Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

196 
Prüfungen dazu vorhergehen müssen, auf die 
nach Verschiedenheit der Fächer und Stufen der 
Staatsbedienungen erlassenen speziellen Gesetze 
und Instruktionen. Auch nach VII. Art. 4 
sollen die öffentlichen Amter unter Einhal- 
tung der von den Gesetzen festgestellten Be- 
dingungen nur für alle dazu Befähigten gleich 
zugänglich sein. Die Prüfungen zum Staats- 
dienste sind nach dessen verschiedenen Zweigen 
und je nachdem es sich um die Anstellungen 
im höheren oder niederen Dienste handelt, ver- 
schieden. Bei dem höheren Staatsdienste wird 
eine höhere wissenschaftliche Ausbildung und 
eine vollständige Kenntnis des besonderen 
Faches in allen seinen Teilen verlangt, beim 
niederen Staatsdienste eine ausreichende all- 
gemeine Bildung und eine Kenntnis des be- 
sonderen Faches in seiner unteren Verwaltung. 
S. die, die einzelnen Beamtenkategorien 
behandelnden Artikel, sowie Verwal- 
tungsdienst (Befähigung zum höheren). Der 
Anstellung geht bisweilen auch eine Probe- 
dienstleistung voraus; bei den Unterbeamten 
wird eine solche nur dann verlangt, wenn es 
sich um die Besetzung von Stellen handelt, 
die nicht auf rein mechanische Dienstverrich- 
tungen beschränkt sind. 
VI. Mit der Anstellung verleiht der Staat 
dem B. besondere Vorrechte, die sich auf die 
Ausübung seiner Amtsfunktionen beziehen 
und teils sein Verhältnis zum Staat, teils zu 
den Untergebenen betreffen. Von den letzteren 
hat er den verfassungsmäßigen Gehorsam gegen 
seine amtlichen Verfügungen zu fordern (A#. 
II. 13 § 16; s. Amtshandlungen). Die be- 
sonderen Vorrechte der B. sind im übrigen 
teils Ehren-, teils Vermögensrechte. Zu den 
ersteren gehören: Rang, Titel, Uniform usw. 
(Titel, Uniform), die letzteren beziehen 
sich auf die Gemeindebesteuerung (s. Beamte, 
Gemeindebesteuerung), Vollstreckung von 
Exekutionen im Zivilprozeß und im Verwal- 
tungszwangsverfahren, Beschlagnahme von 
Besoldungen usw. (s. d.). Die vermögensrecht- 
lichen Ansprüche des B. gegen den Staat be- 
stehen in dem Rechte auf ein entsprechendes 
Diensteinkommen, die gesetzlichen und regle- 
mentsmäßigen Kompetenzen bei Dienstreisen 
und Versetzungen, eine demnächstige Pension 
beim Ausscheiden aus dem Staatsdienste so- 
wie auf Versorgung der Witwen und Waisen 
( die betr. Artikel). Dagegen steht Reinem 
B. ein Anspruch auf Beförderung zu. Uber 
die Besetzung erledigter Stellen ist ausschließ- 
lich von der vorgesetzten Behörde zu befinden, 
welche dabei in erster Linie die dienstlichen 
Interessen sowie die Dienstleistungen der in 
Betracht kommenden B. zu berüchsichtigen hat 
und in Reiner Weise an deren Dienstalter ge- 
bunden ist (Erl. vom 18. April 1889; St Mé. 
vom 1. April 1893). Wegen der Unfallfür- 
sorge für Beamte s. Beamte (Versiche- 
kung 
Die Pflichten der Staatsbeamten be- 
stehen im allgemeinen in der gesteigerten Be- 
kätigung. der allen Staatsangehörigen oblie- 
genden Treue und Gehorsam gegen den Landes- 
herrn und die Regierung An: II. 10 § 2) 
sowie in der gewissenhaften und gesetzmäßigen 
  
Beamte (Gemeindebesteuerung). 
