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standsregister. Einzelne dieser Geschäfte können
mit Genehmigung des Regierungspräsidenten
einem anderen Magistratsmitgliede übertragen
werden. — In den Städten mit Bürgermeister-
verfassung (s. Städteordnungen) ohne
kollegialischen Gemeindevorstand (St O. 8 72)
kommen dem B. alle Rechte und Pflichten des
Magistrats mit denjenigen Einschränkungen
zu, die sich als notwendig daraus ergeben,
daß der B. hier zugleich stimmberechtigter
Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung
ist. Insbesondere steht ihm hier ein BRecht
der Zustimmung zu den Beschlüssen der Stadt-
verordneten nicht zu, wohl aber das Recht und
die Pflicht der Beanstandung (s. d.) dieser Be-
schlüsse, wenn sich diese als erforderlich erweist.
— HUber das Disziplinarverfahren gegen B.
s. Disziplinarverfahren. —Für die Städte
in Neuvorpommern und Rügen sind auch
hinsichtlich der Befugnisse und Pflichten des
B. die Stadtrezesse nach dem G. vom 31. Mai
1853 (GS. 291) maßgebend. Die B. werden
hier nach dem Schwedischen Patent vom 18. Febr.
1811 vom Könige ernannt (§ 5, .
II. In der Prov. Westfalen gelten nach
der St O. vom 19. Alärz 1856 hinsichtlich der
Wahl, Bestätigung und Vereidigung des B.
(§8 31—34), seiner amtlichen Obliegenheiten
(§§ 58—62), seiner Besoldung und Pension
(§8 64, 65), sowie seiner Befugnisse und Pflichten
in Städten ohne kollegialischen Gemeindevor--
stand (§8 72, 73) dieselben Vorschriften wie in
den östlichen Provinzen.
II. In der Rheinpropvinz stehen B. so-
wohl an der Spitze der Stadtgemeinden als
auch an der von gewissen ländlichen Verwal-
tungsbezirken.
a) Stadtbürgermeister. Nach der Std.
vom 15. Mai 1856 (GS. 4060) ist zu unter-
scheiden zwischen Städten mit Magistratsver-
fassung (8§8 88 ff.) und solchen mit Bürger-
meistereiverfassung. In ersteren Städten, deren
indessen nur ganz wenige, und zwar ausschließ-
lich Kleine vorhanden sind, hat der B. im wesent-
lichen dieselbe amtliche Stellung und Aufgaben
wie in den östlichen Provinzen. In letzteren
werden neben dem B. zwei oder mehrere
Beigeordnete gewählt, die dazu bestimmt
sind, einzelne Amtsgeschäfte, die der B. ihnen
aufträgt, zu besorgen und ihn in Verhinderungs-
fällen und während der Erledigung des Amts
nach der mit Genehmigung der Regierung in
der Stadtverordnetenversammlung festzusetzen-
den Beihenfolge zu vertreten (§ 28). Hinsicht-
lich der Wahl, Bestätigung und Vereidigung
des B. (G#§ 30—33), sowie seiner Besoldung und
Pension Es 58,59) gelten dieselben Vorschriften
wie in den östlichen Provinzen. Die Obliegen-
heiten des dortigen B. fallen ihm hier eben-
falls zu; doch ist die Ubertragung einzelner
von diesen Obliegenheiten auf andere Ge-
meindebeamten nur hinsichtlich der Führung
der Personenstandsregister zulässig (§ 57). Die
Befugnisse und Pflichten des B. als Orts-
obrigkeit und Gemeindeverwaltungsbehörde
gehen hier insofern weiter wie in den östlichen
Provinzen. als der B. ohne Mitwirkung
eines ollegiums im wesentlichen allein die
Geschäfte zu führen hat, die dort dem Ma-
Bürgermeister.
gistrate (s. d.) obliegen (§ 53). Er führt auch
den Vorsitz in der Stadtverordnetenversamm-
lung, wobei er in Verhinderungsfällen von
dem stellvertretenden Beigeordneten vertreten
wird, mit vollem Stimmrecht und bei Stimmen-
gleichheit mit entscheidender Stimme (8 30).
Jedes Jahr hat der B., bevor sich die Stadt-
verordnetenversammlung mit dem Haushalts-
etat beschäftigt, ihr in öffentlicher Sitzung
über die Verwaltung und den Stand der
Gemeindeangelegenheiten einen vollständigen
Bericht zu erstatten. Tag und Stunde hier-
für sollen wenigstens zwei freie Tage vorher
t aer Gemeinde bekanntgemacht werden
6).
b) Landbürgermeister. In den der Re-
gal nach Samtgemeinden (s. d.) bildenden
andbürgermeistereien (s. d.) der Rheinprovinz
wird der B. nach § 24 der KrO. vom 30. Mai
1887 (GS. 209) von dem Oberpräsidenten auf
Lebenszeit ernannt. Zu diesem Amt sollen
an erster Stelle angesehene Personen in dem
Bürgermeistereibezirt, insbesondere größere
Grundbesitzer, berufen werden. Das Amt
soll zunächst denjenigen übertragen werden,
die es als unentgeltlich zu verwaltendes Ehren-
amt zu übernehmen in der Lage sind. Ein
B. mit Besoldung soll nur angestellt werden,
wenn ein geeigneter Ehrenbürgermeister nicht
zu gewinnen ist. Die Ernennung erfolgt auf
Grund von Vorschlägen des Kreisausschusses,
welche dieser nach Anhörung der Bürger-
meistereiversammlung (s. d.) zu machen hat.
Falls der Oberpräsident den sämtlichen Vor-
schlägen des Kreisausschusses keine Folge
geben will, so bedarf es hierzu der Zustimmung
des Provinzialrates. Wird diese abgelehnt,
so Kkann sie durch den Md J. ergänzt werden.
Wenn für die Besetzung einer erledigten Stelle
Vorschläge nicht gemacht worden sind oder
den gemachten Vorschlägen Reine Folge ge-
geben wird, so kann die Verwaltung der
Stelle nach Einholung einer Außerung der
beteiligten Bürgermeistereiversammlungen und
des Kreisausschusses dem B. einer benachbarten
ländlichen oder städtischen Bürgermeisterei
widerruflich für so lange Zeit übertragen
werden, bis vom Kreisausschuß ein geeigneter
Ehrenbürgermeister in Vorschlag gebracht
wird. Der endgültigen Ernennung eines be-
soldeten B. soll in der Regel eine die Dauer
eines Jahres nicht übersteigende kommissarische
Beschäftigung vorangehen. Im übrigen wird
die Kommissarische Verwaltung einer Bürger-
meisterei von dem Oberpräsidenten angeordnet.
In den Bürgermeistereien der Kreise êAeuwied
und Wetzlar, zu denen die standesherrlichen
Besitzungen der Fürsten zu Wied, zu Solms-
Braunfels und zu Solms-Hohensolms-Lich
gehören, erfolgt die Bestellung der B. nach
Anhörung dieser Fürsten (Kr O. 8 99 Ziff. 3).
Die nach ZG. 8 36 dem Landrat, in der Be-
schwerdeinstanz dem Regierungspräsidenten
stehende Befugnis zur Verhängung von
rrdnungsstrafen (s. d.) gegen B. wird bezüg-
lich der Ehrenbürgermeister vom Kreisausschuß,
in der Beschwerdeinstanz vom Bezirksausschuß
ausgeübt. Wegen der Besoldung und Dienst-
unkostenentschädigung der B. s. Dienstun-