Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Auseinandersetzungsbehörden. 
örtlich abgegrenzten, festen Geschäftsbezirke, 
vielmehr werden Stellen im Verwaltungswege 
je nach Bedarf eingerichtet. Spezialkommissare 
werden in der Regel dauernd und aus,schließ- 
lich angestellt; ausnahmsweise können auch 
Staats= und Gemeindebeamte sowie die Mit- 
glieder der Generalkommission mit der Wahr- 
nehmung der Geschäfte eines Spezialkommis- 
sars beauftragt werden (Abl G. vom 2. Alärz 
1850 — GS. 77 — § 108; ErgG. vom 2. März 
1850 — GS. 139 — Art. 15). Die Berufs- 
kommissare sind entweder Juristen (Regierungs- 
assessoren und -räte) oder landwirtschaftliche 
Techniker (Okonomiekommissare und eräte); 
für letztere ist ministeriell ein besonderer Aus- 
bildungsgang vorgeschrieben. Die Juristen 
müssen sich die erforderlichen landwirtschaftlichen 
Kenntnisse erwerben, und erhalten, wenn sie 
diese nachgewiesen haben, die „technische Qua- 
lifikation“ (ersten oder zweiten Grades) be- 
sonders beigelegt. Erst dann sind sie zur selb- 
ständigen Abgabe landwirtschaftlicher Gutachten 
befähigt. Die Spezialkommissare sind nicht- 
richterliche Beamte und unterstehen dem Dis- 
ziplinargesetz vom 21. Juli 1852 (G S. 465). 
Die Auseinandersetzungen werden der Regel 
nach durch Verhandlungen an Ort und Stelle 
vorgenommen. Ohne Auftrag der General- 
kommission dürfen aber die Kommissare sich 
solchen Auseinandersetzungen nicht unterziehen, 
wie sie überhaupt nur die Organe der Ge- 
neralkommission sind und deren Leitung in 
jeder Beziehung unterstehen. Eine selbständige 
Entscheidungsbefugnis steht ihnen — ausge- 
nommen den einzigen Fall des Erlasses eines 
Interimistiums (s. Auseinandersetzungsver- 
fahren unter II a. E.) — nicht zu. Sie sind 
befugt, zum Zwecke der Erfüllung ihrer 
Mlichten ohne Rüchfrage bei der General- 
kommission alles dasjenige zu verfügen und 
von den Parteien und jedem Dritten zu for- 
dern, was behufs der ordnungsmäßigen Re- 
gelung der ihnen übertragenen Geschäfte er- 
rorderlich ist. Streitigkeiten haben sie zur 
tscheidung der Generalkommission vorzube- 
deiten, zu „instruieren“ (V. vom 20. Juni 1817 
7 954q G. vom 18. Febr. 1880 und 22. Sept. 
99 — GS. 284 — 5 78). 
d Zur Ausführung der Messungsarbeiten wer- 
urn den Kommissaren von der Generalkom- 
mission besondere Vermessungsbeamte über- 
wesen. die hinsichtlich der Leitung der Geschäfte 
ihm ommissaren unterstellt sind, aber zu 
i in keinem Disziplinarverhältnisse stehen. 
* tinem Kommissar mehrere Vermessungs- 
einene zugeteilt sind, wird der Regel nach 
der uwon ihnen die Geschäftsleitung betreffs 
hre Nigen übertragen („Oberlandmesser“). 
