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Bundesstaaten — Bürger.
wärtigen Angelegenheiten eingesetzt. Der- gung der eingehenden Sachen mit Aktenvor—
selbe besteht unter Vorsitz von Bayern aus gängen zur weiteren Bearbeitung an die hier—
Vertretern von Bayern, Sachsen und Württem- für bestimmten Beamten; Führung der Akten—
berg, sowie von zwei anderen Bundesstaaten verzeichnisse (Repertorien), der Sach= und
(Art. 8 Abs. 3) und dient lediglich zur Ertei-
lung von Informationen an die verbün-
deten Staaten. Dem Ausschusse für Rech-
nungswesen liegt die Vorbereitung aller
auf das Finanzwesen des Reiches bezüglichen
Beschlüsse, darunter auch die Feststellung der
Einnahmen aus den von den Einzelstaaten ver-
walteten Zöllen und den zur Reichskasse fließen-
den Verbrauchsabgaben (Art. 38, 39) ob. Die in
die Bundesschuldenkommission, jetzt Reichs-
schuldenkommission, von dem B.zu entsendenden
itglieder sind dem Ausschusse für Rechnungs-
wesen zu entnehmen (G. vom 19. Juni 1868 —
BGBl. 339 — §§ 4, 5). In den Ausschüssen hat
jeder Staat nur eine Stimme. — Jedes Miit-
glied des B. hat das Recht, im Reichs-
tage zu erscheinen, und muß daselbst jeder-
zeit gehört werden, auch wenn die Ansichten
seiner Regierung von der Majorität des B.
nicht adoptiert worden sind (Art. 9). Die
Mitglieder des B., welche den üblichen diplo-
matischen Schutz genießen (Art. 10), können
nicht zugleich Mitglieder des Reichs-
tags sein (Art. 9). Der B. bzw. seine Aus-
schüsse haben nach der Verfassung und den
Vorschriften der Spezialgesetze bei der An-
stellung von Einzelbeamten, sowie von Vor-
stehern oder Mitgliedern verschiedener Reichs-
behörden durch Wahl, Vorschlag bzw. Verneh-
mung mitzuwirken, und zwar der Ausschuß
für Zoll= und Steuerwesen bei der Bestellung
der Reichsbevollmächtigten (s. d.] (Art. 36); der
Ausschuß für Handel und Vertkehr bei der An-
stellung der Konsuln (Art. 56); der B. bei der
Besetzung von Stellen des Rechnungshofes für
das Deutsche Reich, des Disziplinarhofes und
der Disziplinarkammern, des Reichsgerichtes
und der Reichsanwaltschaft, des Reichsmilitär-
gerichts und der Militäranwaltschaft, des Reichs-
bankdirektoriums, des Reichsversicherungs-
amtes, des Patentamtes, des Aufsichtsamtes
für Privatversicherung. Die Ernennung der
betreffenden Beamten steht in allen Fällen
dem Kaiser zu. Aus seiner Mitte hat ferner
der B. in verschiedene Behörden (Reichsschul-
denkommission, Reichsbankkuratorium, Reichs-
versicherungsamt) Mitglieder zu entsenden, bei
anderen (BReichsinvalidenfonds, Aufsichtsamt
für Privatversicherung, Reichsgesundheitsamt,
Beirat für Arbeiterstatistik, Börsenausschuß,
Beirat für das Auswanderungswesen) die Mit-
glieder ganz oder zum Teil zu wählen und
endlich den Vorsitzenden und den Stellvertreter
der Berufungskammern in Börsenehrengerichts-
sachen zu bestimmen.
Bundesstaaten s. Bundesgebiet, Reichs-
verfassung, Bundesrat.
Bureaubeamte s. Bureaudienst, Beamte, StdO
Militäranwärter, Zivilsupernumerare.
Bureaudienst ist die Bezeichnung für die
der ordnungemähigen Führung des Geschäfts-
ganges bei den Behörden dienenden Einrich-
tungen. Der B. zerfällt in den Registratur-h
dienst — Eintragen der ein= und ausgehenden
Sachen in ein Tagebuch (Journal); Vorle-
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Personalregister usw. — und den Expedi-
tionsdienst zur Vorbereitung und Ent-
werfung der erforderlichen Verfügungen und
Berichte nach Anleitung und Anweisung des
für dieselben hierfür zunächst verantwort-
lichen höheren Beamten. Im weiteren Sinne
ehört zum B. auch der Kanzleidienst. —
Fertigußg der Reinschriften von den bei den
Abten verbleibenden Urschriften der Ver-
fügungen, Entscheidungen, Berichte (Konzepte);
Vergleichung (Kollationierung) der Reinschrif-
ten mit den Urschriften und Absendung der
gehörig vollzogenen BReinschriften sowie der
urschriftlichen Verfügungen (s. Kanzlei-
dienst). — Getrennt von dem B. ist der
Kassendienst (( Kassenbeamte). Für den
Begistraturdienst bestehen keine einheitlichen
Vorschriften (ogl. Reg Instr. § 39 zu 2); seine
Einrichtung ist verschieden nach dem Bedürfnisse
und den vorhandenen Arbeitskräften. Die
Beamten des staatlichen Bureau= und des Kas-
sendienstes bilden die mittleren Beamten,
während die Beamten des Kanzleidienstes eine
besondere Beamtenkategorie für sich bilden.
(S. auch Militäranwärter, Zivilfsuper-
numerare.)
Bureauhilfsarbeiter (landrätliche) s.
Landräte IV.
Bureausystem oder bureaukratisches System
ist im Gegensatz zu dem Kollegialsystem, bei
welchem die Geschäfte der Behörde in gemein-
samer Beratung ihrer Mitglieder und Beschluß-
fassung nach Stimmenmehrheit behandelt wer-
den, die Bezeichnung für diesenige Behörden-
verfassung, bei welcher die Entscheidung in den
Händen eines Einzelbeamten ruht und die ihm
beigegebenen Räte und Hilfsarbeiter nur eine
beratende Stimme haben (Minister, Oberpräsi-
dent, Regierungspräsident, Bürgermeister in
der Rheinprovinz).
Bürger. I. Nach den älteren deutschen
Städteverfassungen (s. Städte) war die Ge-
meindeangehörigkeit von dem Besitze des Bür-
gerrechts (s. d.) abhängig, das ererbt oder ver-
liehen wurde. Dasselbe umfaßte das Recht
des ständigen Aufenthalts in der Stadtgemeinde,
die Berechtigung, daselbst bürgerliche Aahrung
zu betreiben, Grundstücke zu erwerben, öffent-
liche Amter zu bebleiden, an dem Gemeinde-
vermögen teilzunehmen und die Gemeindean-
stalten zu benutzen, sowie das Recht der Ver-
ehelichung und der Unterstützung im Falle der
Dürftigkeit. Das einmal gewonnene Bürger-
recht Konnte trotz der Veränderung des Wohn-
ortes beibehalten werden (Ausbürger), der B.
Rkonnte aber auch auf dasselbe verzichten. Ins-
besondere in Preußen galt noch nach der rev.
von 1831 das auf dem Lübischen Rechte
beruhende Bürgerrechtssystem, nach welchem
zum Bürgerrechte berechtigt und verpflichtet
nur diesenigen waren, welche eine bürgerliche
Aahrung hatten oder im Besitze eines Bürger-
auses waren, nicht aber die von der städti-
schen Gerichtsbarkeit eximierten Einwohner,
wie die Beamten und Militärpersonen. Di