Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Badeanstalten — Bahnanlagen. 
Badeanstalten. Zu den B. gehören auch 
Anstalten, in denen das Baden nicht Selbst- 
zweck ist, sondern auf Anordnung eines Arztes 
oder Naturarztes zu Kurzwecken als Heil- 
mittel zur Anwendung gelangt, sofern es sich 
nicht um Krankenanstalten oder Bäder in 
Gastwirtschaften handelt (OV. 46, 349). Der 
gewerbsmäßige Betrieb von B. ist zwar frei, 
doch haben Personen, die B. gewerbsmäßig 
betreiben wollen, der Ortspolizeibehörde bei 
der Eröffnung eine besondere Anzeige zu er- 
statten (Gew O. § 35 Abs. 6). Die Unterlassung 
der Anzeige ist nach GewO. 8§ 148 Abs. 1 Ziff. 4 
strafbar. Der Gewerbebetrieb kann untersagt 
werden (s. Untersagung von Gewerbe- 
betrieben). B. sind Werktkstätten (s. d.) im 
Sinne der GewO. 8 105b Abs. 1 (HÖME. vom 
17. Mai 1893), doch finden die Bestimmun- 
gen über die Sonntagsruhe (s. d.) auf die 
Verabreichung von Bädern zu Heilzwecken 
keine Anwendung (R. vom 8. April 1905 — 
HWVBl. 153). Im übrigen hann die Beschäf- 
tigung von Arbeitern an allen Sonn= und 
Festtagen (s. d.) nach GewO. § 105 durch den 
Regierungspräsidenten (im LPB. Berlin durch 
den Polizeipräsidenten) gestattet werden. Wenn 
es sich nicht um B. handelt, die nur in den 
wärmeren Jahreszeiten betrieben werden, sind 
die Arbeiter, sobald die Sonntagsarbeiten 
länger als drei Stunden dauern, entweder an 
jedem dritten Sonntage für volle 36 Stunden 
oder an jedem zweiten Sonntage mindestens 
in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr 
abends oder in jeder Woche während der zwei- 
ten Hälfte eines Arbeitstages, und zwar spä- 
testens von 1 Uhr nachmittags ab, von jeder 
Arbeit freizulassen. Wenn die Arbeiter durch 
die Sonntagsarbeiten am Besuche des Gottes- 
dienstes behindert werden, so ist ihnen an 
jedem dritten Sonntage die zum Besuche des 
Gottesdienstes erforderliche Zeit freizugeben 
(AusfAnw. z. Gew O. vom 1. Mai 1904 Ziff. 165 
— HMBl. 123). 
Für die Beschäftigung von sugendlichen Ar- 
beitern (s. d.) und von Arbeiterinnen (s. d.) in 
B., die als Motorwerkstätten (s. d.) anzusehen 
sind, gelten die für die Beschäftigung dieser 
Personen in Fabriken maßgebenden Bestim- 
mungen; wenn jedoch in der B. regelmäßig 
weniger als zehn Personen beschäftigt werden, 
so können nicht mehr schulpflichtige Kinder (s. d.) 
unter 14 Jahren täglich zehn Stunden be- 
schäftigt werden, auch genügt es, wenn den 
mehr als täglich sechs Stunden beschäftigten 
jugendlichen Arbeitern nur eine einundeinhalb- 
stündige Arbeitspause gewährt wird. Arbeite- 
rinnen, die ausschließlich oder vorwiegend mit 
der Bereitung der Bäder und der Bedienung 
des Publihums beschäftigt werden, dürfen auch 
in der Bachtzeit (8½ Uhr abends bis 5½ Uhr 
morgens) und täglich mehr als elf Stunden, 
an Sonnabenden und Vorabenden von Fest- 
tagen täglich mehr als zehn Stunden beschäf- 
tigt werden (A#Bek. vom 13. Juli 1900 I, H 
— BN#. 565). Auf den Teil des Betriebes 
der B., in dem zu Heilzwecken dienende 
Bäder und Massagen verabfolgt werden, fin- 
den die Bestimmungen der GewO. Tit. VII 
keine Anwendung (RE. vom 8. April 1905 
  
171 
— H#I. 153). In Anlagen zur Bereitung 
von Braunkohlenteer und Gewinnung von 
Photogen, Solaröl, Schmieröl, Paraffin usw. 
