Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

202 Bebauungsfähigkeit der Straßen — Beeidigung usw. von Gewerbetreibenden. 
Bebauungsfähigkeit der Straßen s. Stra- 
ßen= und Baufluchtliniengesetz. 
Bebauungspläne s. Bauverwaltung, 
Rayongesetz, Straßen= und Bauflucht- 
liniengesetz 1 Ziff. 2. 
Bedachungen sind nach den für Städte er- 
lassenen Baupolizeiverordnungen regelmäßig 
aus feuersicherem Material herzustellen; 
auch ist das Unterlegen von Strohdocken 
unter die Dachziegel verboten. In den Bau- 
polizeiverordnungen für das platte Land ist 
gleichfalls für die in der geschlossenen Orts- 
lage zu errichtenden Aeubauten feuersichere 
Dacheindeckung vorgeschrieben und die Ver- 
wendung von Strohdocken untersagt. In- 
dessen ist es — wenigstens in den östlichen 
Provinzen — gLatatttet, bereits vorhandene 
weiche B. durch Reparaturen, die in der Regel 
in jedem einzelnen Jahre nicht über ein 
Fünftel der Gesamtdachfläche hinausgehen 
dürfen, zu erhalten. Außerhalb der ge- 
schlossenen Ortslage dürfen Gebäude ohne 
Feuerungsanlagen — in erheblichem, meist 
auf mindestens 100 m bemessenem Abstande 
von anderen Gebäuden — mit weicher Dach- 
eindeckung errichtet werden. Auf Grund des 
Erl. vom 23. Juli 1892 (M l. 351) sind in 
allen Regierungsbezirken gleichlautende Polizei- 
verordnungen betreffend die Abwendung von 
Feuersgefahr bei der Errichtung von Ge- 
bäuden und der Lagerung von Materialien 
in der NAähe der dem G. vom 3. Nov. 1838 
(GS. 505) unterstehenden Eisenbahnen er- 
lassen worden. Danach müssen Gebäude mit 
weichen, nicht feuersicheren Dächern sowie 
Gebäude, bei denen die Dachpfannen mit 
Strohdocken eingedeckt sind, von Eisenbahnen 
eine, von der Mitte des nächsten Schienen- 
gleises zu berechnende Entfernung von min- 
destens 25 m innehalten. Liegt die Eisenbahn 
auf einem Damme, so tritt zu der Entfernung 
von 25 m noch die anderthalbfache Höhe des 
Dammes, so daß beispielsweise, wenn die Höhe 
des Dammes 10 m beträgt, für die vorbezeich- 
neten Gebäude eine Entfernung von min- 
destens 25 —+ 15 = 40 m innegehalten werden 
muß. Die Bestimmungen finden entsprechende 
Anwendung auf jede nicht durch mindestens 
1 cm starkes, nach allen Seiten hin fest ein- 
gemauertes Glas abgeschlossene Offnung in 
den der Eisenbahn zugekehrten Wänden aller 
Gebäude, die zur Lagerung leicht entzündlicher 
Gegenstände dienen. Bei solchen Gebäuden 
werden den der Eisenbahn zugekehrten Wän- 
den diejenigen ihr nicht abgekehrten Wände 
gleich geachtet, deren Richtungslinie mit der 
Bahnachse einen Winkel von höchstens 600 
bildet. — Leicht entzündliche Gegenstände, die 
nicht durch feuerfeste B. oder durch sonstige 
Schutzvorrichtungen gegen das Eindringen von 
Junken oder glühenden Kohlen gesichert sind, 
dürfen bei Eisenbahnen nur in einer Ent- 
fernung von mindestens 38 m von der Mitte 
des nächsten Schienengleises gelagert werden. 
Liegt die Eisenbahn auf einem Damme, so 
tritt zu der Entfernung von 38 m noch die 
anderthalbfache Höhe des Dammes. Dis- 
pense (KrA.; in Stadtkreisen und Städten 
mit mehr als 10000 Einw. der BezA.) sind 
  
