätzur (BA. 25, 112) und
der Reinigung von Ungeziefer (BAH. 26, 88).
Die Heilung und Pflege von mittellosen ge-
meingefährlichen Geisteskranken ist dann eine
Aufgabe der Armenpflege, wenn sie in ihrem
eigenen Interesse erforderlich ist, weil sie ihr
eigenes Leben und ihre Gesundheit gefährden
Können, dagegen eine polizeiliche Aufgabe,
wenn nur der Schutz anderer Personen vor
dem Geisteskranken in Frage kommt (B2#.
28, 76; 32, 62; 36, 119; 37, 71). Zu den Kosten
Armenunterstützung.
der Armenpflege gehören auch die Kosten der
ärztlichen Untersuchungen und Bescheinigungen
(BA. 28, 75; 29, 65), der Wartung und Be-
wachung eines Geisteskranken (BA. 15, 64),
der Hinschaffung in das nächste geeignete
Krankenhaus und der Zurüchkschaffung von
dort (BA#. 26, 87; 27, 42; 31, 37). Die Be-
erdigung im Wege der Armenpflege umfaßt
auch das Waschen der Leiche, die Beschaffung
des Leichenhemdes (BA. 10, 73) und des Be-
gräbnisplatzes (BAp. 13, 103; 14, 65), sowie
das Belegen des Grabhügels mit Rasen. Da-
gegen sind die Husgaben für Glockenläuten,
achtwachen bei der Leiche (BA. 10, 73; 16, 80),
Desinfektion des Sterbezimmers (BAb#. 20, 99)
und geistliche Amtshandlungen (BAb. 10, 73)
keine Aufwendungen der Armenpflege. Auch die
Beerdigung einer Person, die zu ihrer Lebens-
zeit Reine A. erhalten hat (eines im Gefängnis
Verstorbenen, der aufgefundenen Leiche eines Un-
bekannten), Kkann Gegenstand der Armenpflege
sein (BAH. 8, 78; 21, 99). Unterricht, Er-
ziehung und Ausbildung für einen Beruf
sind in Preußen Reine Aufgabe der öffentlichen
Armenpflege (BAH. 11, 49). Daher liegt dieser
nicht ob die Bezahlung von Schulgeld und die
Beschaffung von Schulbüchern, ferner nicht die
Ausbildung von blinden, taubstummen oder
idiotischen Kindern in besonderen Anstalten
(Be. 27, 53; 28, 83). Jedoch sind die Rosten
des Unterhalts hilfsbedürftiger Kinder in Er-
ziehungsanstalten insoweit Armenpflegekosten,
als sie auch sonst für die Beschaffung des not-
dürftigen Lebensunterhalts aufgewendet wer-
den müßten (BAH. 36, 18). — Die Kosten der
Fürsorgeerziehung sind durch das G. über
die Fürsorge Minderjähriger vom 2. Juli 1900
(G#. 264) zum Teil den Armenverbänden auf-
erlegt worden. Trotzdem sind sie keine Armen-
pflegekosten im Sinne des UW. Etbenso=
wenig gehören zu den Armenpflegekosten die
Aufwendungen der Landarmenverbände für
Unterbringung bestrafter Personen ge-
mäß SteE. § 362 in Besserungsanstalten.
Reiseunterstützungen an mittellose Wan-
derer sind keine Armenpflegekosten (Bb#. 28,
89). Kann aber der Hilfsbedürftigkeit einer
Person durch Ermöglichung einer Reise zu
ihren Angehörigen am schnellsten und billigsten
abgeholfen werden, so ist die Gewährung der
Reisekosten zu diesem Zwecke auch eine Auf-
gabe der Armenpflege (BA. 22, 149). Unter
der außerordentlichen Armenlast wird
die der Landarmenverbände obliegende Für-
sorge für Geisteskranke, Idioten, Epileptische,
Taubstumme und Blinde verstanden (s. Ar-
menpflege und Landarmenver=
bände)h.
III. (Anspruch auf Unterstützung.) Einen
Anspruch auf Unterstützung kann ein Hilfsbe-
dürftiger gegen den Träger der Armenlast (I.
Armenverbände) niemals im Rechtswege
geltend machen (A#G.z. UW G.8# 63). Er kann nur
im Verwaltungswege über Verweigerung der
erforderlichen Unterstützung Beschwerde führen.
Die Entscheidung über die Beschwerde gegen
einen Ortsarmenverband erfolgt, wenn eine
Stadt von mehr als 10000 Einw. an dem
Armenverbande beteiligt ist, durch den BezA.,