164
der Auswanderer angehalten werden (§ 32).
Im Interesse einer sicheren Beförderung der
Auswanderer ist sodann noch den Unter-
nehmern die Verpflichtung auferlegt, für die
Seetüchtigkeit, die vorschriftsmäßige Einrich-
tung, Ausrüstung und Verproviantierung der
Schiffe Sorge zu tragen (6 33). Uber die Er-
füllung dieser Vorschriften findet bei jedem
einzelnen Auswandererschiffe eine amtliche
Kontrolle statt (§ 34), auch wird der Gesund-
heitszustand der Auswanderer durch eine vor-
ängige ärztliche Untersuchung festgestellt G 35).
ie Ausführungsvorschriften hierzu sind von
dem Bundesrate durch Bek., betr. Vorschriften
über Auswanderungsschiffe, vom 14. März 1898
(#ae- 57) (s. Auswanderungsschiffel er-
assen.
f) Zur Mitwirkung bei Ausübung der dem
Reichskanzler auf dem Gebiete des A. zu-
stehenden Befugnisse ist ein sachverständiger
Beirat gebildet, welcher aus einem vom
Kaiser ernannten Vorsitzenden und mindestens
14 vom Bundesrate gewählten Beisitzern be-
steht (§ 38). Derselbe hat die Aufgabe, einer-
seits die Fühlung des Reichskanzlers als
Konzessionsstelle mit den Interessentenkreisen
und anderseits den Ausgleich widerstreitender
Interessen dieser Kreise untereinander herzu-
stellen- Die Mitwirkung des Beirats ist der
atur der Sache nach nur eine beratende und
erstreckt sich namentlich auf Auskunftser-
teilungen und prinzipielle Konzessionierungs-
fragen, über welche er gehört werden mu
§ 39). In die Beaufsichtigung des
teilen sich die Landesbörden und die Organe
des Reiches in der Weise, daß jenen die un-
mittelbare Uberwachung durch besonders dazu
bestimmte Behörden an denjenigen Hafenplätzen.
obliegt, wo Unternehmer zugelassen sind (§ 40),
während diesen mehr eine allgemeine Kon-
trolle und die Wahrung der Reichsinteressen
obliegt. Als Organe des Reiches funktionieren
in den Hafenorten Bremen, Hamburg und
Stettin die in Bremen und Hamburg ange-
stellten Reichskommissare, welche, wie ein-
gangs bereits hervorgehoben, auf Grund des
Art. 4 Ar. 1 RNV. schon früher ernannt waren,
und deren Stellung und Tätigkeit durch das
Auswanderungsgesetz eine gesetzliche Regelung
erfahren hat (§ 41). Diese Regelung beschränkt
sich auf die allgemeinen Grundzüge, während
im übrigen die Rechte und Pflichten der Reichs-
kommissare durch eine besondere Instr. vom
13. Mai 1898 festgesetzt sind. Die danach
von den Beichskommissaren über ihre Tätig-
keit und ihre Wahrnehmungen alljährlich zu
erstattenden Berichte werden dem Beichstage
vorgelegt. Im Auslande werden die Obliegen-
heiten der Kommission behufs Wahrnehmung
der Interessen deutscher Auswanderer von den
Kais. Konsuln (s. d.) wahrgenommen, denen er-
forderlichenfalls besondere Kommissare als Hilfs-
beamte beigegeben werden hönnen (§ 41 Abs. 4).
8) Durch kais. Verordnung können mit Zu-
simmung des Bundesrats zur Regelung der
eförderung von Auswanderern und Passa-
gieren auf deutschen Schiffen, welche von
außerdeutschen Häfen ausgehen, dieselben
Vorschriften hinsichtlich der Einrichtung und
Auswärtiges Amt.
des Betriebes usw. erlassen werden, wie für
die von deutschen Häfen ausgehenden Schiffe
(§5 42). Von dieser Befugnis, welche für die
Rüchkhwanderung aus Anmerika (s. d.) von Be-
deutung sein würde, ist noch kein Gebrauch
gemacht, da ein Bedürfnis hierzu bis jetzt nicht
hervorgetreten ist.
h) Neben den Strafbestimmungen in den
§§ 43—47 gegen die Unternehmer und Agenten
usw. bedroht der § 48 denjenigen mit Strafe,
der eine Frauensperson zu dem Zwecke, sie
der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen,
mittels arglistiger Verschweigung dieses Zweches
zur Auswanderung verleitet, oder hierbei
wissentlich Hilfe leistet. Diese Strafandrohungen
sind dazu bestimmt, dem immer mehr bemerk-
baren internationalen Mädchenhandel entgegen-
zuwirken (s. Mädchenhandel).
III. Die überseeische Auswanderung aus
Deutschland, welche zeitweilig einen sehr
großen Umfang angenommen hatte und sich
1891 noch auf 120089 Personen bezifferte, ist
seitdem erheblich zurückgegangen und betrug
1904 nur noch 27984 Personen. Die Aus-
wanderung erfolgt fast ausschließlich über
Hamburg und Bremen, und das Auswan-
derungsziel ist nach wie vor überwiegend
Ao#rdamerika. Von den 27984 deutschen Aus-
wanderern des Jahres 1904 wandten sich
26085 nach den Vereinigten Staaten von
Aordamerika. Aeben den deutschen Aus-
wanderern wählt alljährlich eine große An-
zahl fremdländischer Staatsangehöriger, na-
mentlich aus Rußland und Osterreich-Ungarn,
den Weg über die deutschen Häfen. Die Zahl
dieser Auswanderer betrug 1904 219 096, von
ihnen wurden 185 454 nach den Vereinigten
Staaten von Nordamerika befördert, darunter
80 892 Russen und 99 888 österr.-ung. Staats-
angehörige. Aäheres s. Durchwanderer.
A6euerdings nimmt auch die Rüchwanderung,
namentlich aus Nordamerika, einen erheblichen
Umfang an, so daß sie zu besonderen behörd-
lichen Maßnahmen Veranlassung gegeben hat-
-äheres s. Rüchwanderer. #
Auswärtiges Amt. Die Wahrnehmung der
auswärtigen Angelegenheiten des ehemaligen
Aorddeutschen Bundes wurde anfänglich durch
das Preuß. Ministerium der auswärtigen An-
gelegenheiten bewirkt, vom 1. Jan. 1870 ab aber
zu diesem Zwecke ein besonderes Auswärtiges
Amtssetzt des Deutschen Reichs, begründet, in wel-
ches das Preuß. Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten aufging. Das letztere besteht
formell noch weiter für den preuß. diploma-
tischen Dienst bei den Bundesstaaten und beim
Vatikan. Die bezüglichen Geschäfte werden
jedoch unter der bisherigen Firma gegen Zah-
lung eines Aversums von 90000 Al. aus der
preuß. Staatskasse von dem A. A. des Reiches
besorgt. Das A. A., welchem ein Staatssekretär
mit einem Unterstaatssekretär als Vertreter
vorsteht, zerfällt in drei Abteilungen, von denen
die Abteilung 1 in zwei Unterabteilungen ge-
teilt ist. Die Abteilung IA bearbeitet unter
spezieller Leitung des Staatssehretärs die An-
gelegenheiten der höheren Politik und des
diplomatischen Dienstes, die Abteilung 1#-B
der Hauptsache die übrigen Personalsachen und