8 Abgraben — Abiturientenprüfung.
nimmt oder im Staatsdienste in ein Amt eintritt,
mit welchem ein höherer Rang oder ein höheres
Gehalt verbunden ist (BVlUl. Art. 78 Abs. 3). Doch
ist hierunter eine bloße Rangerhöhung nicht be-
griffen, vielmehr muß es sich um den Eintritt
in ein Staatsamt handeln, mit welchem als
solchem, gegenüber dem bisher innegehabten
Amte, ein höherer Rang verbunden ist. Be-
amte bedürfen nach Art. 78 Abs. 2 Vll. zum
Eintritt in das A. keines Urlaubes. Miit
Rüchsicht auf die allgemeine Fassung des
Ausdrucks „Beamte “ gilt dies auch für mittel-
bare Staatsbeamte. Streitig ist dagegen, in-
wieweit den Beamten die Kosten einer durch
ihren Eintritt in das A. veranlaßten Stell-
vertretung zur Last fallen. In Ubereinstimmung
mit dem vormaligen Orr. hat die Staatsregie-
rung diese Frage bejaht, infolge St MBeschl.
vom 24. Okt. 1869 jedoch eine dahin gehende
Verpflichtung für die Staatsbeamten allgemein
wieder aufgehoben.
V. Das A. prüft nach VlII. Art. 78 die Le-
gitimation seiner Mitglieder und entscheidet
darüber ohne Rückhsicht darauf, ob Einsprüche
gegen die Wahlen (s. Einsprüche) erhoben
worden sind oder nicht. Dasselbe kann zur
Vorbereitung der Entscheidung tatsächliche Er-
mittelungen, insbesondere auch Zeugenver-
nehmungen veranlassen, muß sich aber zu
diesem Behufe der Vermittelung der Regierung
bedienen. Die Entscheidung selbst Kann, da
das Haus nur die Legitimation seiner Mit-
glieder zu prüfen hat, lediglich auf Gültigkeit
oder Ungültigkeit der ahl hinausgehen.
Das A. ist beschlußfähig, wenn mehr als
die Hälfte seiner Alitglieder anwesend sind
(VU. Art. 80). Die Abgeordneten erhalten
während der ganzen Dauer der Session aus
der Staatskasse Reisekosten und Tage-
gelder, welche durch G. vom 24. Juli 1876
(GS. 345) näher festgesetzt sind. Ein Verzicht
hierauf ist unzulässig (Art. 85).
VI. Wegen der sonstigen verfassungsmäßigen
Stellung des A. und der Abgeordneten s.
unter Verfassung VI.
Abgraben und Abpflügen von fremden
Grundstücken oder von Grenzrainen ist straf-
bar nach St GB. § 370 Ar. 1.
Abgüsse s. Schutz der bildenden Künste.
Abiturientenprüfung (Reifeprüfung
an höheren Schulen, Gymnasien uff.,
Prüfung der Beife für die Prima,
für Obersekunda). Aach Maßgabe der
Lehrpläne von 1901 (s. GEymnasien UM)
ist unter dem 1. November 1901 (U# ZBl.
933) eine Ordnung der Reifeprüfung an den
neunstufigen höheren, von dem Unterrichts-
minister als solchen anerkannten Schulen
(Gymnasien, Realgymnasien und Oberreal-
schulen) erlassen. Die Prüfungskommission be-
steht aus dem kgl. Kommissar, dem Direktor
der Anstalt und denjenigen Lehrern, welche
mit dem Unterricht in den wissenschaftlichen
Lehrfächern betraut sind, bei den Realgym-
nasien und Oberrealschulen auch dem Zeichen-
lehrer. Uber Art und Gegenstände der Prüfung
bestimmt die Ordnung 5:
1. Die Reifeprüfung ist eine schriftliche und
eine mündliche. 2. Zur schriftlichen Prüfung
gehören bei allen Anstalten ein deutscher Auf-
satz und die Bearbeitung von vier mathemati-
schen Aufgaben aus vier verschiedenen Gebieten,
ferner a) bei den Gymnasien: eine Uber-
setzung aus dem Deutschen in das Lateinische
und eine Ubersetzung aus dem Griechischen in
das Deutsche. Diejenigen Schüler, welche sich
einer Prüfung im Hebräischen unterziehen,
haben die deutsche Ubersetzung. eines leichteren.
Abschnittes aus dem Alten Testamente nebst
grammatischer Erklärung zu liefern; b) bei
den Realgymnasien: eine Ubersetzung aus
dem Lateinischen in das Deutsche, je nach dem
Lehrplane der einzelnen Anstalt eine französi-
sche oder eine englische Arbeit, und zwar ent-
weder ein Aufsatz oder eine Ubersetzung aus
dem Deutschen, und die Bearbeitung einer
Aufgabe aus der Physik; c) bei den Ober-
realschulen: eine französische und eine eng-
lische Arbeit, und zwar in einer dieser beiden
Sprachen ein Aufsatz, in der anderen eine
Ubersetzung aus dem Deutschen, und die Be-
arbeitung einer Aufgabe aus der Physik
oder aus der Chemie. 3. Die mündliche
Prüfung umfaßt bei allen Anstalten die christ-
liche Religionslehre, die Geschichte und die
Mathematik, ferner a) bei den Gymnasien:
die lateinische, die griechische und je nach dem
Lehrplane der einzelnen Anstalt entweder die
französische oder die englische Sprache; b) bei
den Realgymnasien: die lateinische, die
französische und die englische Sprache und die
Physik oder die Chemie; c) bei den Ober-
realschulen: die französische und die englische
Sprache, die Physik und die Chemie.
Extraneer haben sich bei dem Provinzial-
Schulkollegium zu melden und werden einer
Anstalt zugewiesen (§ 16 der Ordnung).
Wegen gegenseitiger Anerkennung der
Reifezeugnisse der Oberrealschule sind mit
einzelnen deutschen Bundesstaaten verschiedene
Vereinbarungen getroffen, so mit Braunschweig
(A# Bl. 1898, 209; 1904, 419), Oldenburg (AZl.
1899, 271), Koburg (AU#BBl. 1904, 361), Damburg
(A#3 Bl. 1901, 281; 1904, 531), Elsaß-Lothringen
(AU.3Bl. 1905, 496) und es sind allgemein wegen
der Voraussetzungen und wegen Anerkennung
der Reifezeugnisse der Gymnasien die durch
AIE. vom 11. Juni 1874 (U BBl. 470) mitgeteil-
ten Vereinbarungen mit den deutschen Bundes-
staaten geschlossen, welche durch weitere Ab-
reden auf die Realgymnasien ausgedehnt und
näher bestimmt sind (Erl. vom 13. Febr. 1889
— U l. 223).
Extraneer, welche nur die Reife für die
rima nachweisen wollen, werden von dem
irektor und den Lehrern der Anstalt geprüft
(Erl. vom 8. Juli 1902 — U ZBl. 537).
Schüler der Anstalt, denen die Reife für die
Prima zuerkannt ist, erhalten auf Wunsch ein
besonderes Zeugnis (Erl. vom 10. Juli 1902
— U ZBl. 540).
Bach Beseitigung der Abschlußprüfung
(s. GHymnasien D betr. die Reife für die Ober=
sekunda sind die Bestimmungen vom 25. Okt.
1901 (U BBl. 879) ergangen, welche bei Ver-
setzungen im allgemeinen die im Laufe des
Schuljahres abgegebenen Urteile und Zeugnisse
als maßgebend ansehen, bei der Versetzung