Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Behördenkorrespondenz — Behördenorganisation der preuß. Verwaltung. 
beim Eintritt eines danach unzulässigen Ver- 
treters nicht vorschriftsmäßig besetzt. Es gibt 
hiervon sedoch Ausnahmen; so wird in Aus- 
fluß des Grundsatzes, daß jeder Amtsrichter 
dem Amtsgerichte vorsteht und es deshalb nach 
außen hin vertritt, die Geschäftsverteilung bei 
den Amtsgerichten also eine innere Angelegen- 
heit bildet, die Gültigkeit der Handlung eines 
Amtsrichters dadurch nicht berührt, daß die 
Handlung nach der Geschäftsverteilung von 
einem der anderen Amtsrichter vorzunehmen 
gewesen wäre (Au. z. GV. vom 24. April 
1878 — GCS. 230 — § 23 Abs. 2). S. auch 
Amtsgerichte II. 
II. Eine besondere Bestimmung enthält der 
§30 LVS. dahin, daß der Vorsitz im Bez A. in 
Behinderungsfällen von dem Regierungspräsi- 
denten bzw. dem Verwaltungsgerichtsdirektor 
auf das zweite ernannte Mitglied, sodann auf den 
Stellvertreter des Verwaltungsgerichtsdirek= 
tors übergeht, und daß der Regierungspräsident 
als behindert in allen Fällen gilt, in welchen 
Über eine Beschwerde gegen die Berfügung eines 
Regierungspräsidenten — als solchen, nicht in 
seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bez., 
namentlich also auch nicht bei der Vollstrechung 
gemäs § 60 LVG. — verhandelt wird. Für das 
"erwaltungsstreitverfahren kommt diese Be- 
stimmung nicht zur Anwendung, vielmehr ist 
der Gegenstand als durch die §§ 61, 62 LV. 
(„Ablehnung und Ausschließung von 
Gerichtspersonen) erschöpfend geordnet an- 
zusehen. Abgesehen von dem im 8§ 30 Satz 2 
LWW. besonders bezeichneten Falle trifft das 
Gesetz keine nähere Begrenzung der Behinde- 
rung, so daß im wesentlichen, wenigstens zu- 
nächst, das eigene Ermessen des betreffenden 
camten entscheidet. 
III. Auch sonst kommt noch eine Behinderung 
von Beamten außer den Gerichtspersonen vor, 
vgl. z. B. § 57 Abs. 2 Kr O. über die Verhin- 
derung eines Amtsvorstehers an der Wahr- 
nehmung seiner Amtsgeschäfte. 
Uber die Verhinderung des an sich zustän- 
digen Gerichts an der Ausübung des Richter- 
amts in einem einzelnen Falle s. 3PO. 8§ 36 
TNr. 1, StP. § 15 und F. § 5. Das LV. 
hat, abgesehen von den Fällen einer Verhin- 
erung wegen Beteiligung (§ 59) und wegen 
Beschlußunfähigkeit (& 62 Abs. 3), keine ent- 
sprechende Bestimmung. 
Behördenkorrespondenz mit inländischen 
Behörden s. Geschäftsgang. In bezug auf 
den geschäftlichen Verkehr der diesseitigen Ver- 
waltungsbehörden mit auswärtigen Behörden 
!#t im Anschluß an § 9 Regnstr. der die 
älteren Bestimmungen zusammenfassende Erl. 
