Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Auseinandersetzungsverfahren mit Ausschluß der Prov. Hannover. 143 
die Bonitierung, so tritt ein schiedsrichterliches 
Verfahren unter Zuziehung von Kreisverord- 
neten ein (V. 17 §5 113 ff.; V. 34 88 3 ff.). 
Auf Grund der Vermessung und Bonitierung 
wird eine „Sollhabenberechnung"“, d. h. eine 
Zusammenstellung angefertigt, in der für jeden 
Teilnehmer berechnet ist, mit welchem Werte 
er an dem Gegenstande der Auseinander- 
setzung beteiligt ist. Auch diese wird den Be- 
teiligten zur Anerkennung vorgelegt. Sind 
auf diese Weise die Unterlagen für eine Aus- 
einandersetzung der Beteiligten beschafft, so 
wird zur Aufstellung des „Auseinander- 
setzungsplanes“ geschritten. Dieser hat sich 
den örtlichen Verhältnissen anzupassen und die 
Wünsche der Beteiligten möglichst zu berück- 
sichtigen; diese sind sedoch für den Kommissar 
nur soweit bindend, als die Wahl des Ab- 
findungsmittels gesetzlich der Bestimmung der 
Beteiligten überlassen ist. Bei der Aufstellung 
des Planes ist namentlich auf die Beschaffung 
eines ausreichenden Wege= und Grabennetzes, 
auf die Ermöglichung oder Ausführung von 
Meliorationen, aber auch im übrigen auf 
möglichst volltkommene Planlagen Bedacht zu 
nehmen (AG. vom 7. Juni 1821 § 9); aus 
ihm muß genau ersichtlich sein, was jeder 
einzelne erhalten und wie der Zustand der 
Feldmark hünftig sein soll. Der Ausein- 
andersetzungsplan wird den Beteiligten an 
t und Stelle verdeutlicht und ihnen dann 
zur Anerkennung vorgelegt. Entstehen dabei 
Streitigkeiten über die Planlage, so steht es 
den Beteiligten frei, darauf anzutragen, daß 
darüber die Rreisvermittlungsbehörde gehört 
werde (V. 17 § 187; V. 34 § 35; V. vom 
22. Aov. 1844 § 19). Ist die Anerkennung 
des Planes beschafft, so erfolgt seine Aus- 
hrung, und zwar entweder in dem durch 
Einigung der Beteiligten oder durch die 
Generalkommission bestimmten Zeitpunkte. 
Unter besonderen Verhältnissen kann die Aus- 
Vörung auch trotz des Widerspruches einzelner 
Veteiligter angeordnet werden. Nach der 
: 17 galt als Regel, daß die Ausführung 
at nach der Rezeßbestätigung stattfinden solle 
gee 17 8§ 202 ff.; V. vom 22. Aov. 1844 8 6), 
Ale Regel ist aber im Laufe der Zeit zur 
Ausnahme und die damalige Ausnahme — 
Usführung vor der Rezeßbestätigung — zur 
Aegel geworden. 
Zur Ausführung der Auseinandersetzung 
gLhört nicht allein die Ubergabe der neuen 
di findungen, deren Grenzversteinung, sowie 
d erstmalige Instandsetzung der gemeinschaft- 
ichen Anlagen, Wege, Gräben ufw., sondern gu 
auch die Berichtigun 
g des Grundbuchs und 
Verhaupt Ordnung aller derjenigen Rechts- 
setzuon tnisse, welche infolge der Auseinander- 
bleiens nicht in ihrer seitherigen Lage ver- 
auch en können (V. 17 §§ 196 ff.), insbesondere 
baren r. Verhältnisse zwischen den unmittel- 
krann. eilnehmern und Dritten (Pächtern, Ad#eß- 
Auf Vern- Hypothebengläubigern u. dgl. m.). 
gestellorund des ausgeführten endgültig fest- 
czirken Auseinandersetzungsplanes hat die 
steuer sregierung die Fortschreibung der Grund- 
vom W Amts wegen zu veranlassen (G. 
