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Verwaltungsorganisation die gleiche geblieben
wie früher. Aber sie ist erweitert nach außen
durch den Hinzutritt des Kreisausschusses, des
Bezirksausschusses und des Provinzialrates
zu den bisherigen staatlichen Behörden der
betreffenden Instanzen, und vertieft nach innen
durch die Einführung einer weitreichenden
Verwaltungsgerichtsbarkeit. Von wesentlichen
Anderungen, welche außerdem die ältere Or-
ganisation durch das Landesverwaltungsgesetz
erhalten hat, sind hervorzuheben das Ausscheiden
der Stadt Berlin aus dem Verwaltungsbezirk
der Prov. Brandenburg (LVE#. 81); der Fortfall
des Präsidiums des Oberpräsidenten an der
Regierung seines Amtssitzes (§ 17); die Auf-
hebung der Regierungsabteilung des Innern
und Ubertragung ihrer Geschäfte auf den Regie-
rungspräsidenten unter bureaumäßiger Orga-
nisierung dieser Behörde (§ 18); der Fortfall der
landwirtschaftlichen Abteilungen und Spruch-
kollegien bei einzelnen Regierungen mit Aus-
nahme eines durch § 2 des G. vom 21. März
1887 (GS. 61) wieder aufgehobenen Spruch-
kollegiums bei der Regierung in Wiesbaden
(* 23); die Regelung der Behördenorganisation
für Berlin (§5 41 ff.). S. hierzu Kreisaus=
schuß; Stadtausschuß; Bezirksausschuß;
Provinzialrat; Oberverwaltungsge-
richt; Berlin; Hohenzollern; Verwal-
tungsstreitverfahren; Beschlußverfah-
renzpolizeiliche Verfügungen; Zwangs-
befugnisse; Polizeiverordnungsrecht.
Beigeordnete in Städten sind Beamte der
Stadtgemeinden, die den Bürgermeister zu
vertreten oder in seinen Amtsgeschäften zu
unterstützen haben. In den Städten mit
Bürgermeistereiverfassung (s. Städteordnun-
gen) sind dem Bürgermeister zwei oder mehrere
eigeordnete beigegeben. Sie bilden mit ihm
kein Kollegium, sondern haben ihn nur zu
vertreten und zu unterstützen. In der Rhein-
provinz wird die Reihenfolge, in der sie als
Vertreter ein zutreten haben, durch Beschluß der
Stadtverordneten mit Genehmigung des Re-
ierungspräsidenten bestimmt (Rhein. St.
28). In den Städten mit Magistratsver-
fassung ist nur ein B. vorhanden, der dem
Magistrat angehört, den Bürgermeister zu ver-
treten hat und gewöhnlich den Titel „Zweiter
Bürgermeister“" führt ss. Bürgermeister und
Magistrat). Ist den B. nicht eine Besol-
dung zugewiesen, so können ihnen mit Ge-
nehmigung des BezA. feste Entschädigungs-
beträge bewilligt werden (St O. f. d. ö. Pr. u.
Westfalen 88 31, 64, f. d. Rheinprovinz 88 30,
58, für Schleswig-Holstein § 28, für Hessen-
Nassau § 69). In der Prov. Hannover ist der
B. besoldet, wenn er rechtskundiger Syndikus
ist (Hann StO. 88 40, 43). — In den Land-
gemeinden werden die B. des Gemeinde-
vorstehers in der Regel Schöffen (s. d.) ge-
nannt. In der Prov. Hannover steht dem
Gemeindevorsteher in kleinen Landgemeinden
ein B. zur Seite, während größere Gemeinden
mehrere Vorsteher und B. haben Bönnen
(Hann GCem O. § 22), unter welche die Ge-
schäfte zu verteilen sind (§ 30 das.). — In den
Landbürgermeistereien der Rheinprovinz
(s. Bürgermeister Ulb) werden für jede Bür-
Beigeordnete — Beiladung.