Verwaltung ihrer Amter (l. auch Dienstver- 
geben Das für die Staatsdiener begründete 
erhältnis besonderer Treue schließt diese zwar 
nicht von der Beteiligung am öffentlichen Leben 
im Anschluß an eine der in Gegnerschaft zur 
jeweiligen Staatsregierung befindlichen Par- 
teien aus; nach den von den höchsten Diszi- 
plinarinstanzen festgestellten Grundsätzen dür- 
fen die B. sich jedoch einerseits bei jener 
Beteiligung nicht zu offenbar unwahren Be- 
hauptungen und gehässigen Angriffen hinreißen 
lassen, und andererseits nicht bewußtermaßen 
für die Bestrebungen solcher Parteien eintreten, 
welche die Grundlagen der bestehenden BRechts- 
und Staatsordnung bekämpfen, oder sich in 
demonstrativer Weise öffentlich als deren An- 
hänger bekennen (AE. vom 4. Jan. 1882; Erl. 
vom 31. Aug. 1899 — Reichsanzeiger Nr. 205; 
OVS. vom 29. Jan. 1897 — AMl. 92). Da 
das Anstellungsrecht zugleich die Befugnis in 
sich schließt, den Wohnsitz des B. zu bestim- 
men, so darf kein B. den zur Ausübung seines 
Amtes ihm angewiesenen Wohnort ohne Vor- 
wissen und Genehmigung seiner Vorgesetzten 
verlassen (ALR. II, 10 § 92; s. Urlaub). Diese 
Vorschrift gibt dem Vorgesetzten bzw. der Auf- 
sichtsbehörde das Recht, die Aiederlassung eines 
B. in einer anderen Gemeinde als dersenigen 
des Amtssitzes zu verhindern (Erl. vom 24. Febr. 
1863 — I. 67). Die Pflichtverletzung hat 
für die Beamten strafrechtliche (s. Amtsver- 
gehen und -verbrecheny), öffentlichrechtliche 
(disziplinarische) und privatrechtliche Folgen, 
welche die Vertretungsverbindlichkeit der B. 
aus Vertragsverhältnissen oder wegen uner- 
laubter Handlungen umfassen (s. Diszipli- 
narstrafen, Disziplinarverfahren und 
Haftbarkeit der Beamteny). Verschwen- 
dung und leichtsinniges Schuldenmachen det 
B. soll ohne Nachsicht gerügt werden (Kab# 
vom 31. Dez. 1825 Ur. 10 — GS. 1826, 6; vgl. 
KabO. vom 12. Mai und Erl. vom 24. Sept. 
1841 — MBl. S. 202, 262; Erl. vom 16. Dez. 
1842 — AMB#I. 1843, 2; Erl. vom 21. April 
1845 — M./# 115). Jeder unmittelbare und 
mittelbare B., welcher sich des Lasters der 
Trunksucht schuldig macht, soll im Wege des 
Disziplinarverfahrens ohne Pension entlassen 
werden (KabO. vom 24. Dez. 1836; v. Kamps 
1837, 13; Erl. vom 30. Sept. 1840 — Mhl 
341). Wegen des Gewerbebetriebes von 
s. Beamte (Gewerbebetriedb). « 
VIII. Beendigt wird das Staatsdiener 
verhältnis: 1. durch den Tod des Beamten 
in welchem Falle Vorkehrungen zur Sicher- 
stellung der Akten usw. getroffen werden 
müssen, welche der Verstorbene in Verwahrung 
gehabt hat; 2. durch freiwilligen Austritt des 
eamten (Resignation, s. Abschied); 3. durch 
gänzliche Versetzung in den Ruhestand wider 
den Willen des Beteiligten mit Gewährung 
der vorschriftsmäßigen Pension (s. Pensionie- 
rung der Staats- und Reichsbeamten); 
4. durch Dienstentlassung (s. d. sowie Amts 
entsetzung und Disziplinarverfahren# 
Beamte (Gemeindebesteuerung). u 
dem Gebiete der staatlichen Besteuerung ge 
nießen die B. als solche keine Bevorzugung. 
Ihre Kommunalbesteuerung war bis zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.