Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Beschlagnahme. 
wesenheit ein erwachsener Angehöriger aus- 
drückhlichen Widerspruch erhoben hat (8 98). 
Polizeibeamte reichen das Bestätigungsgesuch 
zweckmäßig durch Vermittelung der Staats- 
anwaltschaft ein. Die Ausführung einer von 
zuständiger Stelle angeordneten B. Rann jedem 
Exekutivbeamten (s. d.) übertragen werden. 
Sie ist an -eine vorgeschriebene Form ge- 
bunden. Die in Beschlag genommenen Gegen- 
stände sind genau zu bezeichnen und zur Ber- 
hütung von Verwechselungen durch amtliche 
Siegel oder sonst in geeigneter Weise kenntlich 
zu machen (§ 109). Die Wegnahme der Gegen- 
stände ist nicht erforderlich. Jede amtliche 
Handlung genügt, welche erkennbar zum Aus- 
druche bringt, daß die Sache behufs späterer 
amtlicher Verfügung der Gewalt des Inhabers 
entzogen ist (R#St. 18, 72). B. in militärischen 
Dienstgebäuden, welche nicht ausschließlich von 
Zivilpersonen bewohnt sind, und in Kriegs- 
fahrzeugen erfolgen durch Ersuchen der Militär- 
behörde. Die B. ist aufzuheben, sobald die 
amtliche Sicherstellung sich nach dem Stande 
des Strafverfahrens erübrigt. Die Rüchgabe 
geschieht an den letzten Inhaber vor der B.; 
sie darf an den Verletzten erfolgen, dem die 
Sachen durch die Straftat entzogen waren, 
falls nicht Ansprüche Dritter entgegenstehen 
E 111). Ist der Empfangsberechtigte oder sein 
Aufenthalt unbekannt, so finden die Vor- 
schriften über Fundsachen (s. d.) Anwendung 
(BE. § 983). Erhöhten Schutz gegen B. ge- 
nießen Postsendungen und Telegramme 
sowie Preßerzeugnisse. Auf der Post dürfen 
Briefe, Sendungen und Telegramme beschlag- 
nahmt werden, wenn sie ausdrücklich an den 
Beschuldigten gerichtet oder unter einer Deck- 
adresse für ihn bestimmt sind oder von ihm 
herrühren. In letzteren beiden Fällen müssen 
aber tatsächliche Unterlagen dafür gegeben sein, 
daß der Beschuldigte Adressat oder Absender 
der Postsachen und deren Inhalt für die 
Dutersuchung von Bedeutung ist (St PO. 8 99). 
ie Anordnung der Postbeschlagnahme steht 
Lur dem Richter, bei Gefahr im Verzuge in 
erbrechens= und Vergehenssachen auch der 
Staatsanwaltschaft zu — nicht deren Hilfs- 
kumten! 100). Die Polizeiorgane führen 
7 erbei nur die Anordnungen der Justiz- 
febörden aus, denen auch die weitere Ver- 
othung über die beschlagnahmten Sendungen 
" iegt G 101). Seitens der Postverwaltung 
erden diese Vorschriften so streng ausgelegt, 
daß ihre Dienststellen selbst über die Tatsache, 
* und für wen Postsendungen eingegangen 
auf- ausgegeben sind, den Polizeibeamten nur 
. Grund eines Ersuchens des Richters oder 
chacksanwaltes Auskunft erteilen. Druckh- 
gerr ften — im Sinne des § 2 des Preß-= 
— . Druckschriften) vom 7. Mai 1874 
S I. 65) — unterliegen der B. nur an 
treitnt an denen sie sich zum Zwecke der Ver- 
Priv ng befinden, nicht wenn sie bereits in 
Findatbesitz übergegangen sind (Preßgesetz 827). 
8 t die B. auf richterliche Anordnung statt, 
e * die oben wiedergegebenen Vorschriften 
evorläkrasprozehordnung- Dagegen ist eine 
guntufige von Druchschriften durch Ver- 
9 der Staatsanwaltschaft oder ihrer 
  
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Hilfsbeamten nur zugelassen 1. wenn eine 
Druchschrift den Vorschriften über die Bezeich- 
nung des Druchkers, Verlegers, Berfassers oder 
Herausgebers und Redakteurs nicht entspricht 
(s. Presse) oder wenn die Verbreitung einer 
im Auslande erscheinenden periodischen Druck- 
schrift verborten worden ist (s. Druckh- 
schriften 1V); 2. wenn durch eine Druch- 
schrift einem Verbote des Reichskanzlers hin- 
sichtlich der Veröffentlichung über Truppen- 
bewegungen oder Verteidigungsmittel ((. 
Druchkhschriften IV) entgegengehandelt wird; 
3. wenn der Inhalt einer Druchschrift strafbar 
ist, als Beleidigung des Kaisers oder Landes- 
herrn (St GB. § 95), als unzüchtige Schrift 
(6 184) in der Fassung des G. vom 25. Juni 
1900 (Rl. 301), als Aufforderung zum Hoch- 
verrat (§ 85), zum Ungehorsam gegen Gesetz 
oder Obrigkeit (§ 111) oder zum Klassenkampf 
(§ 130), in letzteren beiden Fällen unter der 
besonderen Voraussetzung, daß bei Verzögerung 
der B. ein Erfolg der Aufforderung zu be- 
fürchten steht (Preßgesetz § 23). Die Verhand- 
lungen über eine von der Polizei angeordnete 
Druchschriftenbeschlagnahme müssen spätestens 
binnen zwölf Stunden an die Staatsanwalt- 
schaft abgesendet und von dieser binnen weiterer 
zwölf Stunden nach Empfang zur gerichtlichen 
Bestätigung vorgelegt werden. Geht der Be- 
stätigungsbeschluß bei der Polizei nicht bis 
Ablauf des fünften Tages nach Anordnung 
der B. ein oder verfügt schon die Staats- 
anwaltschaft deren Aufhebung, so muß sofort 
die Freigabe der Stücke erfolgen. 
II. Außerhalb des Strafprozesses ist die B. 
zulässig als Maßregel der Präventivpolizei 
(OVS. 28, 414). Die polizeilichen Organe sind 
befugt, in Ausübung ihres Dienstes zur Auf- 
rechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicher- 
heit und Ordnung (s. d.) vorübergehend Be- 
schränkungen des privaten Eigentums, ins- 
besondere die Abgabe von Gegenständen an- 
zuordnen (z. B. Waffen, deren Mißbrauch zu 
befürchten steht, ungeeignete Nahrungsmittel 
— Bö#St. 9, 123; 13, 44). Die präventiv- 
polizeiliche B. ist aufzuheben, sobald keine 
Gefährdung der Offentlichkeit mehr zu be- 
sorgen ist; beispielsweise müssen Waren, die 
zur Verhinderung verbotenen Sonntagshandels 
fortgenommen sind, bei Beendigung der Sonn- 
tagsruhe freigegeben werden, sofern nicht etwa 
einzelne Stüche als Beweismittel für das 
Strafverfahren (s. o.) einzubehalten sind. Die 
Entziehung beschlagnahmter Sachen aus der 
amtlichen Gewalt ist strafbar (St GB. 8§#8 136, 
137). 
III. In Angelegenheiten der direkten 
Steuern findet außerhalb des sich nach den 
allgemeinen Grundsätzen richtenden Verwal- 
tungszwangsverfahrens eine B. der zum Ge- 
werbebetrieb im Umherziehen oder zum Wan- 
derlagerbetrieb mitgeführten Gegenstände bei 
eine Steuerhinterziehung enthaltenden Zu- 
widerhandlungen gegen §§ 18—21 des G., 
betr. die Besteuerung des Gewerbebetriebs im 
Umherziehen, vom 3. Juli 1876 (GS. 247) 
und gegen das Wanderlagersteuergesetz vom 
27. Febr. 1880 (GS. 174) insoweit statt, als es 
zur Sicherstellung der Steuer, Strafe und 
 
	        
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