Juni 1875 — G6S 325 — 8 2). Uber 
  
den Zeitpunkt, wann das Eigentum an Ab- 
findungsstüchen übergeht, s. Gemeinheits- 
teilungen. 
Nachdem die Ausführung geschehen, ist vom- 
Kommissar der „Rezeß“ zu errichten. Dieser 
muß eine deutliche und bestimmte Beschreibung 
des Ergebnisses der Auseinandersetzung hin- 
sichtlich des Hauptgegenstandes und der Aeben- 
punkte enthalten und den demnächst auf der 
Feldmark geltenden neuen Zustand und die 
Rechtsverhältnisse der dem Verfahren unter- 
worfen gewesenen Grundstücke erkennen lassen. 
Er enthält nicht nur privates, sondern auch 
öffentliches Recht und bildet in dieser Be- 
ziehung einen Teil der Ortsverfassung. Der 
Entwurf ist vor seiner Bollziehung von der 
Generalkommission zu prüfen, die dabei das 
ganze Verfahren des Kommissars und den 
Inhalt des Rezesses in Beziehung auf Be- 
stimmtheit, Deutlichleit und Aktenmäßigkeit, 
die Legitimation der Beteiligten, die Frage, 
ob die von ihr wahrzunehmenden Interessen 
der entfernteren Teilnehmer ausreichend ge- 
wahrt sind, ob seine Bestimmungen dem 
öffentlichen, insbesondere dem Landeskultur- 
interesse entsprechen u. dgl. m. zu berüchsich- 
tigen hat. 
Der Rezeß ist demnächst von den Beteiligten 
vor dem Kommissar zu vollziehen und von 
der Generalkommission zu „bestätigen". Der 
so vollzogene Rezeß schließt das Berfahren — 
worauf die Beteiligten besonders aufmerksam 
zu machen sind — dergestalt ab, daß die zu- 
gezogenen Beteiligten nicht nur mit beinen 
Einwendungen wegen der in ihm bestimmten 
Gegenstände, sondern auch mit Reinen Nach- 
forderungen auf Rechte, die den Gegenstand 
des Verfahrens bildeten oder darin zu regeln 
waren, weiter gehört werden können (V. 17 
§ 170). Auf Grund des Rezesses sind etwa 
noch vorgekommene Abänderungen des Aus- 
einandersetzungsplanes im Kataster fortzu- 
schreiben, und ebenso ist auf seiner Grundlage 
das Grundbuch endgültig zu berichtigen (V. 17 
§ 197; G. vom 26. Juni 1875; AEG. zur GB0. 
Art. 12, 13; GB0. 8§ 39). Der Rezeß hat die 
Wirkung einer gerichtlich bestätigten Urkunde, 
aus der die Zwangsvollstrechung auch gegen 
etwaige Besitznachfolger (Akab O. vom 18. Dez. 
1841 — GS. 482, 17). und zwar durch die 
Generalkommission, stattfindet (V. 17 § 205; 
G. 80/99 § 93). Ausfertigung des Rezesses 
und der zugehörigen Karten werden dem 
Landratsamt zur Aufbewahrung übersandt; 
auch die Beteiligten erhalten eine Ausferti- 
ng. 
ber die Ausführung der Auseinander- 
setzung muß eine von den Beteiligten zu 
vollziehende, die Art der Ausführung im ein- 
zelnen nachweisende „Ausführungsverhand- 
lung" ausgenommen und von der General- 
kommission bestätigt werden. Erfolgte die 
Ausführung vor der Rezeßbestätigung, so 
wird die Verhandlung in Verbindung mit der 
Rezeßvollziehung, andernfalls aber selbständig 
aufgenommen (V. 17 F 201). 
Das vorstehend geschilderte Berfahren geht 
davon aus, daß die Beteiligten in den Ter- 
minen erscheinen und die erforderlichen Er-
	        
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