Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Aufzüge. 
gebung verfahren in der Zurechnung der A. 
nicht konsequent: sie zählen die Verbrauchs- 
steuern und Zölle selbstverständlich zu den 
indirekten Steuern, ebenso aber auch Hunde-, 
Lustbarkeits= und Luxussteuern, dagegen 
Mietssteuern zu den direten. Wenn im 
8§ 23 K;2. die teilweise Ersetzung der 
Gemeindeeinkommensteuer durch A. zuge- 
lassen ist, so sind hier nach der Atbsicht 
der Staatsregierung nur Miets-, Woh- 
nungs= und ähnliche Steuern gemeint, d. h. 
Steuern auf solche Arten des Aufwandes, 
deren Umfang allgemein in einem gewissen 
Verhältnis zur Höhe des Einkommens zu 
stehen pflegt und deshalb einen Rückschluß 
auf diese zuläßt. 
In dem Runderlaß der Minister der Finan- 
zen und des Innern vom 22. Dez. 1894 sind 
Gemeindesteuern auf Klaviere, andere Musik- 
instrumente, Fahrräder, Wagen, Pferde und 
Automaten als, zumal in kleineren Gemeinden, 
zur Genehmigung ungeeignet bezeichnet und 
ist bemerkt, daß Luxussteuern ihre Berechti- 
gung als Sonderbesteuerung der wohlhaben- 
deren Klassen gegenüber einer teils degressiven 
teils progressiven Einkommensteuer mit De- 
klarationspflicht mehr oder weniger verloren 
hätten; daher würden auch für große Ge- 
meinden nur ausnahmsweise und aus be- 
sonderen Gründen, z. B. gegenüber einer 
Gemeindeeinkommensteuer, welche die Pro- 
gression der Staatssteuer aufgegeben oder 
abgeschwächt hat, technisch genügend aus- 
gestaltete Luxussteuern und auch nur dann, 
wenn sie ein für den Gemeindehaushalt ins 
Gewicht fallendes Erträgnis mit Sicherheit 
erwarten ließen, zuzulassen sein. Es sind 
daher für unzulässig erklärt u. a. auch Steuern 
auf Katzen, Eänse, Tauben, flüssige Kohlen- 
Rure usw. Vgl. im übrigen die Artikel über 
le einzelnen in diesem Artikel genannten 
teuern. 
Aufzüge. I. Unter einem öffentlichen Auf- 
zuge wird eine Menschenmenge verstanden, 
* als ein geschlossenes Ganzes in der 
ffentlichneit von einem Orte zu einem 
anderen fortbewegt (OV. vom 6. Febr. 1903 
Pr#WVBl. 25, 45), gleichviel, ob die Fort- 
dewegung in einem Gehen, Reiten oder Fahren 
esteht und ob in letzterem Falle hierzu Wagen, 
vahrräder oder Schiffe benutzt werden (KE. 
##cn 2. April 1893 — Goltdammers Arch. 
11. A. sind durch § 10 der V. vom 
wendlärz 1850 (6. 277) hinsichtlich der Not- 
den agkeit! einer polizeilichen Genehmigung 
in ffentlichen Versammlungen unter freiem 
wenmel (s. Versammlungen) gleichgestellt, 
on sie in Städten oder Ortschaften ändlichen 
erfornplätzen) oder auf öffentlichen Straßen 
it ugen. Bei Einholung der Genehmigung 
I#r beabsichtigte Weg anzugeben. 
vorger einer Genehmigung und selbst keiner 
gangigen Anzeige bedürfen gewöhnliche 
f" „c enbegängnisse, sowie Züge von 
gebrobetsversammlungen, wo diese her- 
ahacht sind, hirchliche Prozessionen, Wall- 
ncht en und Bittgänge aber nur dann 
finden venn sie in der hergebrachten Art statt- 
— Ein Leichenbegängnis ist dann 
  
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ein nicht gewöhnliches, wenn mit ihm eine 
über die Zweckhe der Leichenbestattung hinaus- 
gehende Absicht verfolgt und durch die be- 
sondere Art der Ausführung die öffent- 
liche Ordnung gefährdet wird (KG. vom 
4. Jan. und 19. Mai 1892 — KJ. 12, 239; 
13, 370). Dies ist nicht schon dann der Fall, 
wenn ein dissidentischer Geistlicher mitwirkt 
(OV. 31, 421), wohl aber wenn bei dem 
Leichenbegängnisse von Laien Reden gehalten 
werden (O#. 16, 389; NG. vom 21. Jan. 
