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Beginn in ortsüblicher Weise bekanntzumachen;
auf den Lauf der Rechtsmittelfrist ist aber die
A. ohne Einfluß (Gew St. 8§ 31, 32; AusfAnw.
hierzu Art. 40). Eine A. der Warenhaus-
steuerrolle findet nicht statt (Ausf Anw. zum
Warenhaussteuergesetz Art. 26 Abs. 3).
In der Gemeindebesteuerung erfolgt bei
Erhebung von besonderen Gemeindesteuern,
nicht von Zuschlägen bzw. Prozenten der Staats-
bzw. staatlich veranlagten Steuern, die Benach-
richtigung der Steuerpflichtigen durch zwei-
wöchige A. der Hebeliste, sofern nicht durch
Gemeindebeschluß besondere Mitteilung an je-
den einzelnen Pflichtigen angeordnet ist (KAG.
§ 65 Abs. 2 u. 4). Auch die Unterverteilung
der Kreissteuern auf die einzelnen Pflichtigen
muß durch A. oder Bekanntmachung der Hebe-
liste boer besondere Mitteilung erfolgen (OV.
1, 74).
II. Wegen A. von Wählerlisten s. Abge-
ordnetenhaus II., Reichstagswahlen I,
Gemeindewahlen, Stadtverordneten-
wahlen; Wahlen zur Handelskammer (. d.
IV3; zur Handwerkskammer daselbst IV;
wegen A. des Plans bei Enteignungen da-
selbst Vla, bei Strombauten s. Flüsse (öffent-
liche) IV; von Jagdpachtverträgens. Jagd-
bezirke IIc.
uslieferungen. I. Die A. flüchtiger Ver-
brecher ist ein Akt internationaler Rechts-
hilfe, eine völkerrechtliche Pflicht des Zufluchts-
staates, soweit sie durch besondere Ausliefe-
rungsverträge begründet ist (Liszt, Völkerrecht,
3. Aufl., S. 257). Ohne solche Verträge steht
jedem Staate das Recht zu, ausländische flüch-
tige Verbrecher in seinem Gebiete zu dulden,
ein Asyl zu gewähren. Das Asylrecht ist somit
völkerrechtlich betrachtet ein Recht des Zu-
fluchtsstaates, während ein Asylrecht des aus-
ländischen Flüchtlings nicht besteht. Von der
Ausweisung unterscheidet sich die A. dadurch,
daß sie auf Antrag und im Interesse des
Heimatsstaates erfolgt, während die Aus-
weisung von dem Staate, in welchem sich der
Auszuweisende aufhält, im eigenen Interesse
angeordnet wird, weil das eigene Staatswohl
die Entfernung des betreffenden Ausländers
erfordert.
II. Die Voraussetzungen der A. und
das Auslieferungsverfahren sind durch
eine große Zahl von Einzelverträgen geregelt,
—F denen die nachstehenden die wichtigsten
nd:
1. Beschluß der deutschen Bundesver—
sammlung vom 26. Jan. 1854 wegen gegen-
seitiger A. von Verbrechern usw. (G. 359 ff.,
555). Derselbe hat jetzt noch Gültigkeit in
bezug auf Osterreich-Ungarn.
2. Auslieferungsverträge Preußens: a) mit
Frankreich vom 21. Juni 1845 (GS. 579), er-
weitert durch Gegenseitigheitserklärungen (ogl.
Allg. Vf. vom 23. Sept. 1899 — M.l. 185);
b) mit den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika vom 16. Juni 1852 (GS. 1853, 645);
e) mit Spanien vom 5. Jan. 1860 (GS. 129);
d) mit Rußland vom 13. Jan. 1885 (abgedruckt
in Ar. 20 des Beichsanzeigers vom 23. Jan.
1885).
3. Auslieferungsverträge des Deutschen
Auslieferungen.
