Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Auseinandersetzungsverfahren in der Provinz Hannover. 
diese Geschäfte auf eine besondere General- 
Kkommission in Hannover übertragen worden, 
deren Verfassung derjenigen der übrigen Gene- 
ralkommissionen im allgemeinen entspricht. Da 
auch an Stelle des hann. Md. in seiner 
Eigenschaft als den Landdrosteien in Streitig- 
keiten übergeordneten Berufungsinstanz das 
Oberlandeskulturgericht getreten ist, so herrscht 
betreffs Generalkommission und Oberlandes- 
kulturgericht jetzt Ubereinstimmung mit den 
alten Provinzen. Dagegen liegen in der 
Lokalinstanz noch erhebliche Abweichungen 
vor. In dieser Beziehung ist zwischen Real- 
lastenablösungssachen einerseits und Gemein- 
heitsteilungs= und Zusammenlegungssachen 
andererseits zu unterscheiden. Für erstere sind 
eine bestimmte Anzahl von Ablösungsdistrikten 
für jeden Regierungsbezirk gebildet, und für 
einen jeden solchen Distrikt wird ein der Rechte 
kundiger Ablösungskommissar ernannt. Bei 
diesem sind sowohl die gütlichen Vereinigungen 
über Ablösungen behufs Rezeßbestätigung 
vorzulegen, als auch die Provokationen auf 
unfreiwillige Ablösungen anzubringen. Jede 
Partei kann die Zuziehung eines von ihr 
gewählten Beisitzers zu dem Verfahren ver- 
langen, welcher mit dem Kommissar die er- 
sorderlichen Entscheidungen erster Instanz kolle- 
gialisch fällt. Diese Kommission ist den Be- 
hörden erster Instanz gleichgestellt und führt 
unter der oberen Leitung der Generalkom- 
mission das ganze Geschäft zu Ende (V. vom 
10. Nov. 1831 — Hann. GS. Abt. I S. 209 — 
und vom 23. Juli 1833 — a. a. O. Abt. I 
S. 147; ogl. auch die amtliche Darstellung in 
der Z. f. Landeskulturgesetzgebung 18, 325). 
Die Gemeinheitsteilungen, Servitutablösun- 
gen und Verkoppelungen wurden früher eben- 
falls durch Teilungskommissionen bearbeitet, 
die aus einem Rechtskundigen (in der Regel 
einem Mitgliede der Obrigkeit) und einem 
Techniker bestanden, der aus der Zahl der 
vom Ministerium angestellten und der Land- 
drostei (Generalkommission) zur Verteilung in 
ihrem Bezirk überwiesenen Landesökonomie- 
beamten zu wählen war. Beide Beamte hatten 
gleiche Rechte und Pflichten, entschieden ge- 
meinschaftlich und besorgten die übrigen Ge- 
# äfte je nach ihrer mehr rechtlichen oder 
chnischen Natur einzeln. Ihre Meinungsver- 
1 iedenheiten waren der Landdrostei (General- 
dommission) vorzulegen. Die Kommission stand 
lä Untergerichten gleich (G. vom 30. Juni. 
* Hann. GS. Abt. I S. 145; G. vom 
¾ ov. 1856 — a. a. O. Abt. I S. 437; G. 
om 28. Dez. 1862 — a. a. O. Abt. I S. 415). 
u vo"ß eine Sache der Teilungskommission über- 
Ollen wurde, mußte vor der gewöhnlichen 
berfrigkett der belegenen Sache“ ein „Vor- 
neh abren stattfinden, in dem über die „Statt- 
wurd gkeit“ des gestellten Antrags befunden 
(66 6“ Durch das G. vom 17. Jan. 1883 
missio cßsind an die Stelle der Teilungskom- 
be treinen einzelne Kommissare getreten, so daß 
fs der Gemeinheitsteilungen usw. jetzt 
annähernd di 
in den alten eselbe Organisation besteht, wie 
rovinzen. 
arbinstchtlich der Zuständigkeit besteht die 
bweichung von dem altpreuß. Ver- 
  
147 
fahren, daß einesteils in jedem Auseinander- 
setzungsverfahren Streitigkeiten über die 
Existenz und den Umfang der Ablösungs- 
gegenstände, sowie Streitigkeiten über Be- 
rechtigungen, welche unabhängig von einer 
Teilung oder Ablösung hätten entstehen können 
und dann in den Weg BRechtens gehört haben 
würden, den ordentlichen Gerichten zur Ent- 
scheidung zu überweisen sind (V. vom 10. Wo#v. 
