Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Branntweinkleinhandel — Branntweinreinigungsanstalten. 
gesehene Materialsteuer kommt gegenwärtig 
nicht zur Erhebung ((. Branntweinver- 
brauchsabgabe lII, 1). Welche der verschie- 
denen Steuern in den einzelnen Brennereien 
erhoben wird, richtet sich nach ihrer Betriebs- 
weise. Man unterscheidet danach landwirt- 
schaftliche, Material- und gewerbliche Brenne- 
reien. äheres über deren Unterscheidungs- 
merkmale s. unter Brennereien. Es wird 
nun erhoben: 1. in den Brennereien aller drei 
Klassen die Verbrauchsabgabe; 2. in den 
landwirtschaftlichen Brennereien für Ein- 
maischungen von Getreide oder Kartoffeln die 
Maischbottichsteuer oder auf Antrag statt 
ihrer der Zuschlag, für das im Zwischenbe- 
triebe zu verarbeitende Material (Brenn O. 83) 
der Zuschlag; 3. in Materialbrennereien an 
Stelle der Materialsteuer der Zuschlag; 4. in 
gewerblichen Brennereien der Zuschlag; 5. in 
den Brennereien aller Klassen, sofern nicht ge- 
wisse Ausnahmefälle vorliegen, die Brenn- 
steuer (BrennO. 8 10). 
Die Branntweinsteuer ist eine Reichssteuer; 
sie fließt abzüglich der den einzelnen Bundes- 
staaten für die ihnen obliegende Erhebung und 
Verwaltung zustehenden Verwaltungskosten 
(6B. 8 6) dem Reiche zu. Allerdings bildet sie 
für die Reichskasse nur einen durchlaufenden 
Posten. Näheres s. unter Reichsfinanzwesen 
und Reichssteuern. Die Erhebung und Ver- 
waltung erfolgt durch die Behörden der Steuer- 
verwaltung. S. im übrigen die Artikel Brannt- 
weinverbrauchsabgabe und Zuschlag, 
Brennsteuer, Maischbottichsteuer. 
. Zoll= und Ubergangsabgabe. Nach 
Ar. 178/179 des ZollTG. beträgt der Zoll für 
Branntwein in Fässern 160 M., für Brannt- 
wein in anderen Behältnissen und für Likör 
240 M. für 1 dz. Die früher beim Eingange 
von Branntwein aus den nicht zur Brannt- 
weinsteuergemeinschaft gehörigen Teilen des 
deutschen Hollgebierer nach § 45 des G. vom 
24. Juni 1887 erhobene Übergangsabgabe im 
Betrage von 96 M. für 1 hl gelangt nur noch 
ausnahmsweise zur Erhebung, seitdem mit 
uxemburg das Abkommen vom 22. Mai 1896 
(ogl. III a. E.) geschlossen worden ist (Nr. I u. I 
dieses Abkommenz). 
VI. Statistisches. Nach den in III unter 
Ar. 9 bezeichneten Vorschriften fertigt das 
Kais. Statistische Amt auf Grund von Nach- 
weisungen, die ihm die Steuerbehörden ein— 
zureichen haben, monatliche Ubersichten 
über die erzeugten, versteuerten, steuerfrei ab- 
gelassenen und in Lagern und Reinigungs- 
anstalten verbliebenen Alkoholmengen sowie 
über die mit dem Anspruch auf Steuerfreiheit 
ausgeführten Mengen von Branntwein und 
ranntweinfabrikaten, sowie eine jährliche 
usammenstellung aller auf die B. bezüg- 
lichen statistischen Angaben. Die Dbersichten 
werden in den monatlichen vom Statistischen 
mt herausgegebenen Nachweisen über den 
auswärtigen Handel des deutschen Zollge- 
Betes- die Zusammenstellungen in dessen 
lerteljahrsheften zur Statistik des Deutschen 
n eiches veröffentlicht. Nach der letzten Zu- 
ammenstellung (Jahrg. 1905 Heft ) waren im 
etriebsjahr 1903/04 in der Branntweinsteuer- 
  
291 
gemeinschaft rund 90000 Brennereien vor- 
handen, davon im Betriebe 5470 Verschluß- 
und 60640 Abfindungsbrennereien, 15000 
landwirtschaftliche (darunter 6060 Kartoffel- 
brennereien), ferner 880 gewerbliche (darunter 
29 Melassebrennereien), 50 160 Materialbrenne- 
reien. Die Zahl der Hefebrennereien belief 
sich auf rund 790, darunter 350 gewerbliche; 
landwirtschaftliche Genossenschaftsbrennereien 
bestanden 317, Hefefabriken ohne Brennerei- 
betrieb 2. Hergestellt wurden rund 3900000 hl 
Branntwein, darunter in Kartoffelbrennereien 
3000 000, in Getreidebrennereien 700 000, 
zum niedrigeren Verbrauchsabgabesatze etwa 
2300000 hl. Das Gesamtkontingent betrug 
2323241 hl. Die Reinigung von Branntwein 
unter Steuerkontrolle erfolgte in 137 Anstalten. 
