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Feeschmerde im Aufsichtswege anfechtbar (OV.
37, 106).
Burgergewinngelder s. Bürgerrechts-
gelder.
Bürgerliche Ehrenrechte. I. Zu den sog.
A-ebenstrafen (s. Strafen V) gehört besonders
die Aberkennung der b. E., welche zahlreiche
Rechtsbeschränkungen zur Folge hat. Auf den
Verlust der b. E. muß erkannt werden bei
Meineid (St B. 8§ 161), schwerer ZKuppelei
(§ 181) und gewerbsmäßigem Wucher (8 3124)
und kann erkannt werden neben der Todes-
strafe und der Zuchthausstrafe stets, neben der
Gefängnisstrafe nur, wenn die Dauer der er-
kannten Strafe drei Monate erreicht und ent-
weder das Gesetz den Verlust der b. E. aus-
drücklich zuläßt (z. B. St GB. 88§ 49a, 108,
109, Inv VG. 8§§ 182, 186) oder die Ge-
fängnisstrafe wegen Annahme mildernder Um-
stände an Stelle von Zuchthausstrafe aus-
gesprochen wird. Die Dauer dieses Verlustes
beträgt bei zeitiger Zuchthausstrafe minde-
stens zwei und höchstens zehn Jahre, bei
Gefängnisstrafe mindestens ein Jahr und
höchstens fünf Jahre (StGOB. § 32). Bei Todes-
strafe und lebenslänglicher Zuchthausstrafe ist
der Verlust der b. E. ohne Zeitbegrenzung,
also dauernd bzw. auf Lebenszeit, auszuspre-
chen. Die Aberkennung der b. E. bewirkt den
dauernden Verluft der aus öffentlichen Wahlen
für den Verurteilten hervorgegangenen Rechte,
den dauernden Verlust aller öffentlichen Amter,
Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen, ferner
die Unfähigkeit, während der im Urteile be-
stimmten Zeit 1. die Landeskokarde zu tragen;
2. in das deutsche Heer oder die Kaiserl. Ma-
rine einzutteten 3. öffentliche Amter, Würden,
Titel, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen;
4. in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen,
zu wählen oder gewählt zu werden oder an-
dere politische Rechte auszuüben; 5. Zeuge
bei Aufnahme von Urkunden zu sein; 6. Vor-
mund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der
Mutter, Mitglied eines Familienrats oder
Kurator zu sein, es sei denn, daß es sich um
Verwandte absteigender Linie handle und die
obervormundschaftliche Behörde oder der Fa-
milienrat die Genehmigung erteile (St GB.
§§ 33, 34; EGBGB. Art. 34, |). Aeben diesen
allgemeinen Wirkungen bestehen noch einzelne
durch andere Gesetze an den Verlust der b. E.
geknüpfte besondere Folgen, z. B. die Ver-
sagung des Zutritts zu öffentlichen Gerichts-
verhandlungen (GV. 8§ 176), die Unfähigkeit,
verantwortlicher Redakteur einer periodischen
Druchschrift zu sein (Preßgesetz vom 7. Mai
1874 — REsl. 65 — § 8) und der Ausschluß
vom Eintritt in Innungen (GewO. 8§ 83;
ogl. ferner GewO. 88 53, 106, 126, 154; G.,
betr. die Erwerbs= und Wirtschaftsgenossen-
schaften, vom 1. Mai 1889/20. Mai 1898 —
2 Sl 1898, 810 — § 68, K G. 8 37; G.
über die eingeschriebenen Hilfskassen vom
7. April 1876/1. Juni 1884 — Z 2
undbrtt J RGBl. 1876, 125
II. Dem Verluste der b. E. verwandt ist die
Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter,
auf welche neben einer Gefängnisstrafe, mit
der die Aberkennung der b. E. überhaupt hätte
Bürgergewinngelder — Bürgerliches Gesetzbuch.
verbunden werden Bhönnen, erkannt werden
kann, und zwar auf die Dauer von einem bis
zu fünf Jahren, und welche den dauernden
Verlust der bekleideten Amter von Rechts wegen
zur Folge hat (St GB. § 35). -eben dem Ver-
luste der b. E. darf nicht gleichzeitig noch auf
Unfähigkeit zu öffentlichen Amtern erkannt
werden (Röst. 21, 264). Vgl. Offentliche
Behörden.
III. Die Wirkung der Aberkennung der b. E.
überhaupt, sowie der Fähigkeit zur Bekleidung
öffentlicher Amter insbesondere tritt mit der
Rechtskraft des Urteils ein; die Zeitdauer wird
von dem Tage berechnet, an dem die Freiheits-
strafe, neben welcher jene Aberkennung aus-
gesprochen wurde, verbüßt, verjährt oder er-
lassen ist (StE B. § 36). S. auch Rehabili-
tierung.
Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten s. Ge-
richtsbarkeit, Rechtsweg! und Verwal-
tungsstreitverfahren IH.
Bürgerliches Gesetzbuch. Das Deutsche Reich
fand in den zu ihm gehörenden deutschen Bun-
desstaaten ein sehr verschieden gestaltetes bür-
erliches Recht vor. Auf dem linken Ufer des
heines galt noch der Code civil, ebenso in
Baden, da das badische Landrecht von 1809
im wesentlichen nur eine Ubersetzung des Code
civil ist; in den alten Provinzen Preußens hatte
das ALR., im Königr. Sachsen ein besonderes
B. von 1863 und in weiten Gebieten, na-
mentlich Mittel= und Süddeutschlands, das
gemeine Recht Kraft. Daneben bestand eine
große Zahl von Partikularrechten. Vachdem
das Reichsgesetz vom 20. Dez. 1873 die dem
Reiche nach der RNV. nur für das Recht der
Schuldverhältnisse übertragene Zuständigkeit
auf das gesamte bürgerliche Recht ausgedehnt
hatte, wurde eine Kommission von 11 Juristen
mit der Ausarbeitung des Entwurfs eines
deutschen BGB. beauftragt. Diese beendete
ihre Arbeit nach 13 Jahren. Der von ihr her-
gestellte erste Entwurf wurde 1888 veröffent-
licht und während der nächsten Jahre von den
verschiedensten Seiten eingehend besprochen und
beurteilt, vielfach unter scharfer Kritik. Von
1891—1895 unterzog ihn dann eine zweite
Kommission von 22 Mitgliedern, darunter auch
Lichtjuristen, einer umfassenden Durch= und
Umarbeitung. Nach einigen Anderungen durch
den Bundesrat gelangte dieser zweite Entwurf
im Januar 1896 als Gesetzesvorlage an den
Reichstag, wo er zunächst durch eine Kom-
mission beraten wurde. Am 1. Juli 1896
wurde er nebst dem EG. zu ihm, wenig ver-
ändert, vom Reichstage mit großer Mehrheit
angenommen. Am 14. Juli 1896 erteilte der
Bundesrat seine Zustimmung, am 18. Aug.
1896 erfolgte die Vollziehung durch den Raiser
und am 24. Aug. 1896 die Verkündung durch
das RGl. 195 mit Gesetzeskraft vom 1. Jan.
1900 ab. Das BE. hat 2385 Paragraphen,
die in die fünf Bücher: Allgemeiner Teil, Recht
der Schuldverhältnisse, Sachenrecht, Familien=
recht und Erbrecht geteilt sind. Das E. zu
ihm, ebenfalls vom 18. Aug. 1896 (REl. 604),
mit 218 Artikeln hat die vier Abschnitte: All-
gemeine Vorschriften, Verhältnis des BE.
zu den BReichsgesetzen, Verhältnis des B6B