(s. Teer) ist die Einrichtung von B. für die 
Arbeiter mit Badezwang vorgeschrieben (Techn. 
Anl. ls. d.] Ar. 3). Volksbäder sind von der 
Gewerbesteuer befreit (Gew St G. vom 24. Juni 
1891 — G. 205). 
Badeorte und Bäder. Die Heilbäder, teils 
Mineralbäder, Fichtennadelbäder, Moorbäder 
usw. und Wasserheilanstalten, teils Seebäder, 
stehen überwiegend im Eigentum und Betriebe 
von Gemeinden, Gesellschaften und Privatperso- 
nen. Wegen der staatlichen Heilbäder und Brun- 
nen s. Domänenbesitz IV. Eines besonderen 
esetzlichen Schutzes genießen bisher weder die 
Heilbäder noch die Heilquellen, ausgenommen 
das bei überwiegenden Gründen des öffentlichen 
Interesses ihnen zuzubilligende Schürfverbot 
des § 4 Abs. 2 des Allg. Berggesetzes; vgl. auch 
§§ 196—203 das. Die Aufsuchung und Gewin- 
nung von Solgquellen ist den besonderen Vor- 
schriften des Allg. Berggesetzes unterstellt (81 das. 
am Schlusse und für Hannover Novelle vom- 
26. Juni 1904 — G. 135). Polizeilicher Schutz 
im Wege der Polizeiverordnung oder der poli- 
zeilichen Verfügung kann den Bädern teils 
als Eigentumsschutz nach § 6 lit. a des G. 
über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 
(GS. 265), teils als Fürsorge gegen gemein- 
schädliche oder gemeingefährliche Handlungen 
nach § 6 lit. g gewährt werden und es bestehen 
mehrfache dahin gehende Polizeiverordnungen. 
Der Betrieb in den Heilbädern unterliegt zum 
Schutze des sie besuchenden Publikums der 
medizinalpolizeilichen Aufsicht des Kreisarztes 
(G. vom 16. Sept. 1899 § 6 Nr. 3 — GS. 172 
— und Dienst Anw. für die Kreisärzte vom 
23. März 1901 — MMI. 2; vgl. auch 88 107 
bis 109 das.). Uber die an die Einrichtung 
zu stellenden Anforderungen (. auch Erl. 
vom 8. Okt. 1898 — AMll. 198). Für die Her- 
stellung und Unterhaltung der in Badeorten 
zu Kurzwecken getroffenen Veranstaltungen 
können die Gemeinden Rurtaxen erheben (KAG. 
vom 14. Juli 1893 — GS. 152 — § 12). Wegen 
Untersagung des Gewerbebetriebes, sowie wegen 
der Sonntagsruhe in Badeorten f. Unter- 
sagung des Gewerbetriebes und Sonn- 
tagsruhe im Handelsgewerbe. Uber die 
Besteuerung des Wanderlagerbetriebes in 
Badeorten s. § 3 Ar. 2 des G. vom 27. Febr. 
1880 (GS. 174. 
Bahnanlagen. Zu diesen gehören alle 
beim Bau einer Bahn vorkommenden Anlagen, 
einschließlich der Betriebseinrichtungen, aber 
ausschließlich der Fahrzeuge. Alan unscheidet 
die B. der freien Streche und der Stationen. 
Die Bestimmungen über die einzelnen B. 
(Stationen, Bahnhöfe, Haltepunkte, Blockstellen, 
Eleise, Richtungs= und MAeigungsverhältnisse, 
Bahnkörper, Spurweite, Gleislage, Umgrenzung 
des lichten Raumes, Bahnkreuzungen, Wasser- 
stationen und Wasserkrane, Oberbauund Brücken 
und deren Tragfähigkeit, Abteilungszeiger, A-ei- 
gungszeiger, Einfriedigungen, Schranken, War- 
nungstafeln, Telegraphen, Fernsprecher und 
Läutewerke, Drehscheiben und Schiebebühnen, 
Signale und Signalsicherung, Strechkenblochung,
	        
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