Die Reineinnahmen betrugen: an Verbrauchs- 
abgabe rund 116, an Zuschlag 5¾, an Moaisch= 
bottichsteuer 17, an Brennsteuer 10 Mill. M. 
Steuerfrei verwendet wurden rund 1400000 hl, 
davon gegen vollständige Denaturierung 
1000000 hl Branntwein. Gegen Steuerver- 
gütung in das Ausland geführt wurden rund 
100000 hl. An Steuervergütungen wurden 
insgesamt rund 29 Mill. M. bezahlt. An 
Branntweinzoll wurden rund 5 ½ Mill. M. 
erhoben. Auf den Kopf der Bevölkerung be- 
rechnet betrug der Jahresverbrauch in den 
letzten 10 Jahren 5.7, 5,9, 5,9, 5,9, 6,2, 6,3, 
6,3, 6,1, 6,2, 6,3 1, die Steuerbelastung im 
letzten Jahre 2,52 M. 
VII. Die einzelstaatliche und kommu- 
nale B. Eine Besteuerung durch die Bundes- 
staaten ist ausgeschlossen, da nach Art. 35 
Ae#. das Reich das ausschließliche Gesetz- 
gebungsrecht für die B. hat. Dagegen dürfen 
Gemeinden, die schon vor dem Abschlusse des 
Zollvereinigungsvertrags vom 8. Juli 1867 
und seitdem ununterbrochen eine Branntwein- 
steuer erhoben haben, sie innerhalb der be- 
stimmungsmäßigen GErenzen weiter erheben 
(ogl. Kommunalabgabengesetz I A). 
Branntweinkleinhandel s. Rleinhandel, 
Betriebssteuer und für die hohenzoll. Lande 
Wirtschaftsabgaben. 
Branntweinmaterialsteuer wird nicht mehr 
erhoben. An ihre Stelle ist der Zuschlag zur 
Verbrauchsabgabe getreten. S. Brenne- 
reien III. 
Branntweinreinigungsanstalten. In das 
Branntweinsteuergesetzt vom 24. Juni 1887 
(R##l. 253) war auf Veranlassung des Reichs- 
tages die Bestimmung (§ 4) aufgenommen, daß 
vom 1. Okt. 1889 ab der nicht aus Roggen, 
Weizen oder Gerste hergestellte oder der Ma- 
terialsteuer unterworfene Branntwein (also vor 
allen Dingen der der Menge nach besonders 
ins Gewicht fallende Kartoffelspiritus), sofern 
er der Branntweinverbrauchsabgabe unter- 
liegt, nur in gereinigtem Zustand in den freien 
Verkehr gebracht werden sollte. Da sich in- 
dessen ergab, daß sich der hiermit ausgesprochene 
Reinigungszwang für Trinkbrannt- 
wein praktisch nicht durchführen lassen würde, 
so wurde jene Bestimmung (und die damit 
zusammenhängende des § 25 a. a. O.) durch 
G. vom 7. April 1889 (Röl. 49) wieder 
aufgehoben, ehe sie in Wirksamtheit getreten 
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