1901 — 8K J. 21 C 98. Die Zulässigkeit 
solcher Laienreden kann durch Polizeiverord- 
nung von einer polizeilichen Erlaubnis ab- 
hängig gemacht werden (ME. vom 29. Sept. 
1886 — Mhl. 246). Auch kann ein Leichen- 
begängnis deshalb ein ungewöhnliches sein, 
weil es zu einer politischen Demonstration 
benutzt wird (KG. vom 20. Febr. 1896 — 
KGJ. 17, 427). — Die Züge von Hochzeits— 
versammlungen bedürfen in den Gegenden, 
wo solche Züge schon vor dem Inkrafttreten 
der V. vom 11. März 1850 üblich gewesen 
sind, keiner Erlaubnis, gleichviel, ob sie in 
der üblichen oder in einer andern Form vor 
sich gehen. — Kirchliche Prozessionen, 
Wallfahrten und Bittgänge sind nur 
dann ohne polizeiliche Genehmigung zulässig, 
wenn sie an dem betreffenden Ort sowie für 
die betreffende Zeit hergebracht sind und in 
der dort hergebrachten Art erfolgen (Erl. 
vom 26. Aug. 1874 — AlBKM. 201), wobei 
jedoch unwesentliche Abweichungen nicht in 
Betracht Kkommen (OW. 36, 429). Unter einer 
kirchlichen Prozession wird ein festlicher mit 
gottesdienstlichen Feierlichkeiten veranstalte- 
ter kirchlicher Umzug zu gottesdienstlichen 
Zwecken verstanden. Dem Orte nach ist eine 
Prozession auch dann hergebracht, wenn der Ort 
zu einem Landgebiete gehört, in welchem sich 
ein Herkommen dahin gebildet hat, daß die 
Prozession bald hier, bald dort stattfindet (Or. 
vom 18. März 1875 — QCr. 16, 234). Der 
Zeit nach kann das Herkommen auch dahin 
geben, daß die Prozession nicht an bestimmten 
alendertagen, sondern an gewissen beweglichen 
kirchlichen Festtagen (Ostern, Pfingsten) statt- 
findet (OTr. vom 17. Sept. 1862 — Or. 3, 5). 
Auch solche A., die hiernach einer polizei- 
lichen Genehmigung nicht bedürfen, können 
auf Grund besonderer Umstände, die nach 
anderen Gesetzen als dem Vereinsgesetz ein 
polizeiliches Berbot rechtfertigen, z. B. wegen 
der bei einer Epidemie bestehenden Anstechungs- 
gefahr, untersagt oder beschränkt werden 
(OVS#. 23, 413). Das Verhalten der Polizei 
gegenüber den Prozessionen, Wallfahrten und 
Bittgängen ist durch den Erl. vom 26. Aug. 
1874 (MBl. 201) näher geregelt. 
III. Andere A. als die bezeichneten, insbe- 
sondere die der Innungen, Schützengilden, 
Studentenverbindungen, sind nur mit volizei 
licher Erlaubnis zulässig (KG. vom 5. Mai 
1881 — KO#. 2, 248). Dies trifft auch auf 
Schüleraufzüge zu, die aus außerordentlichen, 
nicht lediglich in Erfüllung der Schulpflicht 
und innerhalb der Einrichtung der Schulanstalt 
liegender Veranlassung und nicht auf An- 
ordnung der Schulaufsichtsbehörde erfolgen
	        
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