Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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28. März 1901 (MMVBl. 2). Ferner ist den 
Apothekern bei lebensgefährlichen Verletzungen, 
Vergiftungen und anderen besonders eiligen 
Notfällen mangels rechtzeitiger ärztlicher Hilfe 
gestattet, selbständig die von 1 für zutreffend 
erachteten Mittel abzugeben (s. § 37 Apotheken- 
betriebsordnung vom 18. Febr. 1902 — MMBl. 
63). Durch Edikt vom 15. Aov. 1775 (Novum 
corpus constitutionum 1775, 250 IV; Reskript 
vom 20. Okt. 1820 — v. Kamptz 5, 147) wur- 
den für Rettung anscheinend ertrunkener, er- 
frorener, erstichter oder erdrosselter Personen 
Prämien bis zu 10 Tlrn. ausgesetz: diese 
Prämiierung ist bis heute in Kraft und in 
der Folge allgemein auf Rettung aus Lebens- 
efahr ausgedehnt (s. insbes. Runderlaß des 
inisters des Innern und der geistlichen An- 
gelegenheiten vom 25. Febr. 1837 — bei Pistor, 
Gesundheitswesen in Preußen 1, 955; s. auch 
Erl. vom 2. Nov. 1848 — UMnl. 346 — und 
vom 21. Mai 1850 — MVl. 127, nach welchem 
letzteren die Prämienforderung bei Bermeidung 
des Anrechts binnen drei Monaten nach dem 
Vorfall bei der Orts= oder Kreisbehörde geltend 
emacht werden soll). Anweisungen über die 
brt der „B. V. bis zur Ankunft des Arztes“ 
ind erschienen im amtlichen Auftrage bei 
ichard Schoetz, Berlin (Erl. vom 5. Febr. 
1903 — UM.Il. 35), ferner vom deutschen Sa- 
mariterverein zu Kiel die Tafeln „Anweisung 
zur Wiederbelebung anscheinend Ertrunkener“, 
welche an Behörden kostenlos, an Private für 
50 Pf. pro Stück abgegeben werden. 
Behändigung. Um schriftliche Mitteilungen 
der Behörden den Beteiligten nicht nur be- 
kanntzumachen, wozu die bloße Aushändigung 
genügt, sondern dies auch nachweisen zu kön- 
nen, diente von alters her die sog. B. mit 
Behändigungsschein, d. h. die Aushändigung 
an den Adressaten selbst oder an eine ihn für 
den Empfang der Mitteilung zu vertreten ge- 
eignete Person (Angehörige, Gehilfen, Dienst- 
boten usw.) durch einen mit der Behändigung 
betrauten Beamten unter Ausstellung eines 
Empfangscheins, welcher den Empfang der 
Mitteilung und den Tag des Empfanges er- 
gab und mit der Unterschrift oder dem von 
dem Beamten beglaubigten Handzeichen des 
Empfängers zu versehen, sonst aber formlos 
war. An die Stelle dieser einfachen B. ist im 
gerichtlichen Verfahren regelmäßig die förm- 
lichere Zustellung (s. d. ) getreten, von dort 
auch in das preuß. Verwaltungs= und Ver- 
waltungsstreitverfahren übernommen worden, 
jedoch nur teilweise und mit mehrfachen Ver- 
einfachungen (s. Zustellungen lh. Im übrigen 
ist es bei der früheren B. verblieben. Es be- 
steht namentlich auch da keine allgemeine Vor- 
schrift über die Form für die Mitteilungen 
von Verfügungen der Polizei= und anderen 
Verwaltungsbehörden, wo für deren Anfech- 
tung eine Frist gesetzt ist. Die Frist wird 
vielmehr grundsätzlich durch jede nachweisbare 
Mitteilung in Lauf gesetzt, und zum Nachweise 
kann jedes zulässige Beweismittel dienen, allo 
auch noch immer ein Behändigungsschein (OVS. 