vom 10. Juni 1894 (MIBl. 102) und in Er- 
gänzun desselben der Erl. vom 24. Juni 
895 (Ai Bl. 255) ergangen. Aus demselben ist 
ervorzuheben, daß, soweit es sich um den 
scktäehr mit ausländischen (außerdeut- 
chen) Behörden handelt, jeder Berkehr mit 
entralbehörden des Reichsauslandes aus- 
geschlossen, dagegen den diesseitigen Verwal- 
agsbehörden an der Grenze ein unmittel- 
darer Verkehr mit den benachbarten auslän- 
dischen Provinzialbehörden und den diesen 
achgeordneten Behörden gestattet ist. Im 
  
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übrigen haben die Verwaltungsbehörden, wenn 
nicht Gefahr im Verzuge ist, die Vermittlung 
der kais. Konsuln im Auslande, jedoch nur, 
sofern dabei das Interesse einzelner Per- 
sonen in Betracht kommt, in Angelegenheiten 
dagegen, die nicht zur Zuständigkeit der Kon- 
suln gehören, die Vermittlung des Ministers 
der auswärtigen Angelegenheiten im Instanzen- 
zuge in Anspruch zu nehmen, ein Verfahren, 
welches auch für eilige Fälle, unter Benutzung 
des Telegraphen, empfohlen ist. Anfragen 
und Ersuchen ausländischer Konsuln im In- 
lande, denen das Exequatur erteilt ist, können 
von den Verwaltungsbehörden unmittelbar 
beantwortet werden, soweit es sich nicht um 
Fragen allgemeiner Bedeutung handelt. Der 
in einzelnen Verträgen (deutsch-schweiz. Pro- 
tokoll vom 21. Dez. 1881; deutsch-dänische De- 
klaration vom 25. Aug. 1881; deutsch-russisches 
Ubernahmeabkommen vom 10. Febr. 1894; Ver- 
kehr mit österr. Behörden nach dem Erl. vom 
31. Aug. 1874) vorgesehene unmittelbare Schrift- 
wechsel mit ausländischen Behörden wird durch 
vorstehende Bestimmungen nicht berührt. Was 
den Verkehr mit den deutschen Bundes- 
staaten betrifft, so ist ein unmittelbarer Ver- 
kehr mit den Zentralbehörden der letzteren 
nur den diesseitigen höheren Verwaltungs- 
behörden und auch dies nur in besonderen 
Fällen gestattet, dagegen der Verkehr mit den 
Provinzialbehörden und den diesen nachgeord- 
neten Verwaltungsbehörden allgemein freige- 
geben. Wegen der Mitteilung von Akten an 
auswärtige Behörden s. unter Akten, und 
wegen der Firmierung der Schreiben an solche 
§ 31 Reg Instr. vom 23. Okt. 1817 (GS. 248). 
Behördenorganisation der preuß. Verwal- 
tung. I. Die gegenwärtige Organisation 
der preuß. Verwaltung beruht auf den Re- 
formen der Stein-Hardenbergischen Periode. 
Ihre Grundlage i enthalten in dem Publi- 
kandum vom 16. Dez. 1808, betr. die verän- 
derte Verfassung der obersten Staatsbehörden 
der preuß. Monarchie, und in der V. vom 
26. Dez. 1808, wegen verbesserter Einrichtung 
der Provinzial-, Polizei= und Finanzbehörden, 
und der an demselben Tage ergangenen Ge- 
schäftsinstruktion für die Regierungen. Ihr 
weiterer Ausbau erfolgte für die obersten 
Staatsbehörden durch die V. vom 27. Okt. 
1810(6öS.3) und deren Ergänzungen (s. Staats- 
ministerium und Staatsrat), für die Pro- 
vinzialbehörden durch die B. vom 30. April 
1815 (GS. 85); die Instr. zur Geschäftsführung 
der Regierungen vom 23.Okt. 1817(G. 248) so- 
wie die Instr. für die Provinzialkonsistorien und 
Medizinalkollegien von demselben Tage; ferner 
die an Stelle der früheren Dienstinstruktion vom 
23. Okt. 1817 getretene Dienstinstruktion für die 
Oberpräsidenten vom 31. Dez. 1825 (GS. 1826, 1) 
und die V. vom 31. Dez. 1825 (GS. 1826, 5), 
betr. eine Abänderung in der bisherigen Orga- 
nisgtion der Provinzialverwaltungsbehörden. 
Zweck der Stein-Hardenbergischen 
Reformwar, an die Stelle des früheren, außer- 
ordentlich zersplitterten und infolgedessen un- 
übersichtlichen und mangelhaft funktionierenden 
Verwaltungsapparates eine einheitliche, straff 
zentralisierte, in ihrer Gliederung khlare und 
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