Reiches: a) mit Italien vom 31. Okt. 1871
(Röl. 446); b) mit Großbritannien vom
14. Mai 1872 (Röl. 229); c) mit der Schweiz.
vom 24. Jan. 1874 (Rl. 113); c) mit Belgien
vom 24. Dez. 1874 (REGl. 73); c) mit Luxem-
burg vom 9. März 1876 (REl. 223); mit
Schweden und Norwegen vom 19. Jan. 1878
(Ro#l. 110); g) mit Großbritannien, betr. die
Deutschen Schutzgebiete, vom 5. Mai 1894
(RohBl. 535); h) mit den Niederlanden vom
31. Dez. 1896 (Röl. 1897, 731).
Wie aus vorstehender Zusammenstellung er-
sichtlich, werden nach Errichtung des Deutschen
Reiches die Auslieferungsverträge in der Regel
vom BReiche abgeschloffen. Dieselben bedürfen
nach Art. 11 . in Verb. mit Art. 4 Ziff. 1
der Zustimmung des BR. und der Genehmigung
des RT. Die Zuständigkeit der Einzelstaaten ist
durch die Reichsverfassung jedoch nicht beseitigt,
und Preußen hat auch — ebenso wie Bayern —
noch im Jahre 1885 einen Auslieferungsvertrag
mit Rußland abgeschlossen. In Preußen be-
dürfen derartige Verträge nach Art. 48 Vl.
nicht der Zustimmung des Landtages.
III. Grundsätzlich werden die eigenen
Staatsangehörigen nicht ausgeliefert,
und zwar auch dann nicht, wenn das Ver-
brechen im Auslande begangen ist. Ferner
ist die A. im allgemeinen ausgeschlossen, wenn
nach dem Rechte des ersuchten Staates die
Verjährung eingetreten ist, auch wenn die Tat
nach der Gesetzgebung des ersuchenden Staates
noch nicht verjährt ist. Endlich darf nach dem
Grundsatze der „Spezialität“ der Ausgelieferte
nur wegen derjenigen Tat abgeurteilt werden,
wegen deren die A. beantragt und bewilligt
ist. Stimmen die Auslieferungsverträge in
diesen allgemeinen Grundsätzen im wesentlichen
überein, so weichen sie doch hinsichtlich des
Umfanges der A. erheblich voneinander ab.
Am weitesten geht der Osterreich-Ungarn gegen-
über noch wirksame Bundesbeschluß vom
26. Jan. 1854, nach welchem die A. wegen
aller gemeinen Verbrechen und Vergehen (mit
Ausnahme der Abgabedefraudationen und der
Ubertretungen von Polizei= und Finanzgesetzen)
zu erfolgen hat, welche auch nach dem Straf-
rechte des ersuchten Teiles als solche anzusehen
sind. In der großen Mehrzahl der übrigen
Verträge wird die Auslieferungspflicht da-
egen auf bestimmt bezeichnete Verbrechen und
ergehen beschränkt. Wegen Ubertretungen,
Zoll= und Steuerkontraventionen wird in der
Regel nicht ausgeliefert. Abweichend hiervon
setzt der preuß.-russ. Auslieferungsvertrag für
eine Anzahl von Verbrechen (Hochverrat, Mord,
verbotene Herstellung usw. von Sprengstoffen)
die Auslieferungspflicht fest, während es im
übrigen den freundnachbarlichen Erwägungen
der beiden Staaten überlassen wird, ob auch
wegen anderen Verbrechen und Vergehen den
Auslieferungsanträgen Folge gegeben werden
soll. Grundsätzlich ausgeschlossen ist die A.
wegen politischer Delikte, doch ist dieser Grund-
satz insofern durchbrochen, als der Königs-
mord in den neueren Verträgen von dem den
politischen Verbrechern im allgemeinen gewähr-
ten Alylrecht ausgeschlossen wird. Auch die
deutschen, seit 1874 abgeschlossenen Verträge