1831 § 45; AblO. vom 23. Juli 1833 § 288; 
VfG. vom 30. Juni 1842 8 2) und daß 
andernteils die Ablösungs= und die Teilungs- 
kommission die erste Instanz bilden und eine 
dementsprechende selbständige Entscheidungs- 
befugnis haben. 
II. Das Verfahren ist ebenfalls für Real- 
lastenablösungen einerseits, Gemeinheitsteilun- 
gen, Verkopplungen und Servitutablösungen 
andererseits verschieden geordnet. Bei Sachen 
der ersten Art hat die Ablösungskommission 
die Regulierung zu bewirken, die Entschädigung 
soweit nötig unter Zuziehung von Sachver- 
ständigen zu ermitteln, entstehenden Streit 
aber, sofern gütliche Beilegung nicht zu er- 
reichen ist, zu instruieren und zu entscheiden. 
Gegen eine solche Entscheidung findet der 
Rekurs an die Generalkommission und gegen 
deren Entscheidung bei Objekten über 600 M. 
Rekurs an das Oberlandeskulturgericht statt 
(V. vom 10. Aov. 1831 §§ 41—48; Abl O. vom 
23. Juli 1833 8§§ 235 ff.; V. vom 16. Aug. 
1867 § 2). Uber die Auseinandersetzung ist 
ein Rezeß aufzunehmen und von der Ablösungs- 
kommission zu bestätigen. 
Das Verfahren in Gemeinheitsteilungs--, 
Verkoppelungs= und Servitutablösungssachen 
war früher geordnet durch die G. vom 30. Juni 
1842 (Hann. GS. Abt. 1 S. 145), G. vom 
8. Nov. 1856 (a. a. O. Abt. 1 S. 437), G. vom 
28. Dez. 1862 (a. a. O. Abt. 1 S. 415) und G. 
vom 13. Juni 1873 (GS. 357), ist aber durch 
das G. vom 17. Jan. 1883 (GS. 7) erheblich 
umgestaltet und mehr den Hauptgrundsätzen 
des altpreuß. Verfahrens angepaßt worden. 
Das Verfahren ist in allen Teilen von Amts 
wegen zu leiten, und zwar liegt diese Leitung 
dem Kommissar selbständig ob; gegen seine 
„Entscheidungen", die er über alle streitigen, 
durch Beschlüsse der Teilnehmer oder durch 
Vergleiche nicht zu beseitigenden Gegenstände 
zu erlassen hat, wobei subsidiär auch die Vor- 
schriften der ZPO. zur Anwendung zu bringen 
sind, findet die Berufung an die General- 
kommission und gegen deren Entscheidung die 
Berufung an das Oberlandeskulturgericht statt. 
Solche Berufungen müssen binnen vier Wochen 
beim Kommissar eingelegt und gerechtfertigt 
werden (G. vom 17. Jan. 1872 § 24). Wird 
ein Antrag, der schriftlich oder mündlich und 
zwar bei der Generalkommission anzubringen 
ist, gestellt, so wird zunächst ein Vorver- 
fahren darüber eröffnet, ob er gesetzlich be- 
gründet ist. Dieses Verfahren wird von dem 
ommissar — nicht, wie früher, von der ordent- 
lichen „Obrigkeit“ — geleitet und schließt mit 
der Entscheidung der Generalkommission dar- 
über ab, ob der Antrag „stattnehmig“ ist. 
Ist die Stattnehmigkeit rechtskräftig ausge- 
sprochen, so folgt das Hauptverfahren. 
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