Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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leistungen vom 13. Juni 1873 — RGBl. 129 — 
§ 25 Ar. 3); ferner Beschränkung der Zwangs- 
vollstrechung gegen A. durch Verbot der Pfän- 
dung der zur Ausübung des Berufs erforder- 
lichen Gegenstände sowie anständiger Kleidung 
(3PO. vom 20. Mai 1888 — RGBl. 410 — 
§ 811 Nr. 7), Straffreiheit bei Beteiligung am 
Zweitzampf (StB. § 209). Endlich darf nach 
29 Abs. 1 GewO. nur ein approbierter Arzt 
seitens des Staats oder der Gemeinde als 
solcher anerkannt oder mit amtlichen Funk- 
tionen betraut werden; dies gilt insbesondere 
für Gefangen-, Anstalts-, Schulärzte, für die 
Wahrnehmung des Impfgeschäfts (s. Impfgesetz 
vom 8. April 1874 — Rönl. 31 — 3 8) un 
grundsätzlich auch für die Wahrnehmung der 
ärztlichen Funktionen auf dem Gebiete der 
Kranken-, Unfall-, Invalidenversicherung. 
V. Andererseits liegen den A. kraft ihres 
Berufs gewisse besondere Pflichten ob, bei 
deren Verletzung sie verschärften Strafen unter- 
liegen, so insbesondere Wahrung ihnen in 
ihrem Beruf anvertrauter Privatgeheimnisse 
(ogl. St SEB. § 300); vgl. ferner über Bestrafung 
wegen fahrlässiger Körperverletzung (Kunst- 
fehler) St S B. § 230 Abs. 2, wegen Ausstellung 
falscher Zeugnisse St B. §§ 277—280, wegen 
Unzuchtsvergehen in Anstalten § 174 Ar. 3 
das. S. auch bezüglich der Verpflichtung zur 
Anzeige von Geburten PStö. vom 6. Febr. 
1875 (REl. 23) 8 18 Nr. 3, Verpflichtung zur 
Anzeige anstechender Krankheiten § 2 des G., 
betr. Bekämpfung gemeingefährlicher Krank- 
heiten, vom 30. Juni 1900 (REnBl. 300). 
VI. In seiner êNAiederlassung ist der A. 
unbeschränkt, es sei denn, daß er wegen Ver- 
brechen oder grober Vergehen gerichtlich be- 
straft ist (G., betr. Aufnahme neu anziehender 
Personen vom 31. Dez. 1842 — GS. 1843, 5 — 
§ 2 Ar. 2). Auf Grund des § 8 dieses G. 
ist der Arzt auch zur polizeilichen Anzeige von 
seiner Aiederlassung gemäß der darüber in 
den einzelnen Orten bestehenden Polizeiver-= 
ordnungen (vgl. Erl. vom 11. Dez. 1875 — 
AWBl. 1876, 5) verpflichtet; der 8 14 GewO. 
findet auf A. keine Anwendung. — Die Aus- 
übung der Heilkunde in den Grenz- 
gebieten des Deutschen Reichs ist durch Ver- 
träge mit den Nachbarstaaten Belgien (Röl. 
1873, 55), den Aiederlanden (Röl. 1874, 99), 
Luxemburg (REl. 1884, 19), Osterreich-Ungarn 
(R#l. 1883, 39) und der Schweiz (Re#l. 
1884, 45) dahin geregelt, daß sie den beider- 
seitigen A. in gleichem Maße gestattet ist unter 
eachtung der im Nachbarstaate bestehenden 
Vorschriften und mit der Beschränkung, daß 
die A. Arzneimittel an die Kranken, abge- 
sehen von dem Falle drohender Lebensgefahr, 
nicht verabreichen dürfen. — Ein staatliches 
Aufsichtsrecht über die A. besteht nicht, 
eine Vereidigung der A. findet nicht statt; 
die Polizeibehörde ist aber auf Grund ihrer 
medizinalpolizeilichen Befugnisse berechtigt, die 
Durchführung ihrer Anordnungen auch gegen 
durch Zwangsmaßregeln zu erzwingen 
(OV. 31, 270). — S. auch Kreisärzte, 
Arztekammern, Arztliches Ehren- 
gericht, Medizinalpersonen, Militär- 
ärzte. « 
  
  
Arztekammern. 