durch echte und Pflichten sind durchweg 
regeh esondere ministerielle Anweisungen ge- 
3. Kreisvermittlun « 
. « gsbehörden. Zur 
klorgerung gütlicher Auseinandersetzungen 
jedem nach 2 der V. vom 30. Juni 1834 in 
gebilder reise eine „Kreisvermittlungsbehörde“ 
-Kreis und zu dem Zwecke zwei bis sechs 
1 verordnete durch den Kreistag gewählt 
werdenon der Generalkommission bestätigt 
Diese werden aber für eine solche 
  
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vermittelnde Tätigkeit schon lange nicht mehr 
verwendet; dagegen werden sie noch als Gut- 
achter, insbesondere bei Planstreitigkeiten, so- 
wie zur Abgabe von Gutachten darüber, ob 
von einer beantragten Zusammenlegung eine 
erhebliche Verbesserung der Landeskultur zu 
erwarten, im Geltungsgebiet des G. vom 
2. April 1872 (GS. 329) in Anspruch genom- 
men. Die Kreisvermittlungsbehörden üben ihre 
Tätigkeit unter der Leitung der Landräte und 
der Generalkommissionen aber nur auf An- 
rufen der Beteiligten aus. Die einzelnen 
Kreisverordneten können ferner mit der Er- 
ledigung kommissarischer Geschäfte beauftragt 
werden (V. vom 30. Juni 1834 § 19), Miit- 
glieder eines Schiedsgerichts bei Streitigkeiten. 
Über die Bonitierung (a. a. O. § 32) sein und 
endlich als Sachverständige bei der Abschätzung 
von Rentengütern zugezogen werden (G. vom 
7. Juli 1891 — GS. 279 — § 9). 
4. Oberlandeskulturgericht. Das Ober- 
landeskulturgericht hat seinen Sitz in Berlin 
und besteht aus einem Präsidenten und min- 
destens acht Mitgliedern, welche sämtlich mit 
der landwirtschaftlichen Gewerbslehre vertraut 
und der Mehrzahl nach zum Richteramte be- 
fähigt sein müssen. Präsident und Mitglieder 
werden vom Könige ernannt. Jedes Miitglied 
hat bei Beratungen, einerlei, ob es sich um 
juristische oder landwirtschaftlich-technische An- 
gelegenheiten handelt, eine Stimme, bei Stim- 
mengleichheit entscheidet die Stimme des Vor- 
sitzenden. Das Gericht entscheidet in der Be- 
setzung von mindestens fünf Richtern mit 
Einschluß des Vorsitzenden. Auf Präsident 
und Mitglieder finden die Bestimmungen des 
Disziplinargesetzes vom 7. Mai 1851 (G. 218) 
§8 65—69 Anwendung. 
Das Oberlandeskulturgericht ist zuständig 
für die Berufung gegen Entscheidungen der 
Generalkommissionen, sowie für das Rechts- 
mittel der Beschwerde — nicht zu verwechseln 
mit der Beschwerde im Aufsichtswege — gegen 
Entscheidungen der Generalkommissionen. Ihm 
kann aber auch die Entscheidung auf Be- 
schwerden im Aufsichtswege — für die sonst 
der Minister zuständig ist — von diesem in 
einzelnen Fällen übertragen werden. Das 
Oberlandeskulturgericht ist die letzte Instanz 
für Streitigkeiten in eigentlichen Auseinander- 
setzungsangelegenheiten; nur soweit Streitig- 
keiten über solche Rechtsverhältnisse zu ent- 
scheiden sind, welche außerhalb eines Aus- 
einandersetzungsverfahrens Gegenstand eines 
Rechtsstreites hätten werden können und dann 
in den ordentlichen Rechtsweg gehört hätten, 
ist gegen die Entscheidung des Oberlandes- 
kulturgerichts die Revision an das Peichs= 
gericht zulässig (G. vom 18. Febr. 1880/22. Sept. 
1899 § 66; V. vom 26. Sept. 1879 — RGBl. 
287 — §5 1). Solche Fälle kommen nur selten 
vor; seit Einführung dieser Zuständigkeit des 
Reichsgerichts im Jahre 1880 sind an dieses 
nur 174 Revisionen gegen Berufungsurteile 
des Oberlandeskulturgerichts gelangt, von 
denen 143 als unbegründet zurückgewiesen, 
31 dagegen als begründet erklärt worden sind. 
Durch besondere Gesetze sind dem Oberlandes- 
kulturgericht auch noch einige Michtauseinander=
	        
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