statthaft, wenn nach Lage der Verhältnisse 
auch bei geringerer Entfernung die Feuers- 
gefahr ausgeschlossen erscheint. Bereits vor- 
handenen Gebäuden ufw. gegenüber hat 
der Regierungspräsident zu bestimmen, ob 
und welche Vorkehrungen zum Schutze gegen 
die durch die Nähe der Eisenbahn bedingte 
Feuersgefahr getroffen werden müssen. — 
Eine Ausdehnung der Polizeiverordnung auf 
die in der Nähe von Kleinbahnen zu 
errichtenden und errichteten Gebäude ufw. 
ist in einzelnen Regierungsbezirken erfolgt 
(s. auch Bauten 1V). 
Bedürfnisanstalten s. Anlagen (gewerb- 
liche) V 1. 
Beeidigung und öffentliche Anstellung 
von Gewerbetreibenden (Gew O. 8 36). I. All- 
gemeines. Beeidigt und öffentlich ange- 
stellt werden können nur selbständige Ge- 
werbetreibende, nicht auch Arbeiter (Erl. vom 
13. Mai und 22. Juli 1901 — HMl. 56, 160), 
und zwar Feldmesser (s. d.), Auktionatoren 
(s. d.), Bücherrevisoren (s. d.), Personen, die 
den Feingehalt edler Metalle (s. d.) oder die 
Beschaffenheit, Menge oder richtige Verpachung 
von Waren irgend einer Art feststellen, z. B. 
Güterbestätiger (s. d.), Schaffer, Wäger, Messer, 
Bracker (s. d.), Schauer (s. d.), Stauer (s. d.) usw. 
Dazu gehören sedoch Taucher nicht (HPWe. 
vom 19. April 1899), ebensowenig Gewerbe- 
treibende, die elektrische Anlagen auf ihre 
Feuersicherheit prüfen (Erl. vom 6. Aov. 1902 
OBl. 385) und Chemiker, die sich mit 
der Prüfung der Handelsware überhaupt nicht 
befassen, sondern lediglich Fabrikationsver- 
fahren chemisch-technisch untersuchen (HÖM. 
vom 12. März 1903), nicht aber Probezieher 
auf Zucker und Melasse (Sten Ber. des Abgh. 
1897, 2986 ff.), und Gewerbetreibende, die die 
Beschaffenheit von Werkzeugmaschinen oder 
Wein feststellen (Erl. vom 30. Mai 1901 — 
HM B#. 84). Ferner sind hierher zu rechnen 
Aahrungsmittelchemiker (s. Nahrungs= und 
Genußmittel), Fleischbeschauer (s. d.; OV. 
20, 343), Chemiker, die sich mit der Fest- 
stellung der Beschaffenheit und richtigen Ver- 
pachung chemischer Produkte befassen (HÖMIE. 
vom 21. Sept. 1881). Eine B. und öffentliche 
Anstellung von Handelsmahlern (s. Akakler) 
findet nicht mehr statt. Der Kreis der in 
Frage kommenden Personen kann durch 
andesgesetz erweitert werden. Durch Handels- 
kammergesetz (GS. 1897, 343) ist die B. der 
Dispacheure (s. d.) zugelassen. S. auch Taxa- 
oren. 
II. Zuständige Behörden. Nach Gew). 
§ 36 erfolgt die B. durch die verfassungs- 
mäßig dazu befugten Staats= oder Kommunal= 
behörden oder Korporationen. Für das Gel- 
tungebereich des Gewerbepolizeiedikts vom 
7. Sept. 1811 (G. 263) erfolgt die B. aller 
Gewerbetreibenden, die Quantität oder Quali- 
tät der Waren oder ihre richtige Verpachung 
bekunden, durch die Ortspolizeibehörde (§ 113 
a. a. O.). Bei Stadtwagen, die nicht vor- 
zugsweise für den Großhandel bestimmt sind, 
ist der Magistrat mit Zustimmung der Stadt- 
verordneten zuständig (§ 117 a. a. O.). Für 
den Bereich der PrchewO. vom 17. Jan. 1845
	        
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