Arztekammern sind die gesetzlich geordneten 
Standesvertretungen der Arzte; ihnen steht zu 
die Erörterung aller Fragen und Angelegen- 
heiten, welche den ärztlichen Beruf oder das 
Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege 
betreffen, oder welche auf die Wahrnehmung 
und Vertretung der ärztlichen Standesinter- 
essen gerichtet sind; sie sind befugt, innerhalb 
ihres Geschäftskreises Vorstellungen und An- 
träge an die Staatsbehörden zu richten, sie 
sollen von den Staatsbehörden über ein- 
schlägige Fragen gutachtlich gehört werden. 
Die Organisation der beruht auf der V. 
vom 25. Mai 1887 (GS. 169), abgeändert durch 
d die V. vom 21. Juli 1892 (GS. 222), vom 
20. Mai 1898 (GS. 115), vom 23. Jan. 1899 
(G##. 17) in Verb. mit dem G., betr. die ärzt- 
lichen Ehrengerichte und das Umlagerecht der 
A., vom 25. Nov. 1899 (GS. 565), insbesondere 
§8 49 ff. Danach besteht für jede Provinz 
eine A., in der Regel am Sitze des Ober- 
präsidenten, der die allgemeine Staatsaussicht 
über die Kammer führt; die Mitglieder werden 
für einen dreijährigen Zeitraum gewählt. 
Wahlbezirke sind die Regierungsbezirke; 
Militär= und Marineärzte sind weder aktiv 
noch passiv wahlberechtigt, im übrigen sind 
wahlberechtigt und wählbar alle Arzte des 
Wahlbezirks, sofern sie Reichsangehörige und 
im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind; 
von je 50 Wahlberechtigten ist ein Mitglied 
und ein Stellvertreter zu wählen, mindestens 
aber für jede Kammer zwölf Mitglieder und 
Stellvertreter. Die Kammer wählt einen Vor- 
stand, welcher aus einem Vorsitzenden und 
mindestens vier weiteren Vorstandsmitgliedern 
bestehen muß. Der Vorstand vertritt die 
Kammer nach außen und vermittelt ihren 
Verkehr mit den Staatsbehörden. Jede A 
wählt zwei Vertreter zum Provinzial= und 
Medizinalkollegium und einen Vertreter zur 
wissenschaftlichen Deputation für das Medizinal- 
wesen, welche zu Beratungen über allgemeine 
Fragen oder besonders wichtige Gegenstände 
der öffentlichen Gesundheitspflege mit voller 
Stimme zuzuziehen sind. — Die A. besitzt 
keine Korporationsrechte; sie wird in ver- 
mögensrechtlichen Angelegenheiten durch ihre 
Kasse vertreten (G. vom 25. Aov. 1899 — GS. 
565 — §50); sie ist befugt, zur Dechung ihres 
Kassenbedarfs von ihren wahlberechtigten Mit- 
gliedern Beiträge zu erheben und im Ver- 
waltungszwangsverfahren einzuziehen (s. 88 49 
und 53 das.); die Höhe der Beiträge und Fest- 
setzung des Beitragsfußes unterliegt der Ge- 
nehmigung des Oberpräsidenten. 
Als Zentralorgan sämtlicher A. ist durch V. 
vom 6. Jan. 1896 (GS. 1) gebildet der Arzte- 
kammerausschuß. Er hat seinen Sitz in 
Berlin, besteht aus je einem Delegierten jeder 
A., steht unter unmittelbarer Aufsicht des 
M-iinisters der Medizinalangelegenheiten und 
hat die Aufgabe, zwischen den A. und dem 
Minister, bzw. zwischen den einzelnen Kam- 
mern untereinander eine vermittelnde Tätig- 
keit zu üben, insbesondere die ihm von dem 
Winister üÜberwiesenen Vorlagen und die von 
den A. oder von seinen eigenen Mitgliedern 
an ihn gerichteten Anträge vorzuberaten und
	        
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