germeisterei ein oder zwei B. auf sechs Jahre
in gleicher Weise wie die Bürgermeister er-
nannt. Auch in den westf. Amtern ( . d.)
wird neben dem Amtmann mindestens ein
B. als Stellvertreter bestellt, dem es zu-
steht, den Amtsversammlungen ohne Stimm-
recht beizuwohnen (Westf LGO. § 69). In die-
sen Landbürgermeistereien und Amtern kann
die Anstellung besoldeter B. durch die Bürger-
meisterei= oder Amtsversammlung beschlossen
werden. Die Art der Ernennung und die Be-
dingungen der Anstellung regeln sich nach den
die Landbürgermeister und Amtmänner be-
treffenden Bestimmungen (Kommunalbeamten-
gesetz vom 230. Juli 1899 § 20).
Beihilfe. Sie ist eine Art von Teilnahme
an einer strafbaren Handlung (s. Anstiftung)
und unterscheidet sich von der Mittäterschaft
dadurch, daß dabei die Tat selbst als die
eines Dritten behandelt und hier zu nur Hilfe
geleistet wird. Als Gehilfe wird bestraft, wer
dem Täter zur Begehung des Verbrechens
oder Vergehens — bei Ubertretungen ist zwar
an sich ebenfalls eine B. möglich, sie bleibt
aber straflos — durch Rat oder Tat wissentlich
Hilfe geleistet hat (St SB. § 49 Abs. 1). Als
Hilfeleistung gilt jede Tätigkeit, mittels welcher
eine Förderung oder Erleichterung der Haupt-
tat bezwecht wird; auch bloße Vorbereitungs-
handlungen hönnen deshalb genügen (Rechtspr.
des R. in Strafsachen 9, 149; RSt. 8, 267;
9, 76), ebenso Unterlassungen, wenn dadurch
eine rechtlich bestehende Verbindlichkeit zur
Tätigkeit verletzt wird (Rob t. 11, 153). Die
Hilfeleistung muß aber stattgefunden haben,
bevor die Straftat, zu der Hilfe geleistet wurde,
vollendet war; im andern Falle kann nur
Begünstigung (StGB. § 257) vorliegen. Der
Versuch der B. ist nicht strafbar (RöSt. 11
S. 56, 84). Die Strafe des Gehilfen ist nach
demjenigen Gesetze festzusetzen, welches auf die
Handlung Anwendung findet, zu welcher er
wissentlich Hilfe geleistet hat, jedoch nach den
über die Bestrafung des Versuchs aufgestellten
Grundsätzen zu ermäßigen (StEB. 8 49 Abs. 2).
Besondere Tatumstände (persönliche Eigen-
schaften oder Verhältnisse), nach denen das
Gesetz die Strafbarkeit einer Handlung erhöht
oder vermindert, sind dem Gehilfen zuzurechnen,
wenn sie bei ihm vorliegen (StB. § 50).
B. zu einem Forstdiebstahl oder zu einem Ver-
suche desselben und zu einer nach dem Feld-
und Vorstpolizeigesetze strafbaren Entwendung
oder vorsätzlichen Beschädigung wird mit der
vollen Strafe der Zuwiderhandlung bestraft
(Forstdiebstahlsgesetz vom 15. April 1878 —
S. 222 — §5 4, G. vom 1. April 1880 —
GS. 230 — § 7). Gehilfen einer zivilrechtlich
unerlaubten Handlung stehen Mittätern gleich
(BGB. § 830 Abs. 2). Bei polizeilich uner-
laubten Handlungen wird anzunehmen sein,
daß der Gehilfe — anders als der Mittäter
— von der Polizeibehörde nicht in Anspruch
genommen werden kann.
Beiladung. I. An einem Bechtsstreite
können neben den Parteien auch dritte Per-
sonen beteiligt sein, denen daran liegt, daß
die Entscheidung, die unmittelbar nur den
Parteien gegenüber Wirkung hat, in einer