46. 404). Der 852 LV. enthält nichts Entgegen- 
stehendes, da der Ausdruck „Zustellung" in ihm 
nicht die besondere technische Bedeutung der 
  
Behändigung — Behinderung von Gerichtspersonen. 
zivilprozessualen usw. Zustellung hat und auf 
die bürgerlichen Prozeßgesetze nur für die Be- 
rechnung der Fristen Bezug genommen ist. Es. 
genügt daher selbst eine mündliche Mitteilung, 
wenn nicht ausnahmsweise die Schriftlichkeit 
angeordnet ist, wie im § 132 LVGS. für die 
Androhung des Zwangsmittels der Ausführung 
durch einen Dritten und für die Festsetzung 
einer angedrohten Exekutiostrafe. 
Beherbergung ist die gewerbsmäßige Auf- 
nahme fremder Personen in die Behausung. So- 
weit die gewerbsmäßige B. von Fremden in 
einem offenen Lokal stattfindet, ist sie Gast- 
wirtschaft und bedarf als solche der Erlaubnis 
(HewO. 8§ 33). S. Gastwirtschaft. Unter 
einem offenen Lokal ist ein in der Regel all- 
gemein benutzbares oder wenigstens den An- 
gehörigen gewisser Gesellschaftsklassen in der 
egel allgemein zugängliches Lokal zu ver- 
stehen. Im übrigen unterliegt die B. Fremder 
einer Erlaubnis nicht. Dieses gilt insbe- 
sondere von dem Vermieten von Schlasstellen. 
(Aufnahme sog. Kost= oder Quartiergänger) 
und von dem Vermieten möblierter Zimmer 
mit und ohne Pension. Diese Gewerbebetriebe 
können daher auch nicht im Wege der Poli- 
zeiverordnung von einer Erlaubnis abhängig. 
gemacht oder unter bestimmten in der Person 
des Gewerbetreibenden liegenden Voraus- 
setzungen untersagt werden (O#. 35, 328). 
Dagegen kann auf Grund des G. vom 11.März 
1850 § 6 lit, e die Ausübung des Gewerbes 
polizeilich geregelt werden. Solche in den 
Grundzügen übereinstimmende Polizeiverord- 
nungen sind fast überall erlassen. Sie richten 
sich namentlich gegen die mit dem Schlafgän- 
gerwesen verbundenen gesundheitlichen und 
sittlichen Gefahren (s. Quartiergänger- 
wesen). Auch bei der gewerbsmäßigen Auf- 
nahme von Quartiergängern und bei dem ge- 
werbsmäßigen Betrieb sog. Pensionen kann 
indessen ausnahmsweise Betrieb der Gastwirt- 
schaft angenommen werden, wenn der Betrieb 
sich in der für diese entscheidenden, oben an- 
gegebenen Weise vollzieht (KeS J. 11, 227). Die B. 
sog. Ziehkinder unterliegt ebenfalls nicht den 
Vorschriften der GewO. (§6 das.), kann daher 
auch von einer polizeilichen Genehmigung ab- 
hängig gemacht oder bestimmten Personen 
untersagt werden. Auch hierüber bestehen fast 
überall Polizeiverordnungen (Erl. vom 20. März- 
1896 — M.hM. 67). S. Haltekinder. 
Behinderungvon Gerichtspersonen. I. Diese 
kann eine tatsächliche sein, z. B. infolge von 
Krankheit oder Abwesenheit, oder eine rechtliche. 
Wegen der letzteren s. Ausschließung. Ohne 
einen der für die rechtliche Behinderung gesetzlich 
bezeichneten Gründe, die dabei als erschöpfend, 
nicht bloß beispielsweise aufgezählt anzusehen 
sind, oder ohne einen Grund, aus dem nach 
vernünftigem Ermessen eine tatsächliche Behin- 
derung als vorhanden anzunehmen ist, darf 
im Interesse unparteiischer Rechtspflege eine 
Gerichtsperson nicht der Wahrnehmung ihres 
Amtes sich enthalten und eine andere für sie 
eintreten und, wenn eine andere eintreten 
muß, darf nicht eine beliebige tätig werden. 
Es bestehen vielmehr bestimmte gesetzliche Vor- 
schriften für die Vertretung. Ein Gericht ist.
	        
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