Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Bürgermeister. 
kostenentschädigung. Der B. führt na 
der Gem O. vom 33. Juli 1845 (GS. 523) die 
Verwaltung der Kommunalangelegenheiten 
der Bürgermeisterei und ist hierbei die allein 
ausführende Behörde. Er ist ferner Orts- 
polizeibehörde und hat alle örtlichen Geschäfte 
der allgemeinen Landesverwaltung zu be- 
sorgen, soweit hierzu nicht besondere Behörden 
bestellt sind. Die Gemeindebehörden des 
Bürgermeistereibezirts haben ihm hierbei 
Folge zu leisten. 
anwalt und Standesbeamter tätig zu sein, 
richtet sich nach den besonderen hierfür be- 
stehenden gesetzlichen Bestimmungen (8 108). 
Der B. führt den Vorsitz in der Bürger- 
meistereiversammlung mit vollem Stimmrecht 
und bei Stimmengleichheit mit entscheidender 
Stimme (§ 112). Für jede Bürgermeisterei 
werden zwei oder mehr Beigeordnete auf 
sechs Jahre ernannt, denen dieselben Pflichten 
obliegen, wie den Beigeordneten in den Städten 
& 103). Ihr Vorschlag und ihre Ernennung 
erfolgen in derselben Weise wie die der B. 
(KrO. § 24 Abs. 8). — Aeben den amtlichen 
Obliegenheiten, die für den B. aus seiner 
Stellung an der Spitze des Bürgermeisterei- 
verbands erwachsen, hat er auch solche in 
bezug auf die Gemeindeverwaltung. In den- 
jenigen Gemeinden, welche für sich allein eine 
Landbürgermeisterei bilden, ist der B. zugleich 
Gemeindevorsteher. Seine Bestellung zum 
Vorsteher dersenigen Gemeinden, in der er 
seinen Wohnsitz hat, ist in einem aus mehreren 
Gemeinden zusammengesetzten Bürgermeisterei- 
verbande nicht mehr zulässig (Kr O. § 23), wohl 
aber eine solche im Falle seiner Wahl. In 
den zur Bürgermeisterei gehörigen Gemeinden 
ist der B. vorbehaltlich der Mitwirkung der 
Gemeindevertreter in bestimmten Fällen der 
Vertreter der Gemeinden nach außen hin. 
Ihm gebührt in allen Gemeindeangelegenheiten 
die Ausführung, die Entscheidung aber nur 
in denjenigen Fällen, in denen sie nicht dem 
Gemeinderate übertragen ist (GemO. 8 85). 
Ihm liegt die Vorbereitung der Beschlüsse des 
Gemeinderats, die Verwaltung des Gemeinde- 
vermögens und der Gemeindeanstalten ob. 
Er hat die Geschäftsführung der Gemeinde- 
deputation zu überwachen (§ 85), die Gemeinde- 
haushaltsetats zu entwerfen und darf inner- 
halb der Grenzen des von dem Gemeinderat 
beschlossenen Etats über die Geldmittel selb- 
ständig verfügen (§ 89). Er revidiert die 
Gemeinderechnung (§ 91), führt das Lager- 
buch (§ 94), ernennt die Unterbeamten der 
Gemeinde nach Anhörung des Gemeinderats 
78), beaufsichtigt alle Gemeindebeamten 
(6§ 82—84) und hat die die Gemeinde ver- 
pflichtenden Urkunden mit zu vollziehen (§ 102). 
Der Gemeinderat darf nur zusammentreten, 
wenn er von dem B. oder mit dessen Ge- 
nehmigung von dem Gemeindevorsteher zu- 
sammenberufen ist. Der B. führt den Vorsitz 
und hat bei Stimmengleichheit die entscheidende 
Stimme, sonst aber kein Stimmrecht. Er hkann 
aber den Vorsitz dem Gemeindevorsteher über- 
tragen, sofern nicht über den Hausghaltsetat, 
über die Abnahme der Gemeinderechnung und 
  
Seine Verpflichtung als 
Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft, als Amts- 
sttimmungen der St 
  
  
  
  
  
315 
ch über Angelegenheiten, bei denen mehrere Ge- 
meinden des Bezirks beteiligt sind, beraten 
wird. Dem Gemeindevorsteher und dem Ge- 
meindeempfänger gegenüber ist er bei Dienst- 
vernachlässigungen als Dienstorgeletzter zu 
Warnungen und Verweisen befugt (8 84), den 
Gemeindeunterbeamten gegenüber zu Ord- 
nungsstrafen bis zu 9 M., und den bloß 
zu mechanischen Dienstleistungen angestellten 
Dienern auch zu Arreststrafen bis zu zwei 
Tagen (8 83). 
IV. In Schleswig-Holstein sind die Be- 
8. vom 14. April 1869 
(GS. 589) hinsichtlich der Zugehörigkeit des 
B. zum Magistrat, seine Wahl, Amtsdauer, 
Bestätigung, Vereidigung, Disziplinarbefug- 
nisse, Besoldung, Pension, Geschäftsführung 
in den Kommunalangelegenheiten und Wahr- 
nehmung staatlicher Geschäfte (88§ 28— 30, 61, 
76—78, 89, 90) im wesentlichen dieselben wie in 
den östlichen Provinzen. Eine Verschiedenheit 
besteht hinsichtlich des Wahlverfahrens (§8 31). 
Der B. wird hier wie die anderen Mitglieder 
des Moagistrats von der wahlberechtigten 
Bürgerschaft in dem für die Wahl der Stadt- 
verordneten vorgeschriebenen Verfahren aus 
drei Kandidaten gewählt, die von einer ge- 
meinschaftlichen Kommission der städtischen 
Kollegien präsentiert werden (s. Stadtver- 
ordneten). — Bei der Einrichtung einer 
Gemeindeverfassung ohne kollegialischen Ge- 
meindevorstand in kleineren Städten hat der 
B. dieselbe Stellung wie in den Städten der 
östlichen Provinzen mit Bürgermeistereiver- 
fassung (§ 94). 
V. In Hannover ist der B. nach der 
StO. vom 24. Juni 1858 (Hann GS. 141) 
Mitglied des kollegialischen Magistrats (s. d.), 
der außer ihm aus zwei oder mehr Senatoren 
und sonstigen Mitgliedern besteht. Einer der 
Senatoren ist als regelmäßiger Stellvertreter 
des B. zu bezeichnen, sofern die Vertretung 
nicht einem Syndikus übertragen wird (§ 40). 
Der B. wird besoldet und auf Lebenszeit ge- 
wählt 44). Er ist verpflichtet in der Stadt 
zu wohnen, sofern nicht Magistrat und Bürger- 
vorsteher eine Ausnahme gestatten (8 40). 
Auch im übrigen finden die für die Mitglieder 
des Magistrats (s. d.) bestehenden Vorschriften 
der StO. auf ihn Anwendung, insbesondere 
die über die Wahl, Bestätigung und VBereidi- 
gung (8 47—58). Uber sein. Ruhegehalt f. 
Pensionierung. — Bei der Beschlußfassung 
des Magistrats entscheidet die Stimme des 
B. im Falle der Stimmengleichheit (6 73). — 
Der B. hat für die Ausführung der Beschlüsse 
des Magistrats zu sorgen, die Verwaltungs- 
geschäfte zu leiten und unter die Mitglieder 
des Magistrats zu verteilen, sowie die Aus- 
fertigungen des Magistrats zu unterzeichnen 
(§ 74). In eiligen, keinen Aufschub leidenden 
Sachen hat er selbständig zu verfügen, muß 
aber hiervon spätestens in der nächsten Sitzung 
den Alagistrat benachrichtigen (§ 75). Die 
Leitung der Rechnungs= und Kassenführung 
liegt ihm in erster Linie ob (88 121—124). 
Hinsichtlich der Beanstandung der Beschlüsse 
des Mlagistrats durch den B., seiner Diszi- 
plinargewalt und die Bestrafung seiner Dienst-
	        
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