Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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UI. Im Strafprozesse (St P. 88 348 
bis 353) ist die B. an sich gegen alle von den 
Gerichten in erster Instanz oder in der Be- 
rufungsinstanz erlassenen Beschlüsse und gegen 
die Verfügungen des Vorsitzenden, des Unter- 
suchungsrichters, des Amtsrichters und eines 
beauftragten oder ersuchten BRichters zulässig, 
jedoch ist sie in zahlreichen ein zelnen Fällen 
ausdrücklich versagt und allgemein ausge- 
schlossen gegen Beschlüsse und Verfügungen 
der Oberlandesgerichte, ausgenommen in Rechts- 
hilfesachen (GOW.G. 8 160), selbstverständlich auch 
des Reichsgerichts, sowie gegen Entscheidungen 
der erkennenden Gerichte, welche der Urteils- 
fällung vorausgehen, mit Ausnahme der über 
Verhaftungen, Beschlagnahme oder Straffest- 
setzungen sowie aller Entscheidungen, durch 
welche dritte Personen betroffen werden. Aur 
in verhältnismäßig seltenen Fällen ist die B. 
eine sofortige. Eine weitere B. ist nur gegen- 
über Beschlüssen der Landgerichte in der Be- 
schwerdeinstanz, welche Berhaftungen betreffen, 
möglich. Auch hier gilt, daß das Gericht oder 
der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten 
war, der B., jedoch nicht der sofortigen B., 
abhelfen Rann. 
IV. Nach § 19 F#E#. findet in den Ange- 
legenheiten der freiwilligen Gerichtsbar- 
keit gegen die Verfügungen des Gerichts 
erster Khtanz, durch welche ein Recht beein- 
trächtigt ist, das Rechtsmittel der B. an das 
Lardgericht statt. In einzelnen Fällen ist je- 
doch das Beschwerderecht beschränkt oder aus- 
geschlossen, in Vormundschaftssachen ist es er- 
weitert, indem es mehrfach ohne BRüchksicht auf 
eine Rechtsbeeinträchtigung gegeben ist (§ 57). 
Nicht selten ist die B. an eine Frist gebunden, 
also eine sofortige. Für diese letztere B. gilt 
ebenfalls, daß eine ihr unterliegende Ver- 
fügung vom juderx à quo nicht geändert werden 
darf (§ 18 Abs. 2). Die weitere B. ist nur zu- 
lässig, wenn die Entscheidung des Beschwerde- 
gerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht 
(527), was wesentlich von dem zivilprozessualen 
Erfordernisse eines neuen selbständigen Be- 
chwerdegrundes verschieden ist; sie ist also der 
evision nachgebildet. Eine Beschwerdesumme 
ist niemals notwendig. Erfolgt die Einlegung 
der weiteren B. durch Einreichung einer Be- 
schwerdeschrift, so muß diese von einem Rechts- 
anwalt unterzeichnet sein, außer wenn die B. 
von einer Behörde oder von einem Motar ein- 
gelegt wird, der in der Angelegenheit für den 
Beschwerdeführer einen Antrag bei dem Gericht 
erster Instanz gestellt hat (§ 29 Abs. 1). Die 
reichsrechtlichen Bestimmungen über die B. in 
den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts- 
barkeit kommen auch in denjenigen dieser An- 
gelegenheiten zur Anwendung, welche durch 
andesgesetz den ordentlichen Gerichten über- 
tragen sind, nur die Beschwerdeinstanzen sind 
Her anders geordnet (Pr FG. Art. 6). Die 
k in Grundbuchsachen ist reichsgesetzlich be- 
sonders geregelt (SBO. §§ 71—81). 
V. Bei den Verwaltungssachen hat in 
Preußen, abgesehen davon, daß bestimmt ist, 
zur ersten Anfechtung von Verfügungen (Be- 
scheiden, Beschlüssen) in Verwaltungssachen 
diene in der Regel die B., und die B. sei 
  
Beschwerde. 
ausgeschlossen, soweit das Verwaltungsftreit- 
verfahren zugelassen sei, vorbehaltlich ab- 
weichender besonderer Bestimmungen des Ge— 
setzes (OVo. 8§ 50 Abs. 1, 2), die B. noch keine 
allgemeine Regelung erhalten. Auf dem Ge- 
biete der kommunalen Angelegenheiten 
schreiben die Provinzial-, Kreis= und Gemeinde- 
ordnungen für die Erhebung der B. bei den 
Aufsichtsbehörden übereinstimmend eine Prä- 
klusivfrist von zwei Wochen vor. Die Aicht- 
einhaltung dieser Frist Kann die Ausfsichtsbe- 
hörden indessen der Prüfung des Beschwerde- 
inhalts schon deshalb nicht überheben, weil sie 
verpflichtet sind, zu ihrer Kenntnis Kommende 
Unregelmäßigkeiten in der kommunalen Ver- 
waltung von Amts wegen und ohne an eine 
Frist gebunden zu sein, zu untersuchen. Die 
Befristung bietet daher in der Regel nur 
die Handhabe, um in Fällen, in welchen die 
Angelegenheit bereits klargestellt oder die B. 
offensichtlich unbegründet ist, die B. ohne 
weiteres zurückhzuweisen. Den Gegensatz zu 
dieser Art der B. bildet die B. als Bechts- 
mittel zur Wahrung einer Reihe dem kommu- 
nalen Leben angehöriger Rechte und zur Ab- 
wehr vermeintlich zu Unrecht geforderter 
Leistungen. Letztere B. ist vielfach mit dem 
Begriff des Einspruchs einheitlich verbunden 
(ogl. 3G. § 10 Mr. 1, § 18). 
Dagegen besteht eine allgemeine Regelung 
wenigstens für die B. im Beschlußverfahren 
(LV. 8§ 121—123, 125). Danach findet gegen 
die Beschlüsse des Kreis (Stadt= ausschusses, 
welche er als staatliche, zur Mitwirkung bei 
den Geschäften der allgemeinen Landesverwal- 
tung berufene Behörde, nicht als Organ der 
Kreiskorporation in Kreiskommunalangelegen- 
heiten, gefaßt hat, innerhalb zwei Wochen die 
B. an den Bezirksausschuß, gegen die in erster 
Instanz ergehenden Beschlüsse des Bezirksaus- 
schusses innerhalb gleicher Frist die B. an den 
Provinzialrat statt, sofern nicht nach ausdrüch- 
licher Vorschrift des Gesetzes die Beschlüsse end- 
gültig sind (z. B. ZG. 88 9 Abs. 2, 17 Ziff.5, 26 
Abs. 2, 32 Ziff. 5, 40, 41, 43, 67 Abs. 3 Satz 2) 
oder die Beschlußfassung über die Beschwerde 
anderen Behörden übertragen ist (z. B. Z. 
§§ 109—113), und ferner gemäß § 50 Abs. 2 
L., sofern nicht gegen den Beschluß der An- 
trag auf mündliche Verhandlung bei derselben 
Behörde oder die Klage bei derselben Behörde 
zugelassen ist . B. KrO. 88 3, 4; 86. 88 2, 
8 Abs. 2). Die auf B. gefaßten Beschlüsse des 
Bezirksausschusses und die Beschlüsse des 
Provinzialrats sind endgültig, sofern nicht das 
Gesetz im einzelnen anders bestimmt (6. 
KA §# 77 Abs. 2; 86. 8§ 127). Diese Be- 
stimmungen finden auch auf die nach Alaß= 
gabe der Gesetze von dem Landrat unter Zu- 
stimmung des Rreisausschusses, von dem Re- 
gierungspräsidenten unter Zustimmung des 
Bezirksausschusses und von dem Oberpräsi- 
denten unter Zustimmung des Provinzialrats 
gefaßten Beschlüsse entsprechende Anwendung. 
Die B. ist bei derjenigen Behörde, gegen deren 
Beschluß sie gerichtet ist, anzubringen. Der 
Vorsitzende prüft, ob das Rechtsmittel recht- 
zeitig angebracht ist. Ist die Frist versäumt, 
so weist er es ohne weiteres durch